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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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ältern Vasengemälde zeigen indeß auch die Krieger
stets noch im Himation, welches gewöhnlich sehr fal-
tenlos und eng an den Körper angezogen erscheint 1.

Nun sagt Thukydides 2 von den Lakedämoniern, daß
sie zuerst eine einfachere Tracht angenom-
men
: wobei eine dem Historiker eigenthümliche Ansicht
zum Grunde liegt, als seien nämlich die linnenen, weit-
käuftigen, zierlich gefältelten Gewänder, wie sie in
Athen noch zur Zeit des Aristophanes altfränkische Leute
trugen, die ursprüngliche Griechische Kleidung gewesen:
wogegen wir ziemlich sicher wissen, daß diese Tracht
erst von den Joniern Asiens nach Athen herüber gekom-
men war 3, wo man sie aber um die Zeit des Pelo-
ponnesischen Krieges wieder verließ, und zur leichten
althellenischen zurückkehrte; mit Ausnahme jedoch der
Frauen, die sich zwar ehemals auch in Athen Dorisch
getragen, aber nun die Jonische Kleidung mit langen
Aermeln, weitem Faltenwurf, schleppendem Saume,
meist aus Linnen, beibehielten. Indessen hat Thuky-
dides doch darin Recht, daß die Lakonen sich vor allen
Hellenen durch einfache und kurze Gewänder auszeich-
neten; so war das Lakonische Himation 4, der Tribon 5,
von starkem Tuche und geringem Umfange 6, das Spar-

1 S. Tischb. 1, 29. Vases de Coghill 1. pl. 36.
2 1,
6. vgl. Dion. Hal. in Thuc. 9.
3 Minervae Poliadis
aedes p.
41.
4 Von den Lakonen auch damophanes genannt,
Hesych, weil man darin ausging.
5 vgl. Meurs. Misc. Lac.
1, 15. Manso 1, 2. S. 197. Der Tribon konnte auch (wie die
Chläna, oben S. 266, 4.) doppelt genommen und mit einer fibula
befestigt werden, Polyän 4, 14. Diese anständigere Art des Hima-
tions, die Chläna, kam in Sp. auch vor. Theopomp Kom. bei
Pollux 10, 27, 124. exomides phaulai der Lak. Aelian V. G. 9.
34.
6 Platon Protag. 342. Aristot. Eth. Nik. 4, 7. mit
Aspasios und dem Paris. Schol. p. 156 Zekl. vgl. das Kretikon
imatidion bei Hesych.

aͤltern Vaſengemaͤlde zeigen indeß auch die Krieger
ſtets noch im Himation, welches gewoͤhnlich ſehr fal-
tenlos und eng an den Koͤrper angezogen erſcheint 1.

Nun ſagt Thukydides 2 von den Lakedaͤmoniern, daß
ſie zuerſt eine einfachere Tracht angenom-
men
: wobei eine dem Hiſtoriker eigenthuͤmliche Anſicht
zum Grunde liegt, als ſeien naͤmlich die linnenen, weit-
kaͤuftigen, zierlich gefaͤltelten Gewaͤnder, wie ſie in
Athen noch zur Zeit des Ariſtophanes altfraͤnkiſche Leute
trugen, die urſpruͤngliche Griechiſche Kleidung geweſen:
wogegen wir ziemlich ſicher wiſſen, daß dieſe Tracht
erſt von den Joniern Aſiens nach Athen heruͤber gekom-
men war 3, wo man ſie aber um die Zeit des Pelo-
ponneſiſchen Krieges wieder verließ, und zur leichten
althelleniſchen zuruͤckkehrte; mit Ausnahme jedoch der
Frauen, die ſich zwar ehemals auch in Athen Doriſch
getragen, aber nun die Joniſche Kleidung mit langen
Aermeln, weitem Faltenwurf, ſchleppendem Saume,
meiſt aus Linnen, beibehielten. Indeſſen hat Thuky-
dides doch darin Recht, daß die Lakonen ſich vor allen
Hellenen durch einfache und kurze Gewaͤnder auszeich-
neten; ſo war das Lakoniſche Himation 4, der Tribon 5,
von ſtarkem Tuche und geringem Umfange 6, das Spar-

