Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

diese geographische Erörterung auf ein geschichtliches
Ergebniß gekommen. Wir werden bewogen anzuneh-
men, daß die Dorier allmälig von Hestiaeotis
nach dem Oeta hinüberwanderten, hier zuerst den
äußersten Winkel des Bergthals besetzten, und von da
sich allmälig weiter gegen die Küste auch über Dryo-
pis ausdehnten. So pflegte es wohl zu geschehen,
daß der Stamm nicht auf einmal, sondern allgemach
nach den Gegenden vorrückte, welche einzelne Theile
desselben schon früher eingenommen hatten 1.

4.

Die Dryoper, deren Geschichtsfragmente wir
hier einweben, sind ein ureinwohnendes Volk, welches
man Pelasgisch nennen kann, Aristoteles und Andre
geben ihm einen Arkadischen Ursprung 2. Die Ver-
wandtschaft mit den Arkadern wird durch den Dryopi-
schen Dienst der Demeter Chthonia, Kora Meliboea
und des Hades Klymenos bestätigt, welcher dem von
Phigalia, Thelpusa und andern in Arkadien sehr nahe
steht 3. Sie wohnten als Nachbarn der Malier, so
daß sie in die Ebene des Spercheios hineinreichten,
über den Oeta hinüber, und auf der andern Seite bis
an den Parnaß hinan 4; nach Osten erstreckten sich

1 Nach Str. 9, 434. gab es eine Dryopische Tetrapolis, wie eine
Dorische.
2 bei Str. 373. Die Schol. Apoll. 1, 1283. haben
eine Genealogie: Lykaon--Dia--Dryops. Daraus Tzetz. Lyk. 480.
und Etymol. M. 288, 32. Anders indeß Pherekydes bei den
Schol.
3 S. Buch 2. K. 11.
4 Nachbarn der Malier u. der
Myrmidonischen Achaeer, Pherekyd. bei Schol. Ap. 1, 1283. S
93. 107. Sturz. Aristot. a. O. An dem Parnaß, Aristot. und
Paus. 4, 34, 6. Lukoreitais omoroi. Die metoikesis vom
Spercheios nach Trachis ist blos eine Verwirrung in den Schol.
Apoll. Kallimachos hatte nur von der Wanderung nach dem Pelo-
ponnes geredet, Schol. Paris. Claviers (zu Apollod. S. 323.)
Critik ist sehr unkritisch. Dryops, Spercheios Sohn, am Oeta,
nach Antonin. Lib. 32.

dieſe geographiſche Eroͤrterung auf ein geſchichtliches
Ergebniß gekommen. Wir werden bewogen anzuneh-
men, daß die Dorier allmaͤlig von Heſtiaeotis
nach dem Oeta hinuͤberwanderten, hier zuerſt den
aͤußerſten Winkel des Bergthals beſetzten, und von da
ſich allmaͤlig weiter gegen die Kuͤſte auch uͤber Dryo-
pis ausdehnten. So pflegte es wohl zu geſchehen,
daß der Stamm nicht auf einmal, ſondern allgemach
nach den Gegenden vorruͤckte, welche einzelne Theile
deſſelben ſchon fruͤher eingenommen hatten 1.

4.

Die Dryoper, deren Geſchichtsfragmente wir
hier einweben, ſind ein ureinwohnendes Volk, welches
man Pelasgiſch nennen kann, Ariſtoteles und Andre
geben ihm einen Arkadiſchen Urſprung 2. Die Ver-
wandtſchaft mit den Arkadern wird durch den Dryopi-
ſchen Dienſt der Demeter Chthonia, Kora Meliboea
und des Hades Klymenos beſtaͤtigt, welcher dem von
Phigalia, Thelpuſa und andern in Arkadien ſehr nahe
ſteht 3. Sie wohnten als Nachbarn der Malier, ſo
daß ſie in die Ebene des Spercheios hineinreichten,
uͤber den Oeta hinuͤber, und auf der andern Seite bis
an den Parnaß hinan 4; nach Oſten erſtreckten ſich

