Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

bezeugen zwei Verse des alten Attischen Komikers Ek-
phantides:

Wohl stammt mein Lied aus Megara, die Komödie,
Doch was geschieht, ist keineswegs Megarisch plump. 1

Ekphantides, den Aristophanes, Kratinos und Andre
als roh und ungebildet verlachen 2, sieht seinerseits
wieder auf die herab, die die Komödie aus Megara
eingeführt; er will ihr zuerst den Charakter Attischer
Urbanität verleihen. Zu jenen Einführern gehört nach
den glaubwürdigsten und genauesten Nachrichten Su-
sarion, er war aus Tripodiskos, einer alten Kome des
Megarischen Landes, gebürtig 3: in Attika trat er in
dem Demos Ikaria auf 4, welcher gegen die Megari-
sche und Böotische Gränze hin lag 5, und seit alten Zei-
ten, nach dem Zeugniß der Mythen, ländliche Diony-
sosfeste feierte. Das aus dem Namen "Komodia, Ko-

1 Dies ist offenbar der Sinn der Verse bei Aspasios a. O.
Megarikes komodias asma dieim' ; eskhunomen (so nach dem Cod.
in Bibl. CCC.
bei Gaisford ad Hephaest. p. 97.) to drama Me-
garikon poiein. Der erste Vers ist in Unordnung, und zweifel-
haft, ob sie überhaupt so zusammen standen.
2 S. über ihn
Schneider ad Arist. Pol. 8, 6. Gaisf. a. O. besonders Naeke
Choeril. p. 51 sq. Ich halte ihn nach Aspasios und einigen an-
dern Hindeutungen für den ältesten Attischen Komiker, also für
älter als Chionides und Magnes, die nach der Anagr. Olump.
und nach Suid., jener Ol. 73. lebte, dieser ein jüngerer Zeitgenosse
des Epicharm war. Aristot. 3, 5. setzt sie freilich lange nach
Epicharm, und, wie es nach 5, 6. scheint, auch nach Krates, der
in Athen zuerst Komödien ordentlich componirt habe; was doch
jene beiden auch thaten: aber ich möchte bezweifeln, daß man mit
Aristot. Angaben auskommen könne.
3 Aspas. a. O. Schol.
zu Dionys. Thrax. in Bekkers An. Gr. 2. p. 748. vgl. Bentlei
Phalaridea p. 261.
4 Marm. Par. ep. 34. Klem. Alex.
Str. 1. p. 308.
5 Wie man aus Statius Theb. 12, 619.
abnehmen kann.

bezeugen zwei Verſe des alten Attiſchen Komikers Ek-
phantides:

Wohl ſtammt mein Lied aus Megara, die Komoͤdie,
Doch was geſchieht, iſt keineswegs Megariſch plump. 1

Ekphantides, den Ariſtophanes, Kratinos und Andre
als roh und ungebildet verlachen 2, ſieht ſeinerſeits
wieder auf die herab, die die Komoͤdie aus Megara
eingefuͤhrt; er will ihr zuerſt den Charakter Attiſcher
Urbanitaͤt verleihen. Zu jenen Einfuͤhrern gehoͤrt nach
den glaubwuͤrdigſten und genaueſten Nachrichten Su-
ſarion, er war aus Tripodiſkos, einer alten Kome des
Megariſchen Landes, gebuͤrtig 3: in Attika trat er in
dem Demos Ikaria auf 4, welcher gegen die Megari-
ſche und Boͤotiſche Graͤnze hin lag 5, und ſeit alten Zei-
ten, nach dem Zeugniß der Mythen, laͤndliche Diony-
ſosfeſte feierte. Das aus dem Namen „Komodia, Ko-

