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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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le bezieht 1, und bei Herodot vor, dessen Genealogie der
ältern Lydischen Könige: Herakles -- Alkäos (aus Hel-
lenischem Mythus) -- Belos (Babylon) -- Ninos (Ni-
nive) -- Agron u. s. w. eine recht treffende Parallele ist
zu Danaos Geschlechtsfolge und andern der Art.

7.

Sehr verwandten Ursprungs ist die Fabel von
Hylas. Hylas wurde lange schon von den Ureinwoh-
nern Bithyniens an den Quellen um Sommersmitte ge-
rufen 2, ehe die Griechen dort ihr Kios gründeten;
diese aber eigneten sich den Mythus von dem ins Was-
ser gefallenen Knaben an, und verwebten ihn, da sie
Herakles als ktistes verehrten 3, mit der Fabel dieses
Heros, die schon wenigstens einen solchen geliebten
Knaben des Helden kannte, den Hellanikos Theiomenes,
Sohn Theiodamas des Dryoperkönigs, nennt 4.
In Phrygien war Lityerses Tod Gegenstand eines
alten Gesanges, und wer hatte ihn nun nach Griechi-
scher Sage erschlagen, als der, der überall im Barba-
renlande so furchtbar gehaust 5? So Fremdartiges
arbeiteten die Griechen ohne sonderliche Mühe in ihre
Mythologie hinein. Herakles war schon in den Ur-
sitzen seines Mythus ein nach außen thätiger Held, ein
Grenzwart und Markgraf so zu sagen; jetzt als Eigen-
thum aller Hellenischen Stämme übernahm er den
Schutz für jede Erweiterung des Hellenischen Namens,
und je kühner ein einzelner Punkt der Nation in das
Barbarenland vorgeworfen war, um desto mehr be-
durfte er dieses Hortes, und um desto mehr Dichtun-

1 Steph. Byz. Akele.
2 S. Bd. 1. S. 293.
3 S.
die Münzen.
4 bei Schol. Apoll. 1, 131, Die Genealogie
ist hernach auch auf Hylas übergetragen worden. In der Sparta-
nischen Fabel war Elakatos (Sosibios bei Hesych Elakatia) Her.
paidika.
5 Vgl. besonders die Fragmente von Sositheos Ly-
tierses mit Eichstädts Anmerkungen, und oben S. 347.
29 *

le bezieht 1, und bei Herodot vor, deſſen Genealogie der
aͤltern Lydiſchen Koͤnige: Herakles — Alkaͤos (aus Hel-
leniſchem Mythus) — Belos (Babylon) — Ninos (Ni-
nive) — Agron u. ſ. w. eine recht treffende Parallele iſt
zu Danaos Geſchlechtsfolge und andern der Art.

7.

Sehr verwandten Urſprungs iſt die Fabel von
Hylas. Hylas wurde lange ſchon von den Ureinwoh-
nern Bithyniens an den Quellen um Sommersmitte ge-
rufen 2, ehe die Griechen dort ihr Kios gruͤndeten;
dieſe aber eigneten ſich den Mythus von dem ins Waſ-
ſer gefallenen Knaben an, und verwebten ihn, da ſie
Herakles als κτίστης verehrten 3, mit der Fabel dieſes
Heros, die ſchon wenigſtens einen ſolchen geliebten
Knaben des Helden kannte, den Hellanikos Theiomenes,
Sohn Theiodamas des Dryoperkoͤnigs, nennt 4.
In Phrygien war Lityerſes Tod Gegenſtand eines
alten Geſanges, und wer hatte ihn nun nach Griechi-
ſcher Sage erſchlagen, als der, der uͤberall im Barba-
renlande ſo furchtbar gehaust 5? So Fremdartiges
arbeiteten die Griechen ohne ſonderliche Muͤhe in ihre
Mythologie hinein. Herakles war ſchon in den Ur-
ſitzen ſeines Mythus ein nach außen thaͤtiger Held, ein
Grenzwart und Markgraf ſo zu ſagen; jetzt als Eigen-
thum aller Helleniſchen Staͤmme uͤbernahm er den
Schutz fuͤr jede Erweiterung des Helleniſchen Namens,
und je kuͤhner ein einzelner Punkt der Nation in das
Barbarenland vorgeworfen war, um deſto mehr be-
durfte er dieſes Hortes, und um deſto mehr Dichtun-

1 Steph. Byz. Ἀκέλη.
2 S. Bd. 1. S. 293.
3 S.
die Muͤnzen.
4 bei Schol. Apoll. 1, 131, Die Genealogie
iſt hernach auch auf Hylas uͤbergetragen worden. In der Sparta-
niſchen Fabel war Elakatos (Soſibios bei Heſych Ἠλακάτια) Her.
παιδικά.
5 Vgl. beſonders die Fragmente von Soſitheos Ly-
tierſes mit Eichſtaͤdts Anmerkungen, und oben S. 347.
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[451/0481] le bezieht 1, und bei Herodot vor, deſſen Genealogie der aͤltern Lydiſchen Koͤnige: Herakles — Alkaͤos (aus Hel- leniſchem Mythus) — Belos (Babylon) — Ninos (Ni- nive) — Agron u. ſ. w. eine recht treffende Parallele iſt zu Danaos Geſchlechtsfolge und andern der Art. 7. Sehr verwandten Urſprungs iſt die Fabel von Hylas. Hylas wurde lange ſchon von den Ureinwoh- nern Bithyniens an den Quellen um Sommersmitte ge- rufen 2, ehe die Griechen dort ihr Kios gruͤndeten; dieſe aber eigneten ſich den Mythus von dem ins Waſ- ſer gefallenen Knaben an, und verwebten ihn, da ſie Herakles als κτίστης verehrten 3, mit der Fabel dieſes Heros, die ſchon wenigſtens einen ſolchen geliebten Knaben des Helden kannte, den Hellanikos Theiomenes, Sohn Theiodamas des Dryoperkoͤnigs, nennt 4. In Phrygien war Lityerſes Tod Gegenſtand eines alten Geſanges, und wer hatte ihn nun nach Griechi- ſcher Sage erſchlagen, als der, der uͤberall im Barba- renlande ſo furchtbar gehaust 5? So Fremdartiges arbeiteten die Griechen ohne ſonderliche Muͤhe in ihre Mythologie hinein. Herakles war ſchon in den Ur- ſitzen ſeines Mythus ein nach außen thaͤtiger Held, ein Grenzwart und Markgraf ſo zu ſagen; jetzt als Eigen- thum aller Helleniſchen Staͤmme uͤbernahm er den Schutz fuͤr jede Erweiterung des Helleniſchen Namens, und je kuͤhner ein einzelner Punkt der Nation in das Barbarenland vorgeworfen war, um deſto mehr be- durfte er dieſes Hortes, und um deſto mehr Dichtun- 1 Steph. Byz. Ἀκέλη. 2 S. Bd. 1. S. 293. 3 S. die Muͤnzen. 4 bei Schol. Apoll. 1, 131, Die Genealogie iſt hernach auch auf Hylas uͤbergetragen worden. In der Sparta- niſchen Fabel war Elakatos (Soſibios bei Heſych Ἠλακάτια) Her. παιδικά. 5 Vgl. beſonders die Fragmente von Soſitheos Ly- tierſes mit Eichſtaͤdts Anmerkungen, und oben S. 347. 29 *

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/481>, abgerufen am 18.04.2024.