1 Nach Str. 9, 434. gab es eine Dryopiſche Tetrapolis, wie eine
Doriſche.
2 bei Str. 373. Die Schol. Apoll. 1, 1283. haben
eine Genealogie: Lykaon—Dia—Dryops. Daraus Tzetz. Lyk. 480.
und Etymol. M. 288, 32. Anders indeß Pherekydes bei den
Schol.
3 S. Buch 2. K. 11.
4 Nachbarn der Malier u. der
Myrmidoniſchen Achaeer, Pherekyd. bei Schol. Ap. 1, 1283. S
93. 107. Sturz. Ariſtot. a. O. An dem Parnaß, Ariſtot. und
Pauſ. 4, 34, 6. Λυκωϱείταις ὅμοϱοι. Die μετοίκησις vom
Spercheios nach Trachis iſt blos eine Verwirrung in den Schol.
Apoll. Kallimachos hatte nur von der Wanderung nach dem Pelo-
ponnes geredet, Schol. Paris. Claviers (zu Apollod. S. 323.)
Critik iſt ſehr unkritiſch. Dryops, Spercheios Sohn, am Oeta,
nach Antonin. Lib. 32.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0071" n="41"/>
die&#x017F;e geographi&#x017F;che Ero&#x0364;rterung auf ein ge&#x017F;chichtliches<lb/>
Ergebniß gekommen. Wir werden bewogen anzuneh-<lb/>
men, daß die Dorier <hi rendition="#g">allma&#x0364;lig</hi> von He&#x017F;tiaeotis<lb/>
nach dem Oeta hinu&#x0364;berwanderten, hier zuer&#x017F;t den<lb/>
a&#x0364;ußer&#x017F;ten Winkel des Bergthals be&#x017F;etzten, und von da<lb/>
&#x017F;ich allma&#x0364;lig weiter gegen die Ku&#x0364;&#x017F;te auch u&#x0364;ber Dryo-<lb/>
pis ausdehnten. So pflegte es wohl zu ge&#x017F;chehen,<lb/>
daß der Stamm nicht auf einmal, &#x017F;ondern allgemach<lb/>
nach den Gegenden vorru&#x0364;ckte, welche einzelne Theile<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben &#x017F;chon fru&#x0364;her eingenommen hatten <note place="foot" n="1">Nach Str. 9, 434. gab es eine Dryopi&#x017F;che Tetrapolis, wie eine<lb/>
Dori&#x017F;che.</note>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>4.</head><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#g">Dryoper</hi>, deren Ge&#x017F;chichtsfragmente wir<lb/>
hier einweben, &#x017F;ind ein ureinwohnendes Volk, welches<lb/>
man Pelasgi&#x017F;ch nennen kann, Ari&#x017F;toteles und Andre<lb/>
geben ihm einen Arkadi&#x017F;chen Ur&#x017F;prung <note place="foot" n="2">bei Str. 373. Die Schol. Apoll. 1, 1283. haben<lb/>
eine Genealogie: Lykaon&#x2014;Dia&#x2014;Dryops. Daraus Tzetz. Lyk. 480.<lb/>
und Etymol. M. 288, 32. Anders indeß Pherekydes bei den<lb/>
Schol.</note>. Die Ver-<lb/>
wandt&#x017F;chaft mit den Arkadern wird durch den Dryopi-<lb/>
&#x017F;chen Dien&#x017F;t der Demeter Chthonia, Kora Meliboea<lb/>
und des Hades Klymenos be&#x017F;ta&#x0364;tigt, welcher dem von<lb/>
Phigalia, Thelpu&#x017F;a und andern in Arkadien &#x017F;ehr nahe<lb/>
&#x017F;teht <note place="foot" n="3">S. Buch 2. K. 11.</note>. Sie wohnten als Nachbarn der Malier, &#x017F;o<lb/>
daß &#x017F;ie in die Ebene des Spercheios hineinreichten,<lb/>
u&#x0364;ber den Oeta hinu&#x0364;ber, und auf der andern Seite bis<lb/>
an den Parnaß hinan <note place="foot" n="4">Nachbarn der Malier u. der<lb/>
