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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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herrschte über Epidauros und die damit noch innig ver-
bundene Insel Aegina; er selbst war mit den Orchome-
nischen Fürsten verschwägert, und scheint demnach und
nach seiner Verbindung mit Kypselos Hause ebenfalls
in die Reihe der Tyrannen zu gehören, welche, der
Dorischen Aristokratie feindlich, durch die untern Stände
herrschten.

Und wenn nun auch noch Theagenes zu Me-
gara, der Schwager des Athenischen Kylon 1, (der schon
Ol. 42. nach der Tyrannis strebte,) in seiner Hand-
lungsweise ganz den vorhergehenden glich, indem er
ebenfalls dadurch zur Herrschaft gelangt war, daß er
die reichen Grundbesitzer angegriffen, und ihre Heerden
auf den Weiden des Flusses abgeschlachtet hatte 2, und
wie die andern dem Volke durch Verschönerung der
Stadt, z. B. durch Anlegung einer Wasserleitung und
schönen Fontäne (der Enneakrunos der Peisistratiden
ähnlich) zu gefallen suchte 3: so sehen wir in den Ty-
rannenhäusern von Sikyon, Korinth, Epidauros, Me-
gara eine furchtbare Coalition gegen das Principat der
Dorier, und die alten Grundsätze des Stammes, eine
um so furchtbarere, je mehr sie sich einer neuen An-
sicht und Bildung zu bemeistern und zu ihren Zwecken
zu bedienen wußte. Und schon dann erstaunen wir,
wie es Sparta gelang, dieser Verbindung obzusiegen.

5.

Wenn man aber dazu nimmt, daß zugleich die
Jonischen und nicht minder die Aeolischen und Dori-

1 Thukyd. 1, 126. Heinrich Epim. S. 83.
2 Arist. Rhe-
tor. 1, 2, 19. Pol. 5, 4, 4.
3 Paus. 1, 40, 1. 41, 2. --
Theogn. 894. os kupsellizon Zeus oleseie genos kann wohl nicht
auf eine factio Cypselidarum gehen, befonders wenn das vorige,
den Persischen Krieg betreffende, dazu gehört; sondern kupsellizein
heißt verstopft, taub sein.

herrſchte uͤber Epidauros und die damit noch innig ver-
bundene Inſel Aegina; er ſelbſt war mit den Orchome-
niſchen Fuͤrſten verſchwaͤgert, und ſcheint demnach und
nach ſeiner Verbindung mit Kypſelos Hauſe ebenfalls
in die Reihe der Tyrannen zu gehoͤren, welche, der
Doriſchen Ariſtokratie feindlich, durch die untern Staͤnde
herrſchten.

Und wenn nun auch noch Theagenes zu Me-
gara, der Schwager des Atheniſchen Kylon 1, (der ſchon
Ol. 42. nach der Tyrannis ſtrebte,) in ſeiner Hand-
lungsweiſe ganz den vorhergehenden glich, indem er
ebenfalls dadurch zur Herrſchaft gelangt war, daß er
die reichen Grundbeſitzer angegriffen, und ihre Heerden
auf den Weiden des Fluſſes abgeſchlachtet hatte 2, und
wie die andern dem Volke durch Verſchoͤnerung der
Stadt, z. B. durch Anlegung einer Waſſerleitung und
ſchoͤnen Fontaͤne (der Enneakrunos der Peiſiſtratiden
aͤhnlich) zu gefallen ſuchte 3: ſo ſehen wir in den Ty-
rannenhaͤuſern von Sikyon, Korinth, Epidauros, Me-
gara eine furchtbare Coalition gegen das Principat der
Dorier, und die alten Grundſaͤtze des Stammes, eine
um ſo furchtbarere, je mehr ſie ſich einer neuen An-
ſicht und Bildung zu bemeiſtern und zu ihren Zwecken
zu bedienen wußte. Und ſchon dann erſtaunen wir,
wie es Sparta gelang, dieſer Verbindung obzuſiegen.

5.

Wenn man aber dazu nimmt, daß zugleich die
Joniſchen und nicht minder die Aeoliſchen und Dori-

1 Thukyd. 1, 126. Heinrich Epim. S. 83.
2 Ariſt. Rhe-
tor. 1, 2, 19. Pol. 5, 4, 4.
3 Pauſ. 1, 40, 1. 41, 2. —
Theogn. 894. ὠς κυψελλῖζον Ζεὺς ὀλέσειε γένος kann wohl nicht
auf eine factio Cypselidarum gehen, befonders wenn das vorige,
den Perſiſchen Krieg betreffende, dazu gehoͤrt; ſondern κυψελλίζειν
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[169/0199] herrſchte uͤber Epidauros und die damit noch innig ver- bundene Inſel Aegina; er ſelbſt war mit den Orchome- niſchen Fuͤrſten verſchwaͤgert, und ſcheint demnach und nach ſeiner Verbindung mit Kypſelos Hauſe ebenfalls in die Reihe der Tyrannen zu gehoͤren, welche, der Doriſchen Ariſtokratie feindlich, durch die untern Staͤnde herrſchten. Und wenn nun auch noch Theagenes zu Me- gara, der Schwager des Atheniſchen Kylon 1, (der ſchon Ol. 42. nach der Tyrannis ſtrebte,) in ſeiner Hand- lungsweiſe ganz den vorhergehenden glich, indem er ebenfalls dadurch zur Herrſchaft gelangt war, daß er die reichen Grundbeſitzer angegriffen, und ihre Heerden auf den Weiden des Fluſſes abgeſchlachtet hatte 2, und wie die andern dem Volke durch Verſchoͤnerung der Stadt, z. B. durch Anlegung einer Waſſerleitung und ſchoͤnen Fontaͤne (der Enneakrunos der Peiſiſtratiden aͤhnlich) zu gefallen ſuchte 3: ſo ſehen wir in den Ty- rannenhaͤuſern von Sikyon, Korinth, Epidauros, Me- gara eine furchtbare Coalition gegen das Principat der Dorier, und die alten Grundſaͤtze des Stammes, eine um ſo furchtbarere, je mehr ſie ſich einer neuen An- ſicht und Bildung zu bemeiſtern und zu ihren Zwecken zu bedienen wußte. Und ſchon dann erſtaunen wir, wie es Sparta gelang, dieſer Verbindung obzuſiegen. 5. Wenn man aber dazu nimmt, daß zugleich die Joniſchen und nicht minder die Aeoliſchen und Dori- 1 Thukyd. 1, 126. Heinrich Epim. S. 83. 2 Ariſt. Rhe- tor. 1, 2, 19. Pol. 5, 4, 4. 3 Pauſ. 1, 40, 1. 41, 2. — Theogn. 894. ὠς κυψελλῖζον Ζεὺς ὀλέσειε γένος kann wohl nicht auf eine factio Cypselidarum gehen, befonders wenn das vorige, den Perſiſchen Krieg betreffende, dazu gehoͤrt; ſondern κυψελλίζειν heißt verſtopft, taub ſein.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/199>, abgerufen am 25.04.2024.