Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite
6.

An denselben Faden reihet sich vielleicht der
Name Apollon selbst. Daß er einzig in der Griechi-
schen Sprache seine Erläuterung finden könne, ergiebt
sich aus dem Vorigen als sichere Ueberzeugung. Doch
werden wir ihn nicht von dem Namen der Sonne,
AWELIOS 1, herleiten können, da das Digamma wohl
schwerlich irgend in den PLaut übergeht. Die Ablei-
tung von OLO haben wir als eine einseitige Beziehung
zu stark hervorhebend verworfen 2. Wir bemerken da-
gegen, daß die alte, dorisch-äolische Form des Na-
mens Apellon war 3, die auch die alten Lateiner
angenommen 4, und wovon der Makedonische und Do-
rische Monat Apelläos vielleicht den Namen hat. Das
Thessalische Aploun und etruskische Aplu sind Zusam-
menziehungen davon. Apellon ist nun aber ganz ein-
fach der hinwegtreibende, abwendende Gott 5; so
schließt sich der Name an die Reihe von Alexikakos,
Apotropäos u. s. w.

7.

Alle diese Cultusbenennungen bezeichnen indessen
nur die Thätigkeit und Wirkung der Gottheit; ihrem
innern Wesen dagegen führt der Name Phoibos nä-
her. Von der Grundbedeutung "hell, klar, strahlend"
(PhOWOS, Phoibos) leitet sich die andere "rein, unbe-
fleckt" von selbst ab 6, daher phoibazein, verwandt mit
dem Lateinischen februare, sühnen. Phöbos ist also

1 Abelios, die Kreter und Pamphylier, Hesych. Vgl. Hem-
sterh. zu Hesych. Thabakon. Koen zu Gregor. Korinth. S. 354. Sch.
bela elios kai auge bei den Lakonen nach Hesych.
2 Die
scherzhafte Etymologie Platons von polein, und die alberne von a-
polus bei Cic. N. D. 2, 27. Plut. Ei 9. S. 228. (weil Ap. to
en sei, de Iside 76. p. 207.) vgl. Macr. Sat. 1, 17. und andere
beim Etym. M. erläßt man uns zu würdigen.
3 Maittaire
S. 152. 264.
4 Festus, vgl. Schneider Lat. Gramm. 1, 1.
S. 12.
5 illo, ello, eillo. Der Umlaut wie in exoule.
6 Vgl. Apollon. Lex. Hom. p. 833. Vill. Schol. Apoll. 2, 301.
6.

An denſelben Faden reihet ſich vielleicht der
Name Apollon ſelbſt. Daß er einzig in der Griechi-
ſchen Sprache ſeine Erlaͤuterung finden koͤnne, ergiebt
ſich aus dem Vorigen als ſichere Ueberzeugung. Doch
werden wir ihn nicht von dem Namen der Sonne,
ΑϜΕΛΙΟΣ 1, herleiten koͤnnen, da das Digamma wohl
ſchwerlich irgend in den ΠLaut uͤbergeht. Die Ablei-
tung von ΟΛΩ haben wir als eine einſeitige Beziehung
zu ſtark hervorhebend verworfen 2. Wir bemerken da-
gegen, daß die alte, doriſch-aͤoliſche Form des Na-
mens Ἀπέλλων war 3, die auch die alten Lateiner
angenommen 4, und wovon der Makedoniſche und Do-
riſche Monat Apellaͤos vielleicht den Namen hat. Das
Theſſaliſche Ἀπλοῦν und etruskiſche Aplu ſind Zuſam-
menziehungen davon. Ἀπέλλων iſt nun aber ganz ein-
fach der hinwegtreibende, abwendende Gott 5; ſo
ſchließt ſich der Name an die Reihe von Alexikakos,
Apotropaͤos u. ſ. w.

7.

Alle dieſe Cultusbenennungen bezeichnen indeſſen
nur die Thaͤtigkeit und Wirkung der Gottheit; ihrem
innern Weſen dagegen fuͤhrt der Name Φοῖβος naͤ-
her. Von der Grundbedeutung “hell, klar, ſtrahlend”
(ΦΟϜΩΣ, Φοῖβος) leitet ſich die andere “rein, unbe-
fleckt” von ſelbſt ab 6, daher φοιβάζειν, verwandt mit
dem Lateiniſchen februare, ſuͤhnen. Phoͤbos iſt alſo