1 Dies iſt offenbar der Sinn der Verſe bei Aſpaſios a. O.
Μεγαϱικῆς κωμῳδίας ᾆσμα δίειμ᾽ · ᾐσχυνόμην (ſo nach dem Cod.
in Bibl. CCC.
bei Gaisford ad Hephaest. p. 97.) τὸ δϱᾶμα Με-
γαϱικὸν ποιεῖν. Der erſte Vers iſt in Unordnung, und zweifel-
haft, ob ſie uͤberhaupt ſo zuſammen ſtanden.
2 S. uͤber ihn
Schneider ad Arist. Pol. 8, 6. Gaisf. a. O. beſonders Naeke
Choeril. p. 51 sq. Ich halte ihn nach Aſpaſios und einigen an-
dern Hindeutungen fuͤr den aͤlteſten Attiſchen Komiker, alſo fuͤr
aͤlter als Chionides und Magnes, die nach der Ἀναγϱ. Ὀλυμπ.
und nach Suid., jener Ol. 73. lebte, dieſer ein juͤngerer Zeitgenoſſe
des Epicharm war. Ariſtot. 3, 5. ſetzt ſie freilich lange nach
Epicharm, und, wie es nach 5, 6. ſcheint, auch nach Krates, der
in Athen zuerſt Komoͤdien ordentlich componirt habe; was doch
jene beiden auch thaten: aber ich moͤchte bezweifeln, daß man mit
Ariſtot. Angaben auskommen koͤnne.
3 Aſpaſ. a. O. Schol.
zu Dionyſ. Thrax. in Bekkers An. Gr. 2. p. 748. vgl. Bentlei
Phalaridea p. 261.
4 Marm. Par. ep. 34. Klem. Alex.
Str. 1. p. 308.
5 Wie man aus Statius Theb. 12, 619.
abnehmen kann.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0356" n="350"/>
bezeugen zwei Ver&#x017F;e des alten Atti&#x017F;chen Komikers Ek-<lb/>
phantides:</p><lb/>
            <lg type="poem">
              <l>Wohl &#x017F;tammt mein Lied aus Megara, die Komo&#x0364;die,</l><lb/>
              <l>Doch was ge&#x017F;chieht, i&#x017F;t keineswegs Megari&#x017F;ch plump. <note place="foot" n="1">Dies i&#x017F;t offenbar der Sinn der Ver&#x017F;e bei A&#x017F;pa&#x017F;ios a. O.<lb/>
&#x039C;&#x03B5;&#x03B3;&#x03B1;&#x03F1;&#x03B9;&#x03BA;&#x1FC6;&#x03C2; &#x03BA;&#x03C9;&#x03BC;&#x1FF3;&#x03B4;&#x03AF;&#x03B1;&#x03C2; &#x1F86;&#x03C3;&#x03BC;&#x03B1; &#x03B4;&#x03AF;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BC;&#x1FBD; &#x0387; &#x1F90;&#x03C3;&#x03C7;&#x03C5;&#x03BD;&#x03CC;&#x03BC;&#x03B7;&#x03BD; (&#x017F;o nach dem <hi rendition="#aq">Cod.<lb/>
in Bibl. CCC.</hi> bei Gaisford <hi rendition="#aq">ad Hephaest. p.</hi> 97.) &#x03C4;&#x1F78; &#x03B4;&#x03F1;&#x1FB6;&#x03BC;&#x03B1; &#x039C;&#x03B5;-<lb/>
&#x03B3;&#x03B1;&#x03F1;&#x03B9;&#x03BA;&#x1F78;&#x03BD; &#x03C0;&#x03BF;&#x03B9;&#x03B5;&#x1FD6;&#x03BD;. Der er&#x017F;te Vers i&#x017F;t in Unordnung, und zweifel-<lb/>
haft, ob &#x017F;ie u&#x0364;berhaupt &#x017F;o zu&#x017F;ammen &#x017F;tanden.</note></l>
            </lg><lb/>
            <p>Ekphantides, den Ari&#x017F;tophanes, Kratinos und Andre<lb/>
als roh und ungebildet verlachen <note place="foot" n="2">S. u&#x0364;ber ihn<lb/>
Schneider <hi rendition="#aq">ad Arist. Pol.</hi> 8, 6. Gaisf. a. O. be&#x017F;onders Naeke<lb/><hi rendition="#aq">Choeril. p. 51 sq.</hi> Ich halte ihn nach A&#x017F;pa&#x017F;ios und einigen an-<lb/>
dern Hindeutungen fu&#x0364;r den a&#x0364;lte&#x017F;ten Atti&#x017F;chen Komiker, al&#x017F;o fu&#x0364;r<lb/>
a&#x0364;lter als Chionides und Magnes, die nach der &#x1F08;&#x03BD;&#x03B1;&#x03B3;&#x03F1;. &#x1F48;&#x03BB;&#x03C5;&#x03BC;&#x03C0;.<lb/>
und nach Suid., jener Ol. 73. lebte, die&#x017F;er ein ju&#x0364;ngerer Zeitgeno&#x017F;&#x017F;e<lb/>
des Epicharm war. Ari&#x017F;tot. 3, 5. &#x017F;etzt &#x017F;ie freilich <hi rendition="#g">lange nach</hi><lb/>
Epicharm, und, wie es nach 5, 6. &#x017F;cheint, auch nach Krates, der<lb/>
in Athen zuer&#x017F;t Komo&#x0364;dien ordentlich componirt habe; was doch<lb/>
jene beiden auch thaten: aber ich mo&#x0364;chte bezweifeln, daß man mit<lb/>
