Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

kehr, über den Markt gesetzt werden 1. Der Markt,
als Mittelpunkt des Verkehrs, war kein unbedeuten-
der Gegenstand der Aufsicht 2; hier mußte jeder
Spartiat den Ertrag seines Gutes in Korn zum Theil
verkaufen, und in andere Bedürfnisse umsetzen; es gab
eine besondere Ehrlosigkeit, nicht kaufen und verkau-
fen zu dürfen 3; Jüngeren war auch dies untersagt;
in den Trauertagen für den König war der Markt da-
für geschlossen und mit Spreu bestreut 4. Der Tag,
an welchem Kinadon, nach Xenophons 5 Beschreibung,
heimlich die Gemüther der niedern Stände zu entzün-
den suchte, war offenbar ein Markt- und, wie ich
meine, zugleich großer Gerichtstag. Ein König, die
Ephoren, die Geronten und gegen vierzig Spartiaten
(Homöen) befinden sich auf dem Markte, alle wahr-
scheinlich in amtlicher Thätigkeit, aber außerdem an
viertausend Menschen, meist Periöken und Heloten,
grös[t]entheils mit Kauf und Verkauf beschäftigt, wie
man daraus ersieht, daß an einer Stelle des Marktes
eine große Menge eiserner Waaren aufgehäuft liegt.
Darüber also waren die Ephoren ephoroi, und hatten
deswegen hier ihre beständigen Sitze 6 und ihr arkheion.

Die Fünfzahl 7 des Collegiums der Ephoren, wel-
che dasselbe mit einigen andern Magistraten Sparta's
gemein hat 8, scheint an sich schon, wie wir oben ver-

1 Der Markt hieß auch in altattischen Gesetzen ephoria.
Demosth. g. Aristokr. p. 630. Und nach Etym. Gud. sind ephoroi
oi ta ton poleon onia episkeptomenoi.
2 Vgl. Herod. 1, 153.
3 Th. 5, 34.
4 oben S. 93, 4.
5 Hell. 3, 3, 5.
6 Aelian V. G. 2, 15.
7 S. Tittmann S. 107, 4., wo
auch einige abweichende Angaben bemerkt.
8 Auch ernannte
öfter Sparta für außerordentliche Fälle fünf Richter, wie über den
Besitz von Salamis, über das Schicksal der Platder, Thuk. 3, 521.
So viele auch die Jasier um die Processe der Kalymnier zu ent-
scheiden. Chandl. Inscr. p. 21. LVIII.

kehr, uͤber den Markt geſetzt werden 1. Der Markt,
als Mittelpunkt des Verkehrs, war kein unbedeuten-
der Gegenſtand der Aufſicht 2; hier mußte jeder
Spartiat den Ertrag ſeines Gutes in Korn zum Theil
verkaufen, und in andere Beduͤrfniſſe umſetzen; es gab
eine beſondere Ehrloſigkeit, nicht kaufen und verkau-
fen zu duͤrfen 3; Juͤngeren war auch dies unterſagt;
in den Trauertagen fuͤr den Koͤnig war der Markt da-
fuͤr geſchloſſen und mit Spreu beſtreut 4. Der Tag,
an welchem Kinadon, nach Xenophons 5 Beſchreibung,
heimlich die Gemuͤther der niedern Staͤnde zu entzuͤn-
den ſuchte, war offenbar ein Markt- und, wie ich
meine, zugleich großer Gerichtstag. Ein Koͤnig, die
Ephoren, die Geronten und gegen vierzig Spartiaten
(Homoͤen) befinden ſich auf dem Markte, alle wahr-
ſcheinlich in amtlicher Thaͤtigkeit, aber außerdem an
viertauſend Menſchen, meiſt Perioͤken und Heloten,
groͤſ[t]entheils mit Kauf und Verkauf beſchaͤftigt, wie
man daraus erſieht, daß an einer Stelle des Marktes
eine große Menge eiſerner Waaren aufgehaͤuft liegt.
Daruͤber alſo waren die Ephoren ἔφοροι, und hatten
deswegen hier ihre beſtaͤndigen Sitze 6 und ihr ἀρχεῖον.

