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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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5.
1.

Diese Sagen leiten uns durch sich selbst zu dem
Versuch, die Bedeutung und den Charakter des Cultus
aufzufassen.

Zuvörderst wiederholen wir ein Resultat, welches
die vorhergehende Untersuchung mit völliger Evidenz
gewährte. Nämlich daß der Apollon von Tempe, Py-
tho, Delos, Kreta, Lykien, Troja, Athen, dem Pe-
loponnes ein und derselbe Gott ist, nicht eine Com-
bination mehrerer in einem Namen, wie sie die Ge-
schichte des griechischen Cultus sonst öfter darbietet.
Wir erkannten dies eben so an geschichtlichen Nachrich-
ten von der Gründung der einzelnen Heiligthümer, als
an Merkmalen anderer Art, wiederkehrenden Namen,
Symbolen, Gebräuchen. Ueberall fanden sich unge-
sucht die Namen Lykios und Lykia, Delphinios und
Pythios, die Orakel und Sibyllen, die Reinigungen
und Sühnungen, der Sprung vom Felsen, die Men-
schenzehnten, der goldene Sommer und die frommen
Oblationen, der Lorbeer, die Hyperboreersage und die
Ennaeteris mit einer einleuchtenden Nothwendigkeit
wieder. Darum sind Cicero's sondernde Theologen 1 zu
tadeln, welche den Athenischen, Kretischen und Hyper-
boreischen Apollon zu scheiden suchten, wie überhaupt

1 de N. D. 3, 23.

5.
1.

Dieſe Sagen leiten uns durch ſich ſelbſt zu dem
Verſuch, die Bedeutung und den Charakter des Cultus
aufzufaſſen.

Zuvoͤrderſt wiederholen wir ein Reſultat, welches
die vorhergehende Unterſuchung mit voͤlliger Evidenz
gewaͤhrte. Naͤmlich daß der Apollon von Tempe, Py-
tho, Delos, Kreta, Lykien, Troja, Athen, dem Pe-
loponnes ein und derſelbe Gott iſt, nicht eine Com-
bination mehrerer in einem Namen, wie ſie die Ge-
ſchichte des griechiſchen Cultus ſonſt oͤfter darbietet.
Wir erkannten dies eben ſo an geſchichtlichen Nachrich-
ten von der Gruͤndung der einzelnen Heiligthuͤmer, als
an Merkmalen anderer Art, wiederkehrenden Namen,
Symbolen, Gebraͤuchen. Ueberall fanden ſich unge-
ſucht die Namen Lykios und Lykia, Delphinios und
Pythios, die Orakel und Sibyllen, die Reinigungen
und Suͤhnungen, der Sprung vom Felſen, die Men-
ſchenzehnten, der goldene Sommer und die frommen
Oblationen, der Lorbeer, die Hyperboreerſage und die
Ennaeteris mit einer einleuchtenden Nothwendigkeit
wieder. Darum ſind Cicero’s ſondernde Theologen 1 zu
tadeln, welche den Atheniſchen, Kretiſchen und Hyper-
boreiſchen Apollon zu ſcheiden ſuchten, wie uͤberhaupt

1 de N. D. 3, 23.
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[280/0310] 5. 1. Dieſe Sagen leiten uns durch ſich ſelbſt zu dem Verſuch, die Bedeutung und den Charakter des Cultus aufzufaſſen. Zuvoͤrderſt wiederholen wir ein Reſultat, welches die vorhergehende Unterſuchung mit voͤlliger Evidenz gewaͤhrte. Naͤmlich daß der Apollon von Tempe, Py- tho, Delos, Kreta, Lykien, Troja, Athen, dem Pe- loponnes ein und derſelbe Gott iſt, nicht eine Com- bination mehrerer in einem Namen, wie ſie die Ge- ſchichte des griechiſchen Cultus ſonſt oͤfter darbietet. Wir erkannten dies eben ſo an geſchichtlichen Nachrich- ten von der Gruͤndung der einzelnen Heiligthuͤmer, als an Merkmalen anderer Art, wiederkehrenden Namen, Symbolen, Gebraͤuchen. Ueberall fanden ſich unge- ſucht die Namen Lykios und Lykia, Delphinios und Pythios, die Orakel und Sibyllen, die Reinigungen und Suͤhnungen, der Sprung vom Felſen, die Men- ſchenzehnten, der goldene Sommer und die frommen Oblationen, der Lorbeer, die Hyperboreerſage und die Ennaeteris mit einer einleuchtenden Nothwendigkeit wieder. Darum ſind Cicero’s ſondernde Theologen 1 zu tadeln, welche den Atheniſchen, Kretiſchen und Hyper- boreiſchen Apollon zu ſcheiden ſuchten, wie uͤberhaupt 1 de N. D. 3, 23.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/310>, abgerufen am 25.04.2024.