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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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3.

Aber die erste Hälfte dieser Pythischen Straße,
welche durch Thessalien geht, wird durch ein Zusam-
mentreffen von Zeugnissen sehr genau bestimmt. Zuerst
gieng sie von Tempe nach Larissa. In der Nähe war
ein Dorf Deipnias, wo der Knabe, der den Lorbeer-
zweig einbrachte, wie einst nach der Sage Apollon,
nach langem Bußfasten ein Mahl nahm 1. Daß der
Ort den Namen davon trägt, beweist für das Alter
dieser Gewohnheit. Weiter nahm die Theorie ihren
Weg auf Pherä, wo der Knabe auf dem Hinwege vor
der Reinigung die Dienstbarkeit des flüchtigen Gottes
bei Admetos darstellte. Diese Knechtschaft als Vorbe-
reitung der Sühnung ist ohne Zweifel eine uralte Sa-
ge, wie sie denn sehr zeitig in das Bereich der epischen
Poesie hineingezogen wurde, wo die Rosse des Eume-
los, Sohnes von Admet, aus der Pheräischen Zucht
des Apollon ihre Trefflichkeit ableiten 2. -- Der Ha-
fen von Pherä was Pagasä am inneren Winkel des
Meerbusens mit einem berühmten Altar des Apollon
Pagasites in einem ausgedehnten Haine 3. Dies Hei-
ligthum ist der merkwürdige Schauplatz der Hesiodischen
Rhapsodie vom Schilde des Herakles; in der Nähe

1 Steph. Byz. Leipnias, mit einem Fragment aus Kallima-
chos. Von der Verbindung Larissa's mit Delphi zeugt das älteste
Anathem bei Paus. 10, 16, 4. -- Es ist unbekannt, ob Phyllos
mit dem Tempel des Ap. Phylläos, und Ichne mit dem Heilig-
thume der Themis, beide in Thessaliotis, an der Straße lagen.
Str. 9, 435.
2 Ilias 2, 766. Als Weideort wird Pereie
genannt, was die Scholien, Stephan. Byz. und Hesych als einen
Ort Thessaliens anführen, aber wohl nur aus dieser Stelle. Die
Orph. Argon. setzen die Weiden an den Amphryss., der bei Pherä.
3 Hesiod. Schild v. 17. 58. Pagasites Apollon para Akhaiois
en Pagasais kai para Thessalois, Hesych. Bei Apollon. Rh. 1,
404. 411. bauen die Argonauten in Pagasä einen Tempel des Ap.
Aktios und Embasios.
3.

Aber die erſte Haͤlfte dieſer Pythiſchen Straße,
welche durch Theſſalien geht, wird durch ein Zuſam-
mentreffen von Zeugniſſen ſehr genau beſtimmt. Zuerſt
gieng ſie von Tempe nach Lariſſa. In der Naͤhe war
ein Dorf Deipnias, wo der Knabe, der den Lorbeer-
zweig einbrachte, wie einſt nach der Sage Apollon,
nach langem Bußfaſten ein Mahl nahm 1. Daß der
Ort den Namen davon traͤgt, beweist fuͤr das Alter
dieſer Gewohnheit. Weiter nahm die Theorie ihren
Weg auf Pheraͤ, wo der Knabe auf dem Hinwege vor
der Reinigung die Dienſtbarkeit des fluͤchtigen Gottes
bei Admetos darſtellte. Dieſe Knechtſchaft als Vorbe-
reitung der Suͤhnung iſt ohne Zweifel eine uralte Sa-
ge, wie ſie denn ſehr zeitig in das Bereich der epiſchen
Poeſie hineingezogen wurde, wo die Roſſe des Eume-
los, Sohnes von Admet, aus der Pheraͤiſchen Zucht
des Apollon ihre Trefflichkeit ableiten 2. — Der Ha-
fen von Pheraͤ was Pagaſaͤ am inneren Winkel des
Meerbuſens mit einem beruͤhmten Altar des Apollon
Pagaſites in einem ausgedehnten Haine 3. Dies Hei-
ligthum iſt der merkwuͤrdige Schauplatz der Heſiodiſchen
Rhapſodie vom Schilde des Herakles; in der Naͤhe