Die Fuͤnfzahl 7 des Collegiums der Ephoren, wel-
che daſſelbe mit einigen andern Magiſtraten Sparta’s
gemein hat 8, ſcheint an ſich ſchon, wie wir oben ver-

1 Der Markt hieß auch in altattiſchen Geſetzen ἐφοϱία.
Demoſth. g. Ariſtokr. p. 630. Und nach Etym. Gud. ſind ἔφοϱοι
οἱ τὰ τῶν πόλεων ὤνια ἐπισκεπτόμενοι.
2 Vgl. Herod. 1, 153.
3 Th. 5, 34.
4 oben S. 93, 4.
5 Hell. 3, 3, 5.
6 Aelian V. G. 2, 15.
7 S. Tittmann S. 107, 4., wo
auch einige abweichende Angaben bemerkt.
8 Auch ernannte
oͤfter Sparta fuͤr außerordentliche Faͤlle fuͤnf Richter, wie uͤber den
Beſitz von Salamis, uͤber das Schickſal der Platder, Thuk. 3, 521.
So viele auch die Jaſier um die Proceſſe der Kalymnier zu ent-
ſcheiden. Chandl. Inscr. p. 21. LVIII.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0122" n="116"/>
kehr, u&#x0364;ber den <hi rendition="#g">Markt</hi> ge&#x017F;etzt werden <note place="foot" n="1">Der Markt hieß auch in altatti&#x017F;chen Ge&#x017F;etzen <hi rendition="#g">&#x1F10;&#x03C6;&#x03BF;&#x03F1;&#x03AF;&#x03B1;</hi>.<lb/>
Demo&#x017F;th. g. Ari&#x017F;tokr. <hi rendition="#aq">p.</hi> 630. Und nach <hi rendition="#aq">Etym. Gud.</hi> &#x017F;ind &#x1F14;&#x03C6;&#x03BF;&#x03F1;&#x03BF;&#x03B9;<lb/>
&#x03BF;&#x1F31; &#x03C4;&#x1F70; &#x03C4;&#x1FF6;&#x03BD; &#x03C0;&#x03CC;&#x03BB;&#x03B5;&#x03C9;&#x03BD; &#x1F64;&#x03BD;&#x03B9;&#x03B1; &#x1F10;&#x03C0;&#x03B9;&#x03C3;&#x03BA;&#x03B5;&#x03C0;&#x03C4;&#x03CC;&#x03BC;&#x03B5;&#x03BD;&#x03BF;&#x03B9;.</note>. Der Markt,<lb/>
als Mittelpunkt des Verkehrs, war kein unbedeuten-<lb/>
der Gegen&#x017F;tand der Auf&#x017F;icht <note place="foot" n="2">Vgl. Herod. 1, 153.</note>; hier mußte jeder<lb/>
Spartiat den Ertrag &#x017F;eines Gutes in Korn zum Theil<lb/>
verkaufen, und in andere Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e um&#x017F;etzen; es gab<lb/>
eine be&#x017F;ondere Ehrlo&#x017F;igkeit, nicht kaufen und verkau-<lb/>
fen zu du&#x0364;rfen <note place="foot" n="3">Th. 5, 34.</note>; Ju&#x0364;ngeren war auch dies unter&#x017F;agt;<lb/>
in den Trauertagen fu&#x0364;r den Ko&#x0364;nig war der Markt da-<lb/>
fu&#x0364;r ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en und mit Spreu be&#x017F;treut <note place="foot" n="4">oben S. 93, 4.</note>. Der Tag,<lb/>
an welchem Kinadon, nach Xenophons <note place="foot" n="5">Hell. 3, 3, 5.</note> Be&#x017F;chreibung,<lb/>
heimlich die Gemu&#x0364;ther der niedern Sta&#x0364;nde zu entzu&#x0364;n-<lb/>
den &#x017F;uchte, war offenbar ein Markt- und, wie ich<lb/>
meine, zugleich großer Gerichtstag. Ein Ko&#x0364;nig, die<lb/>
Ephoren, die Geronten und gegen vierzig Spartiaten<lb/>
(Homo&#x0364;en) befinden &#x017F;ich auf dem Markte, alle wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlich in amtlicher Tha&#x0364;tigkeit, aber außerdem an<lb/>
viertau&#x017F;end Men&#x017F;chen, mei&#x017F;t Perio&#x0364;ken und Heloten,<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;<supplied>t</supplied>entheils mit Kauf und Verkauf be&#x017F;cha&#x0364;ftigt, wie<lb/>
man daraus er&#x017F;ieht, daß an einer Stelle des Marktes<lb/>
eine große Menge ei&#x017F;erner Waaren aufgeha&#x0364;uft liegt.<lb/>