Ari&#x017F;tot. Angaben auskommen ko&#x0364;nne.</note>, &#x017F;ieht &#x017F;einer&#x017F;eits<lb/>
wieder auf die herab, die die Komo&#x0364;die aus Megara<lb/>
eingefu&#x0364;hrt; <hi rendition="#g">er</hi> will ihr zuer&#x017F;t den Charakter Atti&#x017F;cher<lb/>
Urbanita&#x0364;t verleihen. Zu jenen Einfu&#x0364;hrern geho&#x0364;rt nach<lb/>
den glaubwu&#x0364;rdig&#x017F;ten und genaue&#x017F;ten Nachrichten Su-<lb/>
&#x017F;arion, er war aus Tripodi&#x017F;kos, einer alten Kome des<lb/>
Megari&#x017F;chen Landes, gebu&#x0364;rtig <note place="foot" n="3">A&#x017F;pa&#x017F;. a. O. Schol.<lb/>
zu Diony&#x017F;. Thrax. in Bekkers <hi rendition="#aq">An. Gr. 2. p.</hi> 748. vgl. Bentlei<lb/><hi rendition="#aq">Phalaridea p.</hi> 261.</note>: in Attika trat er in<lb/>
dem Demos Ikaria auf <note place="foot" n="4"><hi rendition="#aq">Marm. Par. ep.</hi> 34. Klem. Alex.<lb/>
Str. 1. <hi rendition="#aq">p.</hi> 308.</note>, welcher gegen die Megari-<lb/>
&#x017F;che und Bo&#x0364;oti&#x017F;che Gra&#x0364;nze hin lag <note place="foot" n="5">Wie man aus Statius <hi rendition="#aq">Theb.</hi> 12, 619.<lb/>
abnehmen kann.</note>, und &#x017F;eit alten Zei-<lb/>
ten, nach dem Zeugniß der Mythen, la&#x0364;ndliche Diony-<lb/>
&#x017F;osfe&#x017F;te feierte. Das aus dem Namen &#x201E;Komodia, Ko-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[350/0356] bezeugen zwei Verſe des alten Attiſchen Komikers Ek- phantides: Wohl ſtammt mein Lied aus Megara, die Komoͤdie, Doch was geſchieht, iſt keineswegs Megariſch plump. 1 Ekphantides, den Ariſtophanes, Kratinos und Andre als roh und ungebildet verlachen 2, ſieht ſeinerſeits wieder auf die herab, die die Komoͤdie aus Megara eingefuͤhrt; er will ihr zuerſt den Charakter Attiſcher Urbanitaͤt verleihen. Zu jenen Einfuͤhrern gehoͤrt nach den glaubwuͤrdigſten und genaueſten Nachrichten Su- ſarion, er war aus Tripodiſkos, einer alten Kome des Megariſchen Landes, gebuͤrtig 3: in Attika trat er in dem Demos Ikaria auf 4, welcher gegen die Megari- ſche und Boͤotiſche Graͤnze hin lag 5, und ſeit alten Zei- ten, nach dem Zeugniß der Mythen, laͤndliche Diony- ſosfeſte feierte. Das aus dem Namen „Komodia, Ko- 1 Dies iſt offenbar der Sinn der Verſe bei Aſpaſios a. O. Μεγαϱικῆς κωμῳδίας ᾆσμα δίειμ᾽ · ᾐσχυνόμην (ſo nach dem Cod. in Bibl. CCC. bei Gaisford ad Hephaest. p. 97.) τὸ δϱᾶμα Με- γαϱικὸν ποιεῖν. Der erſte Vers iſt in Unordnung, und zweifel- haft, ob ſie uͤberhaupt ſo zuſammen ſtanden. 2 S. uͤber ihn Schneider ad Arist. Pol. 8, 6. Gaisf. a. O. beſonders Naeke Choeril. p. 51 sq. Ich halte ihn nach Aſpaſios und einigen an- dern Hindeutungen fuͤr den aͤlteſten Attiſchen Komiker, alſo fuͤr aͤlter als Chionides und Magnes, die nach der Ἀναγϱ. Ὀλυμπ. und nach Suid., jener Ol. 73. lebte, dieſer ein juͤngerer Zeitgenoſſe des Epicharm war. Ariſtot. 3, 5. ſetzt ſie freilich lange nach Epicharm, und, wie es nach 5, 6. ſcheint, auch nach Krates, der in Athen zuerſt Komoͤdien ordentlich componirt habe; was doch jene beiden auch thaten: aber ich moͤchte bezweifeln, daß man mit Ariſtot. Angaben auskommen koͤnne. 3 Aſpaſ. a. O. Schol. zu Dionyſ. Thrax. in Bekkers An. Gr. 2. p. 748. vgl. Bentlei Phalaridea p. 261. 4 Marm. Par. ep. 34. Klem. Alex. Str. 1. p. 308. 5 Wie man aus Statius Theb. 12, 619. abnehmen kann.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/356
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/356>, abgerufen am 23.04.2024.