1 Steph. Byz. Λειπνιάς, mit einem Fragment aus Kallima-
chos. Von der Verbindung Lariſſa’s mit Delphi zeugt das aͤlteſte
Anathem bei Pauſ. 10, 16, 4. — Es iſt unbekannt, ob Phyllos
mit dem Tempel des Ap. Phyllaͤos, und Ichne mit dem Heilig-
thume der Themis, beide in Theſſaliotis, an der Straße lagen.
Str. 9, 435.
2 Ilias 2, 766. Als Weideort wird Πηϱείη
genannt, was die Scholien, Stephan. Byz. und Heſych als einen
Ort Theſſaliens anfuͤhren, aber wohl nur aus dieſer Stelle. Die
Orph. Argon. ſetzen die Weiden an den Amphryſſ., der bei Pheraͤ.
3 Heſiod. Schild v. 17. 58. Παγασίτης Ἀπόλλων παϱὰ Αχαιοῖς
ἐν Παγασαῖς καὶ παϱὰ Θεσσαλοῖς, Heſych. Bei Apollon. Rh. 1,
404. 411. bauen die Argonauten in Pagaſaͤ einen Tempel des Ap.
Aktios und Embaſios.
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[204/0234] 3. Aber die erſte Haͤlfte dieſer Pythiſchen Straße, welche durch Theſſalien geht, wird durch ein Zuſam- mentreffen von Zeugniſſen ſehr genau beſtimmt. Zuerſt gieng ſie von Tempe nach Lariſſa. In der Naͤhe war ein Dorf Deipnias, wo der Knabe, der den Lorbeer- zweig einbrachte, wie einſt nach der Sage Apollon, nach langem Bußfaſten ein Mahl nahm 1. Daß der Ort den Namen davon traͤgt, beweist fuͤr das Alter dieſer Gewohnheit. Weiter nahm die Theorie ihren Weg auf Pheraͤ, wo der Knabe auf dem Hinwege vor der Reinigung die Dienſtbarkeit des fluͤchtigen Gottes bei Admetos darſtellte. Dieſe Knechtſchaft als Vorbe- reitung der Suͤhnung iſt ohne Zweifel eine uralte Sa- ge, wie ſie denn ſehr zeitig in das Bereich der epiſchen Poeſie hineingezogen wurde, wo die Roſſe des Eume- los, Sohnes von Admet, aus der Pheraͤiſchen Zucht des Apollon ihre Trefflichkeit ableiten 2. — Der Ha- fen von Pheraͤ was Pagaſaͤ am inneren Winkel des Meerbuſens mit einem beruͤhmten Altar des Apollon Pagaſites in einem ausgedehnten Haine 3. Dies Hei- ligthum iſt der merkwuͤrdige Schauplatz der Heſiodiſchen Rhapſodie vom Schilde des Herakles; in der Naͤhe 1 Steph. Byz. Λειπνιάς, mit einem Fragment aus Kallima- chos. Von der Verbindung Lariſſa’s mit Delphi zeugt das aͤlteſte Anathem bei Pauſ. 10, 16, 4. — Es iſt unbekannt, ob Phyllos mit dem Tempel des Ap. Phyllaͤos, und Ichne mit dem Heilig- thume der Themis, beide in Theſſaliotis, an der Straße lagen. Str. 9, 435. 2 Ilias 2, 766. Als Weideort wird Πηϱείη genannt, was die Scholien, Stephan. Byz. und Heſych als einen Ort Theſſaliens anfuͤhren, aber wohl nur aus dieſer Stelle. Die Orph. Argon. ſetzen die Weiden an den Amphryſſ., der bei Pheraͤ. 3 Heſiod. Schild v. 17. 58. Παγασίτης Ἀπόλλων παϱὰ Αχαιοῖς ἐν Παγασαῖς καὶ παϱὰ Θεσσαλοῖς, Heſych. Bei Apollon. Rh. 1, 404. 411. bauen die Argonauten in Pagaſaͤ einen Tempel des Ap. Aktios und Embaſios.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/234>, abgerufen am 29.03.2024.