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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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erkennung dieses Meisters in Sparta so allgemein ge-
worden, daß er auch den neuen Erfindungen seines
Geistes, namentlich der siebensaitigen Kithar 1, die
Sanktion der Gesetze verschaffte. Es scheint als wenn
hiedurch die frühere Musik völlig antiquirt worden sei,
daher von vorterpandrischen Musikern der Dorier, mit
Ausnahme jener alten Pythischen Nomossänger, Chry-
sothemis, Philammon, kein Name auf uns gekommen
ist. Denn die bisweilen für älter gehalten werden,
wie Thaletas, sind nach den sichersten Zeugnissen jün-
ger 2. Plutarch datirt die zweite Epoche der Musik
in Sparta von Thaletas dem Elyrier, dessen Kunst
ohne Zweifel von den alten Nomossängern des unmit-
telbar benachbarten Tarrha ausging 3, dann von Xenoda-
mos aus Kythera und Xenokritos dem Lokrer 4, wel-
che alle zusammen besonders Päane und Hyporchema-
ta dichteten, zugleich von Polymnestos dem Kolopho-
nier, und Sakadas dem Argeier, von denen dieser sich
in Elegieen und andern Melodieen zur Flöte, jener in
orthischen und dithyrambischen Weisen auszeichnete,
aber zugleich als Epiker und Elegiker Ruhm erwarb.
Sakadas blühte und siegte in den Pythien Olymp. 48,


11. p. 639. Plut. Musik. 42. Schol. Od. 3, 267. Buttm. Tzetz.
Chil. 1, 16. Marm. Par. ep. 35.
1 Obgleich er zuerst wegen der Ueberzahl der Saiten von
den Ephoren bestraft worden sein soll, Plut. Inst. Lac. p. 251 H.
Aber die Erzählung ist sehr verworren. Indeß scheint auch Athen.
14, 628 b.: daß die Sp. die Musik drei mal gerettet, darauf
anzuspielen.
2 Denn was die Schol. Od. 3, 267. und Eust.
zur Stelle von einem uralten Lakonen Demedokos, von einem Do-
rier Sipias, einem Lakonen Pharis, einem Spartiaten Proholos
um die Zeit der Heraklidenwanderung angeben, ist wohl kaum my-
thisch zu nennen.
3 S. oben Bd. 2. S. 207.
4 Vgl.
über diesen Böckh Expl. Pind. O. 10. p. 197.
III. 21

erkennung dieſes Meiſters in Sparta ſo allgemein ge-
worden, daß er auch den neuen Erfindungen ſeines
Geiſtes, namentlich der ſiebenſaitigen Kithar 1, die
Sanktion der Geſetze verſchaffte. Es ſcheint als wenn
hiedurch die fruͤhere Muſik voͤllig antiquirt worden ſei,
daher von vorterpandriſchen Muſikern der Dorier, mit
Ausnahme jener alten Pythiſchen Nomosſaͤnger, Chry-
ſothemis, Philammon, kein Name auf uns gekommen
iſt. Denn die bisweilen fuͤr aͤlter gehalten werden,
wie Thaletas, ſind nach den ſicherſten Zeugniſſen juͤn-
ger 2. Plutarch datirt die zweite Epoche der Muſik
in Sparta von Thaletas dem Elyrier, deſſen Kunſt
ohne Zweifel von den alten Nomosſaͤngern des unmit-
telbar benachbarten Tarrha ausging 3, dann von Xenoda-
mos aus Kythera und Xenokritos dem Lokrer 4, wel-
che alle zuſammen beſonders Paͤane und Hyporchema-
ta dichteten, zugleich von Polymneſtos dem Kolopho-
nier, und Sakadas dem Argeier, von denen dieſer ſich
in Elegieen und andern Melodieen zur Floͤte, jener in
orthiſchen und dithyrambiſchen Weiſen auszeichnete,
aber zugleich als Epiker und Elegiker Ruhm erwarb.
Sakadas bluͤhte und ſiegte in den Pythien Olymp. 48,


11. p. 639. Plut. Muſik. 42. Schol. Od. 3, 267. Buttm. Tzetz.
Chil. 1, 16. Marm. Par. ep. 35.
1 Obgleich er zuerſt wegen der Ueberzahl der Saiten von
den Ephoren beſtraft worden ſein ſoll, Plut. Inst. Lac. p. 251 H.
Aber die Erzaͤhlung iſt ſehr verworren. Indeß ſcheint auch Athen.
14, 628 b.: daß die Sp. die Muſik drei mal gerettet, darauf
anzuſpielen.
2 Denn was die Schol. Od. 3, 267. und Euſt.
zur Stelle von einem uralten Lakonen Demedokos, von einem Do-
rier Sipias, einem Lakonen Pharis, einem Spartiaten Proholos
um die Zeit der Heraklidenwanderung angeben, iſt wohl kaum my-
thiſch zu nennen.
3 S. oben Bd. 2. S. 207.
4 Vgl.
uͤber dieſen Boͤckh Expl. Pind. O. 10. p. 197.
III. 21
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[321/0327] erkennung dieſes Meiſters in Sparta ſo allgemein ge- worden, daß er auch den neuen Erfindungen ſeines Geiſtes, namentlich der ſiebenſaitigen Kithar 1, die Sanktion der Geſetze verſchaffte. Es ſcheint als wenn hiedurch die fruͤhere Muſik voͤllig antiquirt worden ſei, daher von vorterpandriſchen Muſikern der Dorier, mit Ausnahme jener alten Pythiſchen Nomosſaͤnger, Chry- ſothemis, Philammon, kein Name auf uns gekommen iſt. Denn die bisweilen fuͤr aͤlter gehalten werden, wie Thaletas, ſind nach den ſicherſten Zeugniſſen juͤn- ger 2. Plutarch datirt die zweite Epoche der Muſik in Sparta von Thaletas dem Elyrier, deſſen Kunſt ohne Zweifel von den alten Nomosſaͤngern des unmit- telbar benachbarten Tarrha ausging 3, dann von Xenoda- mos aus Kythera und Xenokritos dem Lokrer 4, wel- che alle zuſammen beſonders Paͤane und Hyporchema- ta dichteten, zugleich von Polymneſtos dem Kolopho- nier, und Sakadas dem Argeier, von denen dieſer ſich in Elegieen und andern Melodieen zur Floͤte, jener in orthiſchen und dithyrambiſchen Weiſen auszeichnete, aber zugleich als Epiker und Elegiker Ruhm erwarb. Sakadas bluͤhte und ſiegte in den Pythien Olymp. 48, 4 1 Obgleich er zuerſt wegen der Ueberzahl der Saiten von den Ephoren beſtraft worden ſein ſoll, Plut. Inst. Lac. p. 251 H. Aber die Erzaͤhlung iſt ſehr verworren. Indeß ſcheint auch Athen. 14, 628 b.: daß die Sp. die Muſik drei mal gerettet, darauf anzuſpielen. 2 Denn was die Schol. Od. 3, 267. und Euſt. zur Stelle von einem uralten Lakonen Demedokos, von einem Do- rier Sipias, einem Lakonen Pharis, einem Spartiaten Proholos um die Zeit der Heraklidenwanderung angeben, iſt wohl kaum my- thiſch zu nennen. 3 S. oben Bd. 2. S. 207. 4 Vgl. uͤber dieſen Boͤckh Expl. Pind. O. 10. p. 197. 4 11. p. 639. Plut. Muſik. 42. Schol. Od. 3, 267. Buttm. Tzetz. Chil. 1, 16. Marm. Par. ep. 35. III. 21

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/327>, abgerufen am 25.04.2024.