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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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4.
1.

Nachdem wir so die beiden Stände der Unterthä-
nigkeit in dem Dorischen Normalstaate Sparta auseinan-
der gestellt haben, werden wir die Spuren derselben
oder ähnlicher Verhältnisse in vielen der übrigen Staa-
ten dieses Volksstammes nachweisen. Da nun in Kreta
das Dorische Leben zuerst fest gegründet wurde, indem
hier glückliche Umstände dem Stamme einen reichlichen
Landbesitz und eine ungefährdete Herrschaft verschafft
hatten: so müssen auch die Verhältnisse zu den Landes-
einwohnern hier am frühesten zu einer stetigen Ordnung
geregelt worden sein, für die es ein günstiges Vorur-
theil erwecken muß, wenn Aristoteles von keiner Em-
pörung der Knechte gegen die Herren erfuhr 1. Der
Dorische Sinn forderte hier wie anderswo Freiheit von
jedem Nahrungsgeschäft, welchen Hybrias, der Kreter,
in seinem Skolion offen und keck so ausspricht, "daß
er mit Lanze, Schwerdt und Tartsche ackere, erndte
und winzere und darum Herr der Mnoia heiße" 2.
Aber auch hier mußten verschiedene Classen von Unter-

1 2, 6, 3. Ueber die Sklaven Kreta's Manso Sparta 1, 2.
S. 105. Ste Croix sur la legisl. de Crete p. 373. hat Alles
verwirrt.
2 Aehnlich sagten die Lakedämonier nach Cic. de
rep.
3, 9. (vgl. Plut. Lak. Apopht. p. 179. 201.) sprüchwörtlich
suos omnes agros, quos spiculo possent attingere.

4.
1.

Nachdem wir ſo die beiden Staͤnde der Unterthaͤ-
nigkeit in dem Doriſchen Normalſtaate Sparta auseinan-
der geſtellt haben, werden wir die Spuren derſelben
oder aͤhnlicher Verhaͤltniſſe in vielen der uͤbrigen Staa-
ten dieſes Volksſtammes nachweiſen. Da nun in Kreta
das Doriſche Leben zuerſt feſt gegruͤndet wurde, indem
hier gluͤckliche Umſtaͤnde dem Stamme einen reichlichen
Landbeſitz und eine ungefaͤhrdete Herrſchaft verſchafft
hatten: ſo muͤſſen auch die Verhaͤltniſſe zu den Landes-
einwohnern hier am fruͤheſten zu einer ſtetigen Ordnung
geregelt worden ſein, fuͤr die es ein guͤnſtiges Vorur-
theil erwecken muß, wenn Ariſtoteles von keiner Em-
poͤrung der Knechte gegen die Herren erfuhr 1. Der
Doriſche Sinn forderte hier wie anderswo Freiheit von
jedem Nahrungsgeſchaͤft, welchen Hybrias, der Kreter,
in ſeinem Skolion offen und keck ſo ausſpricht, “daß
er mit Lanze, Schwerdt und Tartſche ackere, erndte
und winzere und darum Herr der Mnoia heiße” 2.
Aber auch hier mußten verſchiedene Claſſen von Unter-

1 2, 6, 3. Ueber die Sklaven Kreta’s Manſo Sparta 1, 2.
S. 105. Ste Croix sur la legisl. de Crète p. 373. hat Alles
verwirrt.
2 Aehnlich ſagten die Lakedaͤmonier nach Cic. de
rep.
3, 9. (vgl. Plut. Lak. Apopht. p. 179. 201.) ſpruͤchwoͤrtlich
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[52/0058] 4. 1. Nachdem wir ſo die beiden Staͤnde der Unterthaͤ- nigkeit in dem Doriſchen Normalſtaate Sparta auseinan- der geſtellt haben, werden wir die Spuren derſelben oder aͤhnlicher Verhaͤltniſſe in vielen der uͤbrigen Staa- ten dieſes Volksſtammes nachweiſen. Da nun in Kreta das Doriſche Leben zuerſt feſt gegruͤndet wurde, indem hier gluͤckliche Umſtaͤnde dem Stamme einen reichlichen Landbeſitz und eine ungefaͤhrdete Herrſchaft verſchafft hatten: ſo muͤſſen auch die Verhaͤltniſſe zu den Landes- einwohnern hier am fruͤheſten zu einer ſtetigen Ordnung geregelt worden ſein, fuͤr die es ein guͤnſtiges Vorur- theil erwecken muß, wenn Ariſtoteles von keiner Em- poͤrung der Knechte gegen die Herren erfuhr 1. Der Doriſche Sinn forderte hier wie anderswo Freiheit von jedem Nahrungsgeſchaͤft, welchen Hybrias, der Kreter, in ſeinem Skolion offen und keck ſo ausſpricht, “daß er mit Lanze, Schwerdt und Tartſche ackere, erndte und winzere und darum Herr der Mnoia heiße” 2. Aber auch hier mußten verſchiedene Claſſen von Unter- 1 2, 6, 3. Ueber die Sklaven Kreta’s Manſo Sparta 1, 2. S. 105. Ste Croix sur la legisl. de Crète p. 373. hat Alles verwirrt. 2 Aehnlich ſagten die Lakedaͤmonier nach Cic. de rep. 3, 9. (vgl. Plut. Lak. Apopht. p. 179. 201.) ſpruͤchwoͤrtlich suos omnes agros, quos spiculo possent attingere.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/58>, abgerufen am 29.03.2024.