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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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3.
1.

Wir trennen von dem Stande der Periöken aufs
genaueste das ganz verschiedene Verhältniß der Helo-
tie; für welches wir keinen andern Ausdruck haben,
als Leibeigenschaft, mit der das der Periöken
nicht die geringste Verwandtschaft hat 1. Ueber die
Entstehung dieses Verhältnisses sagt die gewöhnliche
Nachricht: die Einwohner der Seestadt Helos seien nach
einem Aufstande gegen die schon herrschenden Dorier
zu Sparta in diese Erniedrigung gerathen 2. Allein
diese beruht blos auf einer Etymologie, und einer we-
nig probabeln, da man von Elos auf keine Weise
einen Gentilnamen Eilos ableiten kann. Dieses Wort
ist vielmehr deutlich ein altes Perfectparticip von ELO
in passiver Bedeutung, und bezeichnet also die Gefan-
genen 3. Vielleicht die mit dem Schwerdt in der Hand

1 Ueber die Helotie vgl. außer den bekannteren Schr. Ca-
peronnier Mem. de l'Ac. d. J. 23. p. 271. Schläger Dissert.
Helmst. 1730.
2 Ephor. bei Str. 8. S. 365. nach Valkenaers
Aenderung. Theopomp bei Athen. 6, 272. Schon Hellanikos bei
Harpokr. eiloteuein 15 S. 54 St.; indeß ist es zweifelhaft, ob die
Etymol. dort aus Hellan. ist. vgl. Steph. Byz.
3 Man
kannte diese Ableitung im Alterthum z. B. Schol. Plat. Alkib.
I. p. 78 R. Apostol. 7, 62. Eilotes oi ex aikhmaloton
douloi. So kommt auch Dmos von damao (DEMO). Denn
die dmoes, die in großer Anzahl (murioi, Od. 17, 422.
19, 78.) zu dem oikos jedes anax gehören (1, 397. 7,
III. 3

3.
1.

Wir trennen von dem Stande der Perioͤken aufs
genaueſte das ganz verſchiedene Verhaͤltniß der Helo-
tie; fuͤr welches wir keinen andern Ausdruck haben,
als Leibeigenſchaft, mit der das der Perioͤken
nicht die geringſte Verwandtſchaft hat 1. Ueber die
Entſtehung dieſes Verhaͤltniſſes ſagt die gewoͤhnliche
Nachricht: die Einwohner der Seeſtadt Helos ſeien nach
einem Aufſtande gegen die ſchon herrſchenden Dorier
zu Sparta in dieſe Erniedrigung gerathen 2. Allein
dieſe beruht blos auf einer Etymologie, und einer we-
nig probabeln, da man von Ἕλος auf keine Weiſe
einen Gentilnamen Εἵλως ableiten kann. Dieſes Wort
iſt vielmehr deutlich ein altes Perfectparticip von ΕΛΩ
in paſſiver Bedeutung, und bezeichnet alſo die Gefan-
genen 3. Vielleicht die mit dem Schwerdt in der Hand

1 Ueber die Helotie vgl. außer den bekannteren Schr. Ca-
peronnier Mem. de l’Ac. d. J. 23. p. 271. Schlaͤger Dissert.
Helmſt. 1730.
2 Ephor. bei Str. 8. S. 365. nach Valkenaers
Aenderung. Theopomp bei Athen. 6, 272. Schon Hellanikos bei
Harpokr. εἱλωτεύειν 15 S. 54 St.; indeß iſt es zweifelhaft, ob die
Etymol. dort aus Hellan. iſt. vgl. Steph. Byz.
3 Man
kannte dieſe Ableitung im Alterthum z. B. Schol. Plat. Alkib.
I. p. 78 R. Apoſtol. 7, 62. Εἵλωτες οἱ ἐξ αἰχμαλώτων
δοῦλοι. So kommt auch Δμῶς von δαμάω (ΔΕΜΩ). Denn
die δμῶες, die in großer Anzahl (μύϱιοι, Od. 17, 422.
19, 78.) zu dem οἶκος jedes ἄναξ gehoͤren (1, 397. 7,
III. 3
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[33/0039] 3. 1. Wir trennen von dem Stande der Perioͤken aufs genaueſte das ganz verſchiedene Verhaͤltniß der Helo- tie; fuͤr welches wir keinen andern Ausdruck haben, als Leibeigenſchaft, mit der das der Perioͤken nicht die geringſte Verwandtſchaft hat 1. Ueber die Entſtehung dieſes Verhaͤltniſſes ſagt die gewoͤhnliche Nachricht: die Einwohner der Seeſtadt Helos ſeien nach einem Aufſtande gegen die ſchon herrſchenden Dorier zu Sparta in dieſe Erniedrigung gerathen 2. Allein dieſe beruht blos auf einer Etymologie, und einer we- nig probabeln, da man von Ἕλος auf keine Weiſe einen Gentilnamen Εἵλως ableiten kann. Dieſes Wort iſt vielmehr deutlich ein altes Perfectparticip von ΕΛΩ in paſſiver Bedeutung, und bezeichnet alſo die Gefan- genen 3. Vielleicht die mit dem Schwerdt in der Hand 1 Ueber die Helotie vgl. außer den bekannteren Schr. Ca- peronnier Mem. de l’Ac. d. J. 23. p. 271. Schlaͤger Dissert. Helmſt. 1730. 2 Ephor. bei Str. 8. S. 365. nach Valkenaers Aenderung. Theopomp bei Athen. 6, 272. Schon Hellanikos bei Harpokr. εἱλωτεύειν 15 S. 54 St.; indeß iſt es zweifelhaft, ob die Etymol. dort aus Hellan. iſt. vgl. Steph. Byz. 3 Man kannte dieſe Ableitung im Alterthum z. B. Schol. Plat. Alkib. I. p. 78 R. Apoſtol. 7, 62. Εἵλωτες οἱ ἐξ αἰχμαλώτων δοῦλοι. So kommt auch Δμῶς von δαμάω (ΔΕΜΩ). Denn die δμῶες, die in großer Anzahl (μύϱιοι, Od. 17, 422. 19, 78.) zu dem οἶκος jedes ἄναξ gehoͤren (1, 397. 7, III. 3

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/39>, abgerufen am 29.03.2024.