Myrmidoni&#x017F;chen Achaeer, Pherekyd. bei Schol. Ap. 1, 1283. S<lb/>
93. 107. Sturz. Ari&#x017F;tot. a. O. An dem Parnaß, Ari&#x017F;tot. und<lb/>
Pau&#x017F;. 4, 34, 6. &#x039B;&#x03C5;&#x03BA;&#x03C9;&#x03F1;&#x03B5;&#x03AF;&#x03C4;&#x03B1;&#x03B9;&#x03C2; &#x1F45;&#x03BC;&#x03BF;&#x03F1;&#x03BF;&#x03B9;. Die &#x03BC;&#x03B5;&#x03C4;&#x03BF;&#x03AF;&#x03BA;&#x03B7;&#x03C3;&#x03B9;&#x03C2; vom<lb/>
Spercheios nach Trachis i&#x017F;t blos eine Verwirrung in den Schol.<lb/>
Apoll. Kallimachos hatte nur von der Wanderung nach dem Pelo-<lb/>
ponnes geredet, Schol. Paris. Claviers (zu Apollod. S. 323.)<lb/>
Critik i&#x017F;t &#x017F;ehr unkriti&#x017F;ch. Dryops, Spercheios Sohn, am Oeta,<lb/>
nach Antonin. Lib. 32.</note>; nach O&#x017F;ten er&#x017F;treckten &#x017F;ich<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0071] dieſe geographiſche Eroͤrterung auf ein geſchichtliches Ergebniß gekommen. Wir werden bewogen anzuneh- men, daß die Dorier allmaͤlig von Heſtiaeotis nach dem Oeta hinuͤberwanderten, hier zuerſt den aͤußerſten Winkel des Bergthals beſetzten, und von da ſich allmaͤlig weiter gegen die Kuͤſte auch uͤber Dryo- pis ausdehnten. So pflegte es wohl zu geſchehen, daß der Stamm nicht auf einmal, ſondern allgemach nach den Gegenden vorruͤckte, welche einzelne Theile deſſelben ſchon fruͤher eingenommen hatten 1. 4. Die Dryoper, deren Geſchichtsfragmente wir hier einweben, ſind ein ureinwohnendes Volk, welches man Pelasgiſch nennen kann, Ariſtoteles und Andre geben ihm einen Arkadiſchen Urſprung 2. Die Ver- wandtſchaft mit den Arkadern wird durch den Dryopi- ſchen Dienſt der Demeter Chthonia, Kora Meliboea und des Hades Klymenos beſtaͤtigt, welcher dem von Phigalia, Thelpuſa und andern in Arkadien ſehr nahe ſteht 3. Sie wohnten als Nachbarn der Malier, ſo daß ſie in die Ebene des Spercheios hineinreichten, uͤber den Oeta hinuͤber, und auf der andern Seite bis an den Parnaß hinan 4; nach Oſten erſtreckten ſich 1 Nach Str. 9, 434. gab es eine Dryopiſche Tetrapolis, wie eine Doriſche. 2 bei Str. 373. Die Schol. Apoll. 1, 1283. haben eine Genealogie: Lykaon—Dia—Dryops. Daraus Tzetz. Lyk. 480. und Etymol. M. 288, 32. Anders indeß Pherekydes bei den Schol. 3 S. Buch 2. K. 11. 4 Nachbarn der Malier u. der Myrmidoniſchen Achaeer, Pherekyd. bei Schol. Ap. 1, 1283. S 93. 107. Sturz. Ariſtot. a. O. An dem Parnaß, Ariſtot. und Pauſ. 4, 34, 6. Λυκωϱείταις ὅμοϱοι. Die μετοίκησις vom Spercheios nach Trachis iſt blos eine Verwirrung in den Schol. Apoll. Kallimachos hatte nur von der Wanderung nach dem Pelo- ponnes geredet, Schol. Paris. Claviers (zu Apollod. S. 323.) Critik iſt ſehr unkritiſch. Dryops, Spercheios Sohn, am Oeta, nach Antonin. Lib. 32.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/71
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/71>, abgerufen am 20.04.2024.