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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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Timotheos, oben S. 323, 5., besonders Casaubonus,
sehr viel zusammengetragen haben. Ich führe nur von
der großen Menge der Beispiele an: epigelastar,
der Verspotter, Hesych, kalliar Affe (Hesych, vgl.
Böckh Expl. Pind. P. 2. p. 251.), killakter, onela-
tes, Pollux 7, 13, 56., sarir, Palmzweig, Hes.,
tir tis ebd. (wie in der Eleischen Wratra), palaior
bei Arist. Lys. 988., sior theos Hes., por pous ebd.,
nekur nekus ebd., bombur eine Art Flöte ebd. Ob in den
Beugefällen überall S mit R vertauscht werden konnte,
ist zweifelhaft, da außer der Wratra kein ächtes Mo-
nument und sehr wenige und dunkle Glossen darüber
Auskunft geben. Zu den letztern gehört am arkar für
ap arkhes nach Koens Conjectur p. 283., und das
Kretische teor für sou Hes., wo das Pronomen nach
der dritten declinirt ist, wie in emous, emeos, emeus bei
Epicharm. Apollon. de pron. 355 a. Buttmann 1.
S. 294. Uebrigens steht das Latein hier zwar weit
entfernt von diesem strengen Dorismus, aber berührt
ihn doch in manchen Punkten. So ist das Lak. -- ak-
ter lat. actor, und in gubernator hat man noch die
Dorische Form kubernater, und so in mehrern andern
Fällen. Dagegen herrscht in der hochdeutschen Sprache
der Rhotacismus, der indeß nach Grimm S. 802. 825.
erst nach und nach an die Stelle frühern SLauts ge-
treten war, und unser Artikel der entspricht sehr deut-
lich dem, der als der ursprüngliche Dorische angenom-
men werden muß, tor.

7.

Ungeachtet dieser fuga sibili -- der Quelle
fast aller §. 5 und 6. erwähnten Erscheinungen --
behielt doch der Dorische Dialekt in allen ersten Per-
sonen pluralis das S aus alter Sprache (wie das La-
teinische -- mus beweist, auch das Althochdeutsche hat
durchweg -- mes in dieser Person); und Lakonen, Me-
garer, Sikelioten sagten gleichmäßig ekomes, aporeo-
mes, und dgl. Ein S im Dorischen anstatt eines an-
dern ursprünglichen Consonants aufgenommen finden
wir wohl nur in der Vertauschung des Th mit S, und
auch dieser konnte das Bestreben zu Grunde liegen,
den raucheren Laut zu mildern und zu mäßigen. Die

Timotheos, oben S. 323, 5., beſonders Caſaubonus,
ſehr viel zuſammengetragen haben. Ich fuͤhre nur von
der großen Menge der Beiſpiele an: ἐπιγελαστὰρ,
der Verſpotter, Heſych, καλλίαϱ Affe (Heſych, vgl.
Boͤckh Expl. Pind. P. 2. p. 251.), κιλλακτὴρ, ὀνηλα-
τὴς, Pollux 7, 13, 56., σαρὶρ, Palmzweig, Heſ.,
τίϱ τίς ebd. (wie in der Eleiſchen Ϝρατϱα), παλαιὸρ
bei Ariſt. Lyſ. 988., σιὸρ ϑεὸς Heſ., πὸρ ποῦς ebd.,
νέκυϱ νέκυς ebd., βόμβυρ eine Art Floͤte ebd. Ob in den
Beugefaͤllen uͤberall Σ mit Ρ vertauſcht werden konnte,
iſt zweifelhaft, da außer der Ϝρατρα kein aͤchtes Mo-
nument und ſehr wenige und dunkle Gloſſen daruͤber
Auskunft geben. Zu den letztern gehoͤrt ἀμ̛ ἀρκᾶρ fuͤr
ἀπ̛ ἀρχῆς nach Koens Conjectur p. 283., und das
Kretiſche τέορ fuͤr σοῦ Heſ., wo das Pronomen nach
der dritten declinirt iſt, wie in ἐμοῦς, ἐμέος, ἐμεῦς bei
Epicharm. Apollon. de pron. 355 a. Buttmann 1.
S. 294. Uebrigens ſteht das Latein hier zwar weit
entfernt von dieſem ſtrengen Dorismus, aber beruͤhrt
ihn doch in manchen Punkten. So iſt das Lak. — ακ-
τὴϱ lat. actor, und in gubernator hat man noch die
Doriſche Form κυβεϱνατὴρ, und ſo in mehrern andern
Faͤllen. Dagegen herrſcht in der hochdeutſchen Sprache
der Rhotacismus, der indeß nach Grimm S. 802. 825.
erſt nach und nach an die Stelle fruͤhern SLauts ge-
treten war, und unſer Artikel der entſpricht ſehr deut-
lich dem, der als der urſpruͤngliche Doriſche angenom-
men werden muß, τόϱ.

