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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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tien eine Aufsicht führten 1. Es sind darunter aber
hier nicht die einzelnen Speisegesellschaften, sondern
größere Vereinigungen gemeint; als Sparta durch
Agis wieder 4500 Häuser erhielt, waren solcher funf-
zehn 2; früher bei 9000 wohl dreißig: so ist es wohl
blos ein anderer Name für das selten vorkommende
Oba, und das Heer stand nach Stämmen, Phratrien,
und Geschlechtern. Dann stellten auch in frühern Zei-
ten die einzelnen Komen Sparta's Lochen für sich; wie
die Pitanaten im Perserkriege 3 und die Mesoaten 4.

5.

Unter den beiden Principien, auf welche die
Ordnung des Heers in Sparta gebaut wurde, war,
wie schon hieraus abzunehmen, das eine mehr der äl-
tern Zeit eigen, und später fast erloschen: ich meine
die innige Verbrüderung des Heers in allen seinen Thei-
len. Diese spricht der Name Enomotia aus, und auf
dieselbe führen manche andere merkwürdige Spuren,
wie das Zusammenstehen von Liebenden und Geliebten,
das in besondern Lagen das Gefühl aufs tiefste ergreifen
mußte, und das Opfer des Eros, das bei Spartiaten
wie Kretern die Schönsten vor der Schlacht verrichte-
ten: ein Zeichen einer Gesinnung, die wechselseitige
Neigung und Scham für die edelste Triebfeder der
Tapferkeit hält. Dauernder aber war das zweite
Princip: die strenge Pflicht der peitharkhia, des unbe-

1 Plut. Lyk. 12. Lak. Apophth. p. 221.
2 Plut. Agis 8.
3 oben S. 50.
4 Nach den Schol. Arist. Lysistr. 454. hatte
Sp. sechs Lochen, fünf werden gemeint: "Edolos, Sinis, Ari-
mas, Ploas, Mesoages. Der letzte ist gewiß MESOATES,
von den andern weiß ich nichts zu sagen. Auch die vier Lochen des
Königs sind räthselhaft (vgl. Schol. Acharn.), vielleicht nur ein an-
derer Ausdruck für die Mora des Königs (Xen. Staat 13, 6.) Fünf
(oder sechs) Lochen soll Sp. auch nach Aristoteles gehabt haben.
Photlos lokhoi, Hesych c. Intpp.

tien eine Aufſicht fuͤhrten 1. Es ſind darunter aber
hier nicht die einzelnen Speiſegeſellſchaften, ſondern
groͤßere Vereinigungen gemeint; als Sparta durch
Agis wieder 4500 Haͤuſer erhielt, waren ſolcher funf-
zehn 2; fruͤher bei 9000 wohl dreißig: ſo iſt es wohl
blos ein anderer Name fuͤr das ſelten vorkommende
Oba, und das Heer ſtand nach Staͤmmen, Phratrien,
und Geſchlechtern. Dann ſtellten auch in fruͤhern Zei-
ten die einzelnen Komen Sparta’s Lochen fuͤr ſich; wie
die Pitanaten im Perſerkriege 3 und die Meſoaten 4.

5.

Unter den beiden Principien, auf welche die
Ordnung des Heers in Sparta gebaut wurde, war,
wie ſchon hieraus abzunehmen, das eine mehr der aͤl-
tern Zeit eigen, und ſpaͤter faſt erloſchen: ich meine
die innige Verbruͤderung des Heers in allen ſeinen Thei-
len. Dieſe ſpricht der Name Enomotia aus, und auf
dieſelbe fuͤhren manche andere merkwuͤrdige Spuren,
wie das Zuſammenſtehen von Liebenden und Geliebten,
das in beſondern Lagen das Gefuͤhl aufs tiefſte ergreifen
mußte, und das Opfer des Eros, das bei Spartiaten
wie Kretern die Schoͤnſten vor der Schlacht verrichte-
ten: ein Zeichen einer Geſinnung, die wechſelſeitige
Neigung und Scham fuͤr die edelſte Triebfeder der
Tapferkeit haͤlt. Dauernder aber war das zweite
Princip: die ſtrenge Pflicht der πειθαϱχία, des unbe-

