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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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lopöen mit kürzeren Versen gemischte Hexameter ent-
hielten 1, diese aber nichts als Hexameter. -- Die
in diesen Nachrichten genannten alten Cultusdichter,
Chrysothemis, Philammon und Olen, sind übrigens
mit eben der Gewißheit für Dorier zu achten, wie es
die Gründer der Heiligthümer von Tarrha, Delphi
und Patara waren, denen sie besonders angehören 2;
und so wird auch der Dialekt der ihnen zugeschriebenen
Gesänge kein anderer als der Dorische gewesen sein --
wenn auch freilich eine vorhistorische Ausbildung dessel-
ben zur Poesie mit den eben herrschenden -- aber nicht
sonderlich tief begründeten -- Begriffen von der Ent-
wickelung der Hellenischen Dichtkunst nicht übereinstim-
men will. --

14.

Von der Bedeutung des Päan als eines
Dankliedes für Rettung und Befreiung ist oben das
Hauptsächlichste bemerkt. Was aber die Art der Auf-
führung desselben betrifft: so ist erstens aus Homer
schon bekannt, daß er nach dem Opfermahl gesungen
wird 3, wenn die Becher nach der feierlichen Libation
herumgegeben werden, und so geschah es eben auch in
Sparta und in Athen 4. Meist fand man es bequem,
ihn sitzend zu singen, doch führt ihn im Pythischen
Hymnus Apollon mit den Kretern im Taktschritte wan-
delnd auf 5; in Sparta wurde er auch in Chören ge-

1 Plut. 3, 4. Doch gab es nach Proklos a. O. auch Ter-
pandrische Nomen in Hexametern.
2 Wenn Thamyris der
Thraker Sohn des Philammon heißt, Paus. 4, 33.: so ist wohl der
Grund davon nur die lokale Nachbarschaft der Delpher und Par-
nassischen Thraker.
3 Il. 1, 473. vgl. 22, 391.
4 Pla-
ton Symp. 4. Philochor. bei Athen. 14, 630 f. vgl. 4, 179. 11,
503 e. aus Antiphanes. Xenoph. Symp. 2, 1. Darum telesie-
ros Hesych.
5 Auch in Delos sang man Päanen um die
Altäre gehend, Eurip. Herc. fur. 690.

lopoͤen mit kuͤrzeren Verſen gemiſchte Hexameter ent-
hielten 1, dieſe aber nichts als Hexameter. — Die
in dieſen Nachrichten genannten alten Cultusdichter,
Chryſothemis, Philammon und Olen, ſind uͤbrigens
mit eben der Gewißheit fuͤr Dorier zu achten, wie es
die Gruͤnder der Heiligthuͤmer von Tarrha, Delphi
und Patara waren, denen ſie beſonders angehoͤren 2;
und ſo wird auch der Dialekt der ihnen zugeſchriebenen
Geſaͤnge kein anderer als der Doriſche geweſen ſein —
wenn auch freilich eine vorhiſtoriſche Ausbildung deſſel-
ben zur Poeſie mit den eben herrſchenden — aber nicht
ſonderlich tief begruͤndeten — Begriffen von der Ent-
wickelung der Helleniſchen Dichtkunſt nicht uͤbereinſtim-
men will. —

14.

Von der Bedeutung des Paͤan als eines
Dankliedes fuͤr Rettung und Befreiung iſt oben das
Hauptſaͤchlichſte bemerkt. Was aber die Art der Auf-
fuͤhrung deſſelben betrifft: ſo iſt erſtens aus Homer
ſchon bekannt, daß er nach dem Opfermahl geſungen
wird 3, wenn die Becher nach der feierlichen Libation
herumgegeben werden, und ſo geſchah es eben auch in
Sparta und in Athen 4. Meiſt fand man es bequem,
ihn ſitzend zu ſingen, doch fuͤhrt ihn im Pythiſchen
Hymnus Apollon mit den Kretern im Taktſchritte wan-
delnd auf 5; in Sparta wurde er auch in Choͤren ge-

1 Plut. 3, 4. Doch gab es nach Proklos a. O. auch Ter-
pandriſche Nomen in Hexametern.
2 Wenn Thamyris der
Thraker Sohn des Philammon heißt, Pauſ. 4, 33.: ſo iſt wohl der
Grund davon nur die lokale Nachbarſchaft der Delpher und Par-
naſſiſchen Thraker.
3 Il. 1, 473. vgl. 22, 391.
4 Pla-
ton Symp. 4. Philochor. bei Athen. 14, 630 f. vgl. 4, 179. 11,
503 e. aus Antiphanes. Xenoph. Symp. 2, 1. Darum τελεσίε-
ϱος Heſych.
5 Auch in Delos ſang man Paͤanen um die
Altaͤre gehend, Eurip. Herc. fur. 690.
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[350/0380] lopoͤen mit kuͤrzeren Verſen gemiſchte Hexameter ent- hielten 1, dieſe aber nichts als Hexameter. — Die in dieſen Nachrichten genannten alten Cultusdichter, Chryſothemis, Philammon und Olen, ſind uͤbrigens mit eben der Gewißheit fuͤr Dorier zu achten, wie es die Gruͤnder der Heiligthuͤmer von Tarrha, Delphi und Patara waren, denen ſie beſonders angehoͤren 2; und ſo wird auch der Dialekt der ihnen zugeſchriebenen Geſaͤnge kein anderer als der Doriſche geweſen ſein — wenn auch freilich eine vorhiſtoriſche Ausbildung deſſel- ben zur Poeſie mit den eben herrſchenden — aber nicht ſonderlich tief begruͤndeten — Begriffen von der Ent- wickelung der Helleniſchen Dichtkunſt nicht uͤbereinſtim- men will. — 14. Von der Bedeutung des Paͤan als eines Dankliedes fuͤr Rettung und Befreiung iſt oben das Hauptſaͤchlichſte bemerkt. Was aber die Art der Auf- fuͤhrung deſſelben betrifft: ſo iſt erſtens aus Homer ſchon bekannt, daß er nach dem Opfermahl geſungen wird 3, wenn die Becher nach der feierlichen Libation herumgegeben werden, und ſo geſchah es eben auch in Sparta und in Athen 4. Meiſt fand man es bequem, ihn ſitzend zu ſingen, doch fuͤhrt ihn im Pythiſchen Hymnus Apollon mit den Kretern im Taktſchritte wan- delnd auf 5; in Sparta wurde er auch in Choͤren ge- 1 Plut. 3, 4. Doch gab es nach Proklos a. O. auch Ter- pandriſche Nomen in Hexametern. 2 Wenn Thamyris der Thraker Sohn des Philammon heißt, Pauſ. 4, 33.: ſo iſt wohl der Grund davon nur die lokale Nachbarſchaft der Delpher und Par- naſſiſchen Thraker. 3 Il. 1, 473. vgl. 22, 391. 4 Pla- ton Symp. 4. Philochor. bei Athen. 14, 630 f. vgl. 4, 179. 11, 503 e. aus Antiphanes. Xenoph. Symp. 2, 1. Darum τελεσίε- ϱος Heſych. 5 Auch in Delos ſang man Paͤanen um die Altaͤre gehend, Eurip. Herc. fur. 690.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/380>, abgerufen am 25.04.2024.