Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

für eine Stadt die meisten Sklaven hätten nach den
Lakedämoniern 1, nöthigt nicht höher hinaufzugehen,
weil die größere Sklavenmenge sich von Aegina mit der
Freiheit verloren hatte, und Athen während des Krie-
ges auch gewiß nicht 200,000 besaß. Die Anzahl der
waffenfähigen Periöken würde nach der angegebenen
Proportion nur 16,000 betragen, aber man wird hier
annehmen müssen, daß eine größere Anzahl derselben
im Peloponnes zurückgeblieben war: denn da ihnen
30,000, freilich weit kleinere, Loose zugetheilt waren:
so müssen doch auch ziemlich eben so viel Familien gewe-
sen sein, und wir erhalten wenigstens gegen 120,000
Menschen, im Ganzen aber für die 170 oder 180
Quadratmeilen Lakoniens eine angemessene Bevölkerung
von 380,000 Seelen.

Aus dieser Berechnung folgt aber zugleich, daß
nach der zu ernährenden Volksmenge die Güter der
Spartiaten (politike khora) 2 gegen zwei Drittel des
gesammten Ackerlandes betragen mußten. Dies konn-
ten sie seit der Eroberung des fruchtbaren Messeniens
sehr wohl, nach welcher die Anzahl der kleroi ver-
doppelt 3, der Umfang vielleicht verhältnißmäßig noch
mehr ausgedehnt wurde. Denn als die Spartiaten
die Dorischen Messenier, wie es scheint, vertrieben
und das Land erobert hatten: traten zwar einige See-
und Landstädte (Asine, Mothone, Thuria, Aethäa) in
das Periöken-Verhältniß, aber der schönste Theil des
an Aeckern, Baumpflanzungen und Viehweiden so rei-
chen Landes 4 wurde Spartiatisch; und die zurückge-

1 8, 40.
2 Polyb. 6, 45.
3 nach der wahr-
scheinlichsien Angabe bei Plut. Lyk. 8. nach der Lykurg 4500 Loose
macht, und Polydoros eben so viel.
4 Platon Alkib. I. 122 d.
Tyrtäos bei dem Schol. p. 78 Ruhnk. und zu Gesetz. 1. p. 220.
vgl. Bd. 2. S. 70. Die Ebene am Pamisos giebt an manchen Stel-

fuͤr eine Stadt die meiſten Sklaven haͤtten nach den
Lakedaͤmoniern 1, noͤthigt nicht hoͤher hinaufzugehen,
weil die groͤßere Sklavenmenge ſich von Aegina mit der
Freiheit verloren hatte, und Athen waͤhrend des Krie-
ges auch gewiß nicht 200,000 beſaß. Die Anzahl der
waffenfaͤhigen Perioͤken wuͤrde nach der angegebenen
Proportion nur 16,000 betragen, aber man wird hier
annehmen muͤſſen, daß eine groͤßere Anzahl derſelben
im Peloponnes zuruͤckgeblieben war: denn da ihnen
30,000, freilich weit kleinere, Looſe zugetheilt waren:
ſo muͤſſen doch auch ziemlich eben ſo viel Familien gewe-
ſen ſein, und wir erhalten wenigſtens gegen 120,000
Menſchen, im Ganzen aber fuͤr die 170 oder 180
Quadratmeilen Lakoniens eine angemeſſene Bevoͤlkerung
von 380,000 Seelen.