1 Plut. Lyk. 12. Lak. Apophth. p. 221.
2 Plut. Agis 8.
3 oben S. 50.
4 Nach den Schol. Ariſt. Lyſiſtr. 454. hatte
Sp. ſechs Lochen, fuͤnf werden gemeint: ῎Εδωλος, Σίνις, ̛Αϱί-
μας, Πλοὰς, Μεσοάγης. Der letzte iſt gewiß ΜΕΣΟΑΤΗΣ,
von den andern weiß ich nichts zu ſagen. Auch die vier Lochen des
Koͤnigs ſind raͤthſelhaft (vgl. Schol. Acharn.), vielleicht nur ein an-
derer Ausdruck fuͤr die Mora des Koͤnigs (Xen. Staat 13, 6.) Fuͤnf
(oder ſechs) Lochen ſoll Sp. auch nach Ariſtoteles gehabt haben.
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[238/0244] tien eine Aufſicht fuͤhrten 1. Es ſind darunter aber hier nicht die einzelnen Speiſegeſellſchaften, ſondern groͤßere Vereinigungen gemeint; als Sparta durch Agis wieder 4500 Haͤuſer erhielt, waren ſolcher funf- zehn 2; fruͤher bei 9000 wohl dreißig: ſo iſt es wohl blos ein anderer Name fuͤr das ſelten vorkommende Oba, und das Heer ſtand nach Staͤmmen, Phratrien, und Geſchlechtern. Dann ſtellten auch in fruͤhern Zei- ten die einzelnen Komen Sparta’s Lochen fuͤr ſich; wie die Pitanaten im Perſerkriege 3 und die Meſoaten 4. 5. Unter den beiden Principien, auf welche die Ordnung des Heers in Sparta gebaut wurde, war, wie ſchon hieraus abzunehmen, das eine mehr der aͤl- tern Zeit eigen, und ſpaͤter faſt erloſchen: ich meine die innige Verbruͤderung des Heers in allen ſeinen Thei- len. Dieſe ſpricht der Name Enomotia aus, und auf dieſelbe fuͤhren manche andere merkwuͤrdige Spuren, wie das Zuſammenſtehen von Liebenden und Geliebten, das in beſondern Lagen das Gefuͤhl aufs tiefſte ergreifen mußte, und das Opfer des Eros, das bei Spartiaten wie Kretern die Schoͤnſten vor der Schlacht verrichte- ten: ein Zeichen einer Geſinnung, die wechſelſeitige Neigung und Scham fuͤr die edelſte Triebfeder der Tapferkeit haͤlt. Dauernder aber war das zweite Princip: die ſtrenge Pflicht der πειθαϱχία, des unbe- 1 Plut. Lyk. 12. Lak. Apophth. p. 221. 2 Plut. Agis 8. 3 oben S. 50. 4 Nach den Schol. Ariſt. Lyſiſtr. 454. hatte Sp. ſechs Lochen, fuͤnf werden gemeint: ῎Εδωλος, Σίνις, ̛Αϱί- μας, Πλοὰς, Μεσοάγης. Der letzte iſt gewiß ΜΕΣΟΑΤΗΣ, von den andern weiß ich nichts zu ſagen. Auch die vier Lochen des Koͤnigs ſind raͤthſelhaft (vgl. Schol. Acharn.), vielleicht nur ein an- derer Ausdruck fuͤr die Mora des Koͤnigs (Xen. Staat 13, 6.) Fuͤnf (oder ſechs) Lochen ſoll Sp. auch nach Ariſtoteles gehabt haben. Photlos λὀχοι, Heſych c. Intpp.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/244>, abgerufen am 19.04.2024.