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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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7.
1.

Zu dem Zwecke werden wir von vorn herein auf-
gefordert, uns in eine Zeit zurückzuversetzen, in welcher
die Stammreligion der Dorier noch nicht mit andern
Culten vermischt, sondern in sich geschlossen in ursprüng-
licher Energie und eigenem Zusammenhange bestand.
Damals hatte dies Volk nur zwei männliche Haupt-
götter, Zeus und Apollon. Denn der letztere setzt den
erstern überall voraus, und in Kreta, Delphi und
sonst waren beide eng verbunden, nur daß dieser Do-
rische Zeus wenig im Cultus hervortrat. Zu Delphi
waren im Tempel Zeus und Apollon als Möragetä
mit zwei Mören vorgestellt 1. Vielleicht möchte auch
der Eloos (Eloos), den Hesych als Dorischen Hephä-
stos nennt 2, der wahre Zeus sein, welches dadurch be-
stätigt wird, daß das Heiligthum des Zeus in Dodona
und bei den Lakonen Ella hieß 3. -- Dieser höchste
Gott wurde aber in diesem Zusammenhange weder auf
Erden geboren, noch erscheinend, und vielleicht über-

1 Paus. 10, 24, 4. vgl. Pind. p. 4, 4. Zeus Basileus in
Delphi, Xenoph. Anab. 5, 9, 22. Z. euupnos daselbst, Hesych.
2 Hes. Eloos.
3 Hesych Ella. vgl. Ela. Wir läugnen
nicht die Möglichkeit, daß dieser Eloos mit dem El oder Eloha
des Volkes Israel ursprünglich eins sei, aber wir verlieren uns da-
durch in ein Gebiet der dunkelsten Ahnung.

7.
1.

Zu dem Zwecke werden wir von vorn herein auf-
gefordert, uns in eine Zeit zuruͤckzuverſetzen, in welcher
die Stammreligion der Dorier noch nicht mit andern
Culten vermiſcht, ſondern in ſich geſchloſſen in urſpruͤng-
licher Energie und eigenem Zuſammenhange beſtand.
Damals hatte dies Volk nur zwei maͤnnliche Haupt-
goͤtter, Zeus und Apollon. Denn der letztere ſetzt den
erſtern uͤberall voraus, und in Kreta, Delphi und
ſonſt waren beide eng verbunden, nur daß dieſer Do-
riſche Zeus wenig im Cultus hervortrat. Zu Delphi
waren im Tempel Zeus und Apollon als Moͤragetaͤ
mit zwei Moͤren vorgeſtellt 1. Vielleicht moͤchte auch
der Eloos (Ἐλωός), den Heſych als Doriſchen Hephaͤ-
ſtos nennt 2, der wahre Zeus ſein, welches dadurch be-
ſtaͤtigt wird, daß das Heiligthum des Zeus in Dodona
und bei den Lakonen Ἑλλά hieß 3. — Dieſer hoͤchſte
Gott wurde aber in dieſem Zuſammenhange weder auf
Erden geboren, noch erſcheinend, und vielleicht uͤber-

1 Pauſ. 10, 24, 4. vgl. Pind. p. 4, 4. Ζεὺς Βασιλεὺς in
Delphi, Xenoph. Anab. 5, 9, 22. Ζ. εὔυπνος daſelbſt, Heſych.
2 Heſ. Ἐλωός.
3 Heſych Ἑλλά. vgl. Ἔλα. Wir laͤugnen
nicht die Moͤglichkeit, daß dieſer Eloos mit dem El oder Eloha
des Volkes Iſraël urſpruͤnglich eins ſei, aber wir verlieren uns da-
durch in ein Gebiet der dunkelſten Ahnung.
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[308/0338] 7. 1. Zu dem Zwecke werden wir von vorn herein auf- gefordert, uns in eine Zeit zuruͤckzuverſetzen, in welcher die Stammreligion der Dorier noch nicht mit andern Culten vermiſcht, ſondern in ſich geſchloſſen in urſpruͤng- licher Energie und eigenem Zuſammenhange beſtand. Damals hatte dies Volk nur zwei maͤnnliche Haupt- goͤtter, Zeus und Apollon. Denn der letztere ſetzt den erſtern uͤberall voraus, und in Kreta, Delphi und ſonſt waren beide eng verbunden, nur daß dieſer Do- riſche Zeus wenig im Cultus hervortrat. Zu Delphi waren im Tempel Zeus und Apollon als Moͤragetaͤ mit zwei Moͤren vorgeſtellt 1. Vielleicht moͤchte auch der Eloos (Ἐλωός), den Heſych als Doriſchen Hephaͤ- ſtos nennt 2, der wahre Zeus ſein, welches dadurch be- ſtaͤtigt wird, daß das Heiligthum des Zeus in Dodona und bei den Lakonen Ἑλλά hieß 3. — Dieſer hoͤchſte Gott wurde aber in dieſem Zuſammenhange weder auf Erden geboren, noch erſcheinend, und vielleicht uͤber- 1 Pauſ. 10, 24, 4. vgl. Pind. p. 4, 4. Ζεὺς Βασιλεὺς in Delphi, Xenoph. Anab. 5, 9, 22. Ζ. εὔυπνος daſelbſt, Heſych. 2 Heſ. Ἐλωός. 3 Heſych Ἑλλά. vgl. Ἔλα. Wir laͤugnen nicht die Moͤglichkeit, daß dieſer Eloos mit dem El oder Eloha des Volkes Iſraël urſpruͤnglich eins ſei, aber wir verlieren uns da- durch in ein Gebiet der dunkelſten Ahnung.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/338>, abgerufen am 24.04.2024.