1 S. Tiſchb. 1, 29. Vases de Coghill 1. pl. 36.
2 1,
6. vgl. Dion. Hal. in Thuc. 9.
3 Minervae Poliadis
aedes p.
41.
4 Von den Lakonen auch δαμοφανὴς genannt,
Heſych, weil man darin ausging.
5 vgl. Meurſ. Misc. Lac.
1, 15. Manſo 1, 2. S. 197. Der Tribon konnte auch (wie die
Chlaͤna, oben S. 266, 4.) doppelt genommen und mit einer fibula
befeſtigt werden, Polyaͤn 4, 14. Dieſe anſtaͤndigere Art des Hima-
tions, die Chlaͤna, kam in Sp. auch vor. Theopomp Kom. bei
Pollux 10, 27, 124. ἐξωμἰδες φαῦλαι der Lak. Aelian V. G. 9.
34.
6 Platon Protag. 342. Ariſtot. Eth. Nik. 4, 7. mit
Aſpaſios und dem Pariſ. Schol. p. 156 Zekl. vgl. das Κϱητικὸν
ἱματὶδιον bei Heſych.
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[267/0273] aͤltern Vaſengemaͤlde zeigen indeß auch die Krieger ſtets noch im Himation, welches gewoͤhnlich ſehr fal- tenlos und eng an den Koͤrper angezogen erſcheint 1. Nun ſagt Thukydides 2 von den Lakedaͤmoniern, daß ſie zuerſt eine einfachere Tracht angenom- men: wobei eine dem Hiſtoriker eigenthuͤmliche Anſicht zum Grunde liegt, als ſeien naͤmlich die linnenen, weit- kaͤuftigen, zierlich gefaͤltelten Gewaͤnder, wie ſie in Athen noch zur Zeit des Ariſtophanes altfraͤnkiſche Leute trugen, die urſpruͤngliche Griechiſche Kleidung geweſen: wogegen wir ziemlich ſicher wiſſen, daß dieſe Tracht erſt von den Joniern Aſiens nach Athen heruͤber gekom- men war 3, wo man ſie aber um die Zeit des Pelo- ponneſiſchen Krieges wieder verließ, und zur leichten althelleniſchen zuruͤckkehrte; mit Ausnahme jedoch der Frauen, die ſich zwar ehemals auch in Athen Doriſch getragen, aber nun die Joniſche Kleidung mit langen Aermeln, weitem Faltenwurf, ſchleppendem Saume, meiſt aus Linnen, beibehielten. Indeſſen hat Thuky- dides doch darin Recht, daß die Lakonen ſich vor allen Hellenen durch einfache und kurze Gewaͤnder auszeich- neten; ſo war das Lakoniſche Himation 4, der Tribon 5, von ſtarkem Tuche und geringem Umfange 6, das Spar- 1 S. Tiſchb. 1, 29. Vases de Coghill 1. pl. 36. 2 1, 6. vgl. Dion. Hal. in Thuc. 9. 3 Minervae Poliadis aedes p. 41. 4 Von den Lakonen auch δαμοφανὴς genannt, Heſych, weil man darin ausging. 5 vgl. Meurſ. Misc. Lac. 1, 15. Manſo 1, 2. S. 197. Der Tribon konnte auch (wie die Chlaͤna, oben S. 266, 4.) doppelt genommen und mit einer fibula befeſtigt werden, Polyaͤn 4, 14. Dieſe anſtaͤndigere Art des Hima- tions, die Chlaͤna, kam in Sp. auch vor. Theopomp Kom. bei Pollux 10, 27, 124. ἐξωμἰδες φαῦλαι der Lak. Aelian V. G. 9. 34. 6 Platon Protag. 342. Ariſtot. Eth. Nik. 4, 7. mit Aſpaſios und dem Pariſ. Schol. p. 156 Zekl. vgl. das Κϱητικὸν ἱματὶδιον bei Heſych.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/273>, abgerufen am 25.04.2024.