1 Ἀβέλιος, die Kreter und Pamphylier, Heſych. Vgl. Hem-
ſterh. zu Heſych. Θάβακον. Koen zu Gregor. Korinth. S. 354. Sch.
βέλα ἥλιος καὶ αὐγή bei den Lakonen nach Heſych.
2 Die
ſcherzhafte Etymologie Platons von πολεῖν, und die alberne von ἀ-
πολύς bei Cic. N. D. 2, 27. Plut. Ei 9. S. 228. (weil Ap. τὸ
ἓν ſei, de Iside 76. p. 207.) vgl. Macr. Sat. 1, 17. und andere
beim Etym. M. erlaͤßt man uns zu wuͤrdigen.
3 Maittaire
S. 152. 264.
4 Feſtus, vgl. Schneider Lat. Gramm. 1, 1.
S. 12.
5 ἴλλω, ἔλλω, εἴλλω. Der Umlaut wie in ἐξοὐλη.
6 Vgl. Apollon. Lex. Hom. p. 833. Vill. Schol. Apoll. 2, 301.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0331" n="301"/>
            <div n="4">
              <head>6.</head><lb/>
              <p>An den&#x017F;elben Faden reihet &#x017F;ich vielleicht der<lb/>
Name <hi rendition="#g">Apollon</hi> &#x017F;elb&#x017F;t. Daß er einzig in der Griechi-<lb/>
&#x017F;chen Sprache &#x017F;eine Erla&#x0364;uterung finden ko&#x0364;nne, ergiebt<lb/>
&#x017F;ich aus dem Vorigen als &#x017F;ichere Ueberzeugung. Doch<lb/>
werden wir ihn nicht von dem Namen der Sonne,<lb/>
&#x0391;&#x03DC;&#x0395;&#x039B;&#x0399;&#x039F;&#x03A3; <note place="foot" n="1">&#x1F08;&#x03B2;&#x03AD;&#x03BB;&#x03B9;&#x03BF;&#x03C2;, die Kreter und Pamphylier, He&#x017F;ych. Vgl. Hem-<lb/>
&#x017F;terh. zu He&#x017F;ych. &#x0398;&#x03AC;&#x03B2;&#x03B1;&#x03BA;&#x03BF;&#x03BD;. Koen zu Gregor. Korinth. S. 354. Sch.<lb/>
&#x03B2;&#x03AD;&#x03BB;&#x03B1; &#x1F25;&#x03BB;&#x03B9;&#x03BF;&#x03C2; &#x03BA;&#x03B1;&#x1F76; &#x03B1;&#x1F50;&#x03B3;&#x03AE; bei den Lakonen nach He&#x017F;ych.</note>, herleiten ko&#x0364;nnen, da das Digamma wohl<lb/>
&#x017F;chwerlich irgend in den &#x03A0;Laut u&#x0364;bergeht. Die Ablei-<lb/>
tung von &#x039F;&#x039B;&#x03A9; haben wir als eine ein&#x017F;eitige Beziehung<lb/>
zu &#x017F;tark hervorhebend verworfen <note place="foot" n="2">Die<lb/>
&#x017F;cherzhafte Etymologie Platons von &#x03C0;&#x03BF;&#x03BB;&#x03B5;&#x1FD6;&#x03BD;, und die alberne von &#x1F00;-<lb/>
&#x03C0;&#x03BF;&#x03BB;&#x03CD;&#x03C2; bei Cic. <hi rendition="#aq">N. D.</hi> 2, 27. Plut. <hi rendition="#aq">Ei</hi> 9. S. 228. (weil Ap. &#x03C4;&#x1F78;<lb/>
&#x1F13;&#x03BD; &#x017F;ei, <hi rendition="#aq">de Iside 76. p.</hi> 207.) vgl. Macr. Sat. 1, 17. und andere<lb/>
beim Etym. M. erla&#x0364;ßt man uns zu wu&#x0364;rdigen.</note>. Wir bemerken da-<lb/>
gegen, daß die alte, dori&#x017F;ch-a&#x0364;oli&#x017F;che Form des Na-<lb/>
mens &#x1F08;&#x03C0;&#x03AD;&#x03BB;&#x03BB;&#x03C9;&#x03BD; war <note place="foot" n="3">Maittaire<lb/>
S. 152. 264.</note>, die auch die alten Lateiner<lb/>
angenommen <note place="foot" n="4">Fe&#x017F;tus, vgl. Schneider Lat. Gramm. 1, 1.<lb/>
S. 12.</note>, und wovon der Makedoni&#x017F;che und Do-<lb/>
ri&#x017F;che Monat Apella&#x0364;os vielleicht den Namen hat. Das<lb/>
The&#x017F;&#x017F;ali&#x017F;che &#x1F08;&#x03C0;&#x03BB;&#x03BF;&#x1FE6;&#x03BD; und etruski&#x017F;che <hi rendition="#aq">Aplu</hi> &#x017F;ind Zu&#x017F;am-<lb/>
menziehungen davon. &#x1F08;&#x03C0;&#x03AD;&#x03BB;&#x03BB;&#x03C9;&#x03BD; i&#x017F;t nun aber ganz ein-<lb/>
fach der hinwegtreibende, abwendende Gott <note place="foot" n="5">&#x1F34;&#x03BB;&#x03BB;&#x03C9;, &#x1F14;&#x03BB;&#x03BB;&#x03C9;, &#x03B5;&#x1F34;&#x03BB;&#x03BB;&#x03C9;. Der Umlaut wie in &#x1F10;&#x03BE;&#x03BF;&#x1F50;&#x03BB;&#x03B7;.</note>; &#x017F;o<lb/>
