In Athen nannte man einen derben und durch- fallenden Spaß einen Megarischen1, womit man ohne Zweifel auf eine bestimmt ausgesprochne Neigung dieses Volkstammes zur Komik zielte. Diese Annahme wird dadurch bestätigt, daß die Megarer gegen die Athener behaupteten, die Erfindung der Komödie sei ihr Werk 2, und wahrscheinlich mit Recht, wenn man den Begriff der Erfindung überhaupt für die Entste- hung von Gattungen der Poesie anwendbar findet, die aus gewissen Richtungen des Gefühls und alten Fest- gebräuchen so allmälig hervorgingen, daß es schwer oder unmöglich ist, einen Anfangspunkt für den künst- lerischen Betrieb derselben festzustellen. Daß aber für Athen die Megarer die nächsten Vorgänger waren,
1 Arist. Wespen 57. Myrtilos en Titanopaisi bei Aspasios zu Aristot. Eth. an Nikom. 4, 2, 20. fol. 53 B. Ald. Eupolis Prospaltiois bei Schol. Arist. Wesp. a. O. vgl. noch über gelos Megarikos, Diogen. Prov. 4, 88. Vatic. 1, 46. Apostol. 6, 2. Was Aristot. a. O. erzählt, betrifft blos den unpassenden und thö- rigten Aufwand eines Megarischen Choregen für Komödie bei der Ausschmückung des Theaters.
2 Aristot. Poet. 3. Aspasios a. O.
7.
1.
In Athen nannte man einen derben und durch- fallenden Spaß einen Megariſchen1, womit man ohne Zweifel auf eine beſtimmt ausgeſprochne Neigung dieſes Volkſtammes zur Komik zielte. Dieſe Annahme wird dadurch beſtaͤtigt, daß die Megarer gegen die Athener behaupteten, die Erfindung der Komoͤdie ſei ihr Werk 2, und wahrſcheinlich mit Recht, wenn man den Begriff der Erfindung uͤberhaupt fuͤr die Entſte- hung von Gattungen der Poëſie anwendbar findet, die aus gewiſſen Richtungen des Gefuͤhls und alten Feſt- gebraͤuchen ſo allmaͤlig hervorgingen, daß es ſchwer oder unmoͤglich iſt, einen Anfangspunkt fuͤr den kuͤnſt- leriſchen Betrieb derſelben feſtzuſtellen. Daß aber fuͤr Athen die Megarer die naͤchſten Vorgaͤnger waren,
1 Ariſt. Weſpen 57. Myrtilos ἐν Τιτανόπαισι bei Aſpaſios zu Ariſtot. Eth. an Nikom. 4, 2, 20. fol. 53 B. Ald. Eupolis Πϱοσπαλτίοις bei Schol. Ariſt. Weſp. a. O. vgl. noch uͤber γέλως Μεγαϱικός, Diogen. Prov. 4, 88. Vatic. 1, 46. Apoſtol. 6, 2. Was Ariſtot. a. O. erzaͤhlt, betrifft blos den unpaſſenden und thoͤ- rigten Aufwand eines Megariſchen Choregen fuͤr Komoͤdie bei der Ausſchmuͤckung des Theaters.
2 Ariſtot. Poët. 3. Aſpaſios a. O.
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7.
1.
In Athen nannte man einen derben und durch-
fallenden Spaß einen Megariſchen 1, womit man
ohne Zweifel auf eine beſtimmt ausgeſprochne Neigung
dieſes Volkſtammes zur Komik zielte. Dieſe Annahme
wird dadurch beſtaͤtigt, daß die Megarer gegen die
Athener behaupteten, die Erfindung der Komoͤdie ſei
ihr Werk 2, und wahrſcheinlich mit Recht, wenn man
den Begriff der Erfindung uͤberhaupt fuͤr die Entſte-
hung von Gattungen der Poëſie anwendbar findet, die
aus gewiſſen Richtungen des Gefuͤhls und alten Feſt-
gebraͤuchen ſo allmaͤlig hervorgingen, daß es ſchwer
oder unmoͤglich iſt, einen Anfangspunkt fuͤr den kuͤnſt-
leriſchen Betrieb derſelben feſtzuſtellen. Daß aber fuͤr
Athen die Megarer die naͤchſten Vorgaͤnger waren,
1 Ariſt. Weſpen 57. Myrtilos ἐν Τιτανόπαισι bei Aſpaſios
zu Ariſtot. Eth. an Nikom. 4, 2, 20. fol. 53 B. Ald. Eupolis
Πϱοσπαλτίοις bei Schol. Ariſt. Weſp. a. O. vgl. noch uͤber γέλως
Μεγαϱικός, Diogen. Prov. 4, 88. Vatic. 1, 46. Apoſtol. 6, 2.
Was Ariſtot. a. O. erzaͤhlt, betrifft blos den unpaſſenden und thoͤ-
rigten Aufwand eines Megariſchen Choregen fuͤr Komoͤdie bei der
Ausſchmuͤckung des Theaters.
2 Ariſtot. Poët. 3. Aſpaſios
a. O.
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/355>, abgerufen am 28.03.2024.
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