Aus dieſer Berechnung folgt aber zugleich, daß
nach der zu ernaͤhrenden Volksmenge die Guͤter der
Spartiaten (πολιτικὴ χώϱα) 2 gegen zwei Drittel des
geſammten Ackerlandes betragen mußten. Dies konn-
ten ſie ſeit der Eroberung des fruchtbaren Meſſeniens
ſehr wohl, nach welcher die Anzahl der κλῆροι ver-
doppelt 3, der Umfang vielleicht verhaͤltnißmaͤßig noch
mehr ausgedehnt wurde. Denn als die Spartiaten
die Doriſchen Meſſenier, wie es ſcheint, vertrieben
und das Land erobert hatten: traten zwar einige See-
und Landſtaͤdte (Aſine, Mothone, Thuria, Aethaͤa) in
das Perioͤken-Verhaͤltniß, aber der ſchoͤnſte Theil des
an Aeckern, Baumpflanzungen und Viehweiden ſo rei-
chen Landes 4 wurde Spartiatiſch; und die zuruͤckge-

1 8, 40.
2 Polyb. 6, 45.
3 nach der wahr-
ſcheinlichſien Angabe bei Plut. Lyk. 8. nach der Lykurg 4500 Looſe
macht, und Polydoros eben ſo viel.
4 Platon Alkib. I. 122 d.
Tyrtaͤos bei dem Schol. p. 78 Ruhnk. und zu Geſetz. 1. p. 220.
vgl. Bd. 2. S. 70. Die Ebene am Pamiſos giebt an manchen Stel-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0053" n="47"/>
fu&#x0364;r eine Stadt die <hi rendition="#g">mei&#x017F;ten</hi> Sklaven ha&#x0364;tten nach den<lb/>
Lakeda&#x0364;moniern <note place="foot" n="1">8, 40.</note>, no&#x0364;thigt nicht ho&#x0364;her hinaufzugehen,<lb/>
weil die gro&#x0364;ßere Sklavenmenge &#x017F;ich von Aegina mit der<lb/>
Freiheit verloren hatte, und Athen wa&#x0364;hrend des Krie-<lb/>
ges auch gewiß nicht 200,000 be&#x017F;aß. Die Anzahl der<lb/>
waffenfa&#x0364;higen Perio&#x0364;ken wu&#x0364;rde nach der angegebenen<lb/>
Proportion nur 16,000 betragen, aber man wird hier<lb/>
annehmen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, daß eine gro&#x0364;ßere Anzahl der&#x017F;elben<lb/>
im Peloponnes zuru&#x0364;ckgeblieben war: denn da ihnen<lb/>
30,000, freilich weit kleinere, Loo&#x017F;e zugetheilt waren:<lb/>
&#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en doch auch ziemlich eben &#x017F;o viel Familien gewe-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;ein, und wir erhalten wenig&#x017F;tens gegen 120,000<lb/>
Men&#x017F;chen, im Ganzen aber fu&#x0364;r die 170 oder 180<lb/>
Quadratmeilen Lakoniens eine angeme&#x017F;&#x017F;ene Bevo&#x0364;lkerung<lb/>
von 380,000 Seelen.</p><lb/>
            <p>Aus die&#x017F;er Berechnung folgt aber zugleich, daß<lb/>
nach der zu erna&#x0364;hrenden Volksmenge die Gu&#x0364;ter der<lb/>
Spartiaten (&#x03C0;&#x03BF;&#x03BB;&#x03B9;&#x03C4;&#x03B9;&#x03BA;&#x1F74; &#x03C7;&#x03CE;&#x03F1;&#x03B1;) <note place="foot" n="2">Polyb. 6, 45.</note> gegen zwei Drittel des<lb/>
ge&#x017F;ammten Ackerlandes betragen mußten. Dies konn-<lb/>
ten &#x017F;ie &#x017F;eit der Eroberung des fruchtbaren Me&#x017F;&#x017F;eniens<lb/>
&#x017F;ehr wohl, nach welcher die Anzahl der &#x03BA;&#x03BB;&#x1FC6;&#x03C1;&#x03BF;&#x03B9; ver-<lb/>
doppelt <note place="foot" n="3">nach der wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlich&#x017F;ien Angabe bei Plut. Lyk. 8. nach der Lykurg 4500 Loo&#x017F;e<lb/>