Daru&#x0364;ber al&#x017F;o waren die Ephoren &#x1F14;&#x03C6;&#x03BF;&#x03C1;&#x03BF;&#x03B9;, und hatten<lb/>
deswegen hier ihre be&#x017F;ta&#x0364;ndigen Sitze <note place="foot" n="6">Aelian V. G. 2, 15.</note> und ihr &#x1F00;&#x03C1;&#x03C7;&#x03B5;&#x1FD6;&#x03BF;&#x03BD;.</p><lb/>
            <p>Die Fu&#x0364;nfzahl <note place="foot" n="7">S. Tittmann S. 107, 4., wo<lb/>
auch einige abweichende Angaben bemerkt.</note> des Collegiums der Ephoren, wel-<lb/>
che da&#x017F;&#x017F;elbe mit einigen andern Magi&#x017F;traten Sparta&#x2019;s<lb/>
gemein hat <note place="foot" n="8">Auch ernannte<lb/>
o&#x0364;fter Sparta fu&#x0364;r außerordentliche Fa&#x0364;lle fu&#x0364;nf Richter, wie u&#x0364;ber den<lb/>
Be&#x017F;itz von Salamis, u&#x0364;ber das Schick&#x017F;al der Platder, Thuk. 3, 521.<lb/>
So viele auch die Ja&#x017F;ier um die Proce&#x017F;&#x017F;e der Kalymnier zu ent-<lb/>
&#x017F;cheiden. Chandl. <hi rendition="#aq">Inscr. p. 21. LVIII.</hi></note>, &#x017F;cheint an &#x017F;ich &#x017F;chon, wie wir oben ver-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0122] kehr, uͤber den Markt geſetzt werden 1. Der Markt, als Mittelpunkt des Verkehrs, war kein unbedeuten- der Gegenſtand der Aufſicht 2; hier mußte jeder Spartiat den Ertrag ſeines Gutes in Korn zum Theil verkaufen, und in andere Beduͤrfniſſe umſetzen; es gab eine beſondere Ehrloſigkeit, nicht kaufen und verkau- fen zu duͤrfen 3; Juͤngeren war auch dies unterſagt; in den Trauertagen fuͤr den Koͤnig war der Markt da- fuͤr geſchloſſen und mit Spreu beſtreut 4. Der Tag, an welchem Kinadon, nach Xenophons 5 Beſchreibung, heimlich die Gemuͤther der niedern Staͤnde zu entzuͤn- den ſuchte, war offenbar ein Markt- und, wie ich meine, zugleich großer Gerichtstag. Ein Koͤnig, die Ephoren, die Geronten und gegen vierzig Spartiaten (Homoͤen) befinden ſich auf dem Markte, alle wahr- ſcheinlich in amtlicher Thaͤtigkeit, aber außerdem an viertauſend Menſchen, meiſt Perioͤken und Heloten, groͤſtentheils mit Kauf und Verkauf beſchaͤftigt, wie man daraus erſieht, daß an einer Stelle des Marktes eine große Menge eiſerner Waaren aufgehaͤuft liegt. Daruͤber alſo waren die Ephoren ἔφοροι, und hatten deswegen hier ihre beſtaͤndigen Sitze 6 und ihr ἀρχεῖον. Die Fuͤnfzahl 7 des Collegiums der Ephoren, wel- che daſſelbe mit einigen andern Magiſtraten Sparta’s gemein hat 8, ſcheint an ſich ſchon, wie wir oben ver- 1 Der Markt hieß auch in altattiſchen Geſetzen ἐφοϱία. Demoſth. g. Ariſtokr. p. 630. Und nach Etym. Gud. ſind ἔφοϱοι οἱ τὰ τῶν πόλεων ὤνια ἐπισκεπτόμενοι. 2 Vgl. Herod. 1, 153. 3 Th. 5, 34. 4 oben S. 93, 4. 5 Hell. 3, 3, 5. 6 Aelian V. G. 2, 15. 7 S. Tittmann S. 107, 4., wo auch einige abweichende Angaben bemerkt. 8 Auch ernannte oͤfter Sparta fuͤr außerordentliche Faͤlle fuͤnf Richter, wie uͤber den Beſitz von Salamis, uͤber das Schickſal der Platder, Thuk. 3, 521. So viele auch die Jaſier um die Proceſſe der Kalymnier zu ent- ſcheiden. Chandl. Inscr. p. 21. LVIII.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/122
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/122>, abgerufen am 29.03.2024.