&#x017F;chließt &#x017F;ich der Name an die Reihe von Alexikakos,<lb/>
Apotropa&#x0364;os u. &#x017F;. w.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>7.</head><lb/>
              <p>Alle die&#x017F;e Cultusbenennungen bezeichnen inde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
nur die Tha&#x0364;tigkeit und Wirkung der Gottheit; ihrem<lb/>
innern We&#x017F;en dagegen fu&#x0364;hrt der Name <hi rendition="#g">&#x03A6;&#x03BF;&#x1FD6;&#x03B2;&#x03BF;&#x03C2;</hi> na&#x0364;-<lb/>
her. Von der Grundbedeutung &#x201C;hell, klar, &#x017F;trahlend&#x201D;<lb/>
(&#x03A6;&#x039F;&#x03DC;&#x03A9;&#x03A3;, &#x03A6;&#x03BF;&#x1FD6;&#x03B2;&#x03BF;&#x03C2;) leitet &#x017F;ich die andere &#x201C;rein, unbe-<lb/>
fleckt&#x201D; von &#x017F;elb&#x017F;t ab <note place="foot" n="6">Vgl. Apollon. <hi rendition="#aq">Lex. Hom. p.</hi> 833. Vill. Schol. Apoll. 2, 301.</note>, daher &#x03C6;&#x03BF;&#x03B9;&#x03B2;&#x03AC;&#x03B6;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BD;, verwandt mit<lb/>
dem Lateini&#x017F;chen <hi rendition="#aq">februare,</hi> &#x017F;u&#x0364;hnen. Pho&#x0364;bos i&#x017F;t al&#x017F;o<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[301/0331] 6. An denſelben Faden reihet ſich vielleicht der Name Apollon ſelbſt. Daß er einzig in der Griechi- ſchen Sprache ſeine Erlaͤuterung finden koͤnne, ergiebt ſich aus dem Vorigen als ſichere Ueberzeugung. Doch werden wir ihn nicht von dem Namen der Sonne, ΑϜΕΛΙΟΣ 1, herleiten koͤnnen, da das Digamma wohl ſchwerlich irgend in den ΠLaut uͤbergeht. Die Ablei- tung von ΟΛΩ haben wir als eine einſeitige Beziehung zu ſtark hervorhebend verworfen 2. Wir bemerken da- gegen, daß die alte, doriſch-aͤoliſche Form des Na- mens Ἀπέλλων war 3, die auch die alten Lateiner angenommen 4, und wovon der Makedoniſche und Do- riſche Monat Apellaͤos vielleicht den Namen hat. Das Theſſaliſche Ἀπλοῦν und etruskiſche Aplu ſind Zuſam- menziehungen davon. Ἀπέλλων iſt nun aber ganz ein- fach der hinwegtreibende, abwendende Gott 5; ſo ſchließt ſich der Name an die Reihe von Alexikakos, Apotropaͤos u. ſ. w. 7. Alle dieſe Cultusbenennungen bezeichnen indeſſen nur die Thaͤtigkeit und Wirkung der Gottheit; ihrem innern Weſen dagegen fuͤhrt der Name Φοῖβος naͤ- her. Von der Grundbedeutung “hell, klar, ſtrahlend” (ΦΟϜΩΣ, Φοῖβος) leitet ſich die andere “rein, unbe- fleckt” von ſelbſt ab 6, daher φοιβάζειν, verwandt mit dem Lateiniſchen februare, ſuͤhnen. Phoͤbos iſt alſo 1 Ἀβέλιος, die Kreter und Pamphylier, Heſych. Vgl. Hem- ſterh. zu Heſych. Θάβακον. Koen zu Gregor. Korinth. S. 354. Sch. βέλα ἥλιος καὶ αὐγή bei den Lakonen nach Heſych. 2 Die ſcherzhafte Etymologie Platons von πολεῖν, und die alberne von ἀ- πολύς bei Cic. N. D. 2, 27. Plut. Ei 9. S. 228. (weil Ap. τὸ ἓν ſei, de Iside 76. p. 207.) vgl. Macr. Sat. 1, 17. und andere beim Etym. M. erlaͤßt man uns zu wuͤrdigen. 3 Maittaire S. 152. 264. 4 Feſtus, vgl. Schneider Lat. Gramm. 1, 1. S. 12. 5 ἴλλω, ἔλλω, εἴλλω. Der Umlaut wie in ἐξοὐλη. 6 Vgl. Apollon. Lex. Hom. p. 833. Vill. Schol. Apoll. 2, 301.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/331
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/331>, abgerufen am 24.04.2024.