7.

Ungeachtet dieſer fuga sibili — der Quelle
faſt aller §. 5 und 6. erwaͤhnten Erſcheinungen —
behielt doch der Doriſche Dialekt in allen erſten Per-
ſonen pluralis das Σ aus alter Sprache (wie das La-
teiniſche — mus beweist, auch das Althochdeutſche hat
durchweg — mês in dieſer Perſon); und Lakonen, Me-
garer, Sikelioten ſagten gleichmaͤßig ἥκομες, ἀποϱέο-
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dern urſpruͤnglichen Conſonants aufgenommen finden
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[523/0529] Timotheos, oben S. 323, 5., beſonders Caſaubonus, ſehr viel zuſammengetragen haben. Ich fuͤhre nur von der großen Menge der Beiſpiele an: ἐπιγελαστὰρ, der Verſpotter, Heſych, καλλίαϱ Affe (Heſych, vgl. Boͤckh Expl. Pind. P. 2. p. 251.), κιλλακτὴρ, ὀνηλα- τὴς, Pollux 7, 13, 56., σαρὶρ, Palmzweig, Heſ., τίϱ τίς ebd. (wie in der Eleiſchen Ϝρατϱα), παλαιὸρ bei Ariſt. Lyſ. 988., σιὸρ ϑεὸς Heſ., πὸρ ποῦς ebd., νέκυϱ νέκυς ebd., βόμβυρ eine Art Floͤte ebd. Ob in den Beugefaͤllen uͤberall Σ mit Ρ vertauſcht werden konnte, iſt zweifelhaft, da außer der Ϝρατρα kein aͤchtes Mo- nument und ſehr wenige und dunkle Gloſſen daruͤber Auskunft geben. Zu den letztern gehoͤrt ἀμ̛ ἀρκᾶρ fuͤr ἀπ̛ ἀρχῆς nach Koens Conjectur p. 283., und das Kretiſche τέορ fuͤr σοῦ Heſ., wo das Pronomen nach der dritten declinirt iſt, wie in ἐμοῦς, ἐμέος, ἐμεῦς bei Epicharm. Apollon. de pron. 355 a. Buttmann 1. S. 294. Uebrigens ſteht das Latein hier zwar weit entfernt von dieſem ſtrengen Dorismus, aber beruͤhrt ihn doch in manchen Punkten. So iſt das Lak. — ακ- τὴϱ lat. actor, und in gubernator hat man noch die Doriſche Form κυβεϱνατὴρ, und ſo in mehrern andern Faͤllen. Dagegen herrſcht in der hochdeutſchen Sprache der Rhotacismus, der indeß nach Grimm S. 802. 825. erſt nach und nach an die Stelle fruͤhern SLauts ge- treten war, und unſer Artikel der entſpricht ſehr deut- lich dem, der als der urſpruͤngliche Doriſche angenom- men werden muß, τόϱ. 7. Ungeachtet dieſer fuga sibili — der Quelle faſt aller §. 5 und 6. erwaͤhnten Erſcheinungen — behielt doch der Doriſche Dialekt in allen erſten Per- ſonen pluralis das Σ aus alter Sprache (wie das La- teiniſche — mus beweist, auch das Althochdeutſche hat durchweg — mês in dieſer Perſon); und Lakonen, Me- garer, Sikelioten ſagten gleichmaͤßig ἥκομες, ἀποϱέο- μες, und dgl. Ein Σ im Doriſchen anſtatt eines an- dern urſpruͤnglichen Conſonants aufgenommen finden wir wohl nur in der Vertauſchung des Θ mit Σ, und auch dieſer konnte das Beſtreben zu Grunde liegen, den raucheren Laut zu mildern und zu maͤßigen. Die

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/529>, abgerufen am 23.04.2024.