macht, und Polydoros eben &#x017F;o viel.</note>, der Umfang vielleicht verha&#x0364;ltnißma&#x0364;ßig noch<lb/>
mehr ausgedehnt wurde. Denn als die Spartiaten<lb/>
die Dori&#x017F;chen Me&#x017F;&#x017F;enier, wie es &#x017F;cheint, vertrieben<lb/>
und das Land erobert hatten: traten zwar einige See-<lb/>
und Land&#x017F;ta&#x0364;dte (A&#x017F;ine, Mothone, Thuria, Aetha&#x0364;a) in<lb/>
das Perio&#x0364;ken-Verha&#x0364;ltniß, aber der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Theil des<lb/>
an Aeckern, Baumpflanzungen und Viehweiden &#x017F;o rei-<lb/>
chen Landes <note xml:id="seg2pn_6_1" next="#seg2pn_6_2" place="foot" n="4">Platon Alkib. <hi rendition="#aq">I. 122 d.</hi><lb/>
Tyrta&#x0364;os bei dem Schol. <hi rendition="#aq">p.</hi> 78 Ruhnk. und zu Ge&#x017F;etz. 1. <hi rendition="#aq">p.</hi> 220.<lb/>
vgl. Bd. 2. S. 70. Die Ebene am Pami&#x017F;os giebt an manchen Stel-</note> wurde Spartiati&#x017F;ch; und die zuru&#x0364;ckge-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0053] fuͤr eine Stadt die meiſten Sklaven haͤtten nach den Lakedaͤmoniern 1, noͤthigt nicht hoͤher hinaufzugehen, weil die groͤßere Sklavenmenge ſich von Aegina mit der Freiheit verloren hatte, und Athen waͤhrend des Krie- ges auch gewiß nicht 200,000 beſaß. Die Anzahl der waffenfaͤhigen Perioͤken wuͤrde nach der angegebenen Proportion nur 16,000 betragen, aber man wird hier annehmen muͤſſen, daß eine groͤßere Anzahl derſelben im Peloponnes zuruͤckgeblieben war: denn da ihnen 30,000, freilich weit kleinere, Looſe zugetheilt waren: ſo muͤſſen doch auch ziemlich eben ſo viel Familien gewe- ſen ſein, und wir erhalten wenigſtens gegen 120,000 Menſchen, im Ganzen aber fuͤr die 170 oder 180 Quadratmeilen Lakoniens eine angemeſſene Bevoͤlkerung von 380,000 Seelen. Aus dieſer Berechnung folgt aber zugleich, daß nach der zu ernaͤhrenden Volksmenge die Guͤter der Spartiaten (πολιτικὴ χώϱα) 2 gegen zwei Drittel des geſammten Ackerlandes betragen mußten. Dies konn- ten ſie ſeit der Eroberung des fruchtbaren Meſſeniens ſehr wohl, nach welcher die Anzahl der κλῆροι ver- doppelt 3, der Umfang vielleicht verhaͤltnißmaͤßig noch mehr ausgedehnt wurde. Denn als die Spartiaten die Doriſchen Meſſenier, wie es ſcheint, vertrieben und das Land erobert hatten: traten zwar einige See- und Landſtaͤdte (Aſine, Mothone, Thuria, Aethaͤa) in das Perioͤken-Verhaͤltniß, aber der ſchoͤnſte Theil des an Aeckern, Baumpflanzungen und Viehweiden ſo rei- chen Landes 4 wurde Spartiatiſch; und die zuruͤckge- 1 8, 40. 2 Polyb. 6, 45. 3 nach der wahr- ſcheinlichſien Angabe bei Plut. Lyk. 8. nach der Lykurg 4500 Looſe macht, und Polydoros eben ſo viel. 4 Platon Alkib. I. 122 d. Tyrtaͤos bei dem Schol. p. 78 Ruhnk. und zu Geſetz. 1. p. 220. vgl. Bd. 2. S. 70. Die Ebene am Pamiſos giebt an manchen Stel-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/53
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/53>, abgerufen am 29.03.2024.