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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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Historischer Theil.
nach Prunk vereinigt, wie er auch die Litteratur der Zeit
3charakterisirt. Das damals allgemeine Ungenügen an
den väterlichen Religionen, die Vermischung verschie-
denartigen Aberglaubens, das Gefallen an Magie, Theo-
sophie brachte der Kunst in manchen Zweigen großes Ver-
4derben. Bedeutende Einwirkung hatte der Umstand, daß
ein Syrisches Priestergeschlecht eine Zeitlang den Römi-
5schen Kaiserthron innehatte. Syrien, Kleinasien waren
damals die blühendsten Provinzen, und ein von ihnen aus-
gehender Asiatischer Charakter wird, wie er in der Schrift-
stellerei herrscht, auch in den zeichnenden Künsten deutlich
wahrgenommen.

3. Der Isisdienst, der um 700 d. St. mit Gewalt einge-
drungen war und schon lange zum Deckmantel der Ausschweifungen
gedient hatte, nahm besonders durch die öffentliche Theilnahme von
Commodus u. Caracalla überhand. -- Der Mithrasdienst, ein
Gemisch Assyrischer und Persischer Religion, wurde durch die See-
räuber, vor Pompejus, zuerst in der Römischen Welt bekannt, in
Rom seit Domitianus, besonders seit Commodus Zeit einheimisch. --
Syrischer Cultus unter Nero beliebt, aber besonders seit Sep-
timius Severus. -- Chaldäische Genethliologie. Magische Amu-
lete, §. 206. Theurgische Philosophie. Vgl. Heyne Alexandri
Sev. Imp. religiones miscellas probantis iudicium,
beson-
ders Epim. vi. De artis fingendi et sculpendi corruptelis
ex religionibus peregrinis et superstitionibus profectis,
Opuscc. Acadd. vi. p.
273.

4. Auch für die Kunstgeschichte ist die Genealogie wichtig:

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Hiſtoriſcher Theil.
nach Prunk vereinigt, wie er auch die Litteratur der Zeit
3charakteriſirt. Das damals allgemeine Ungenuͤgen an
den vaͤterlichen Religionen, die Vermiſchung verſchie-
denartigen Aberglaubens, das Gefallen an Magie, Theo-
ſophie brachte der Kunſt in manchen Zweigen großes Ver-
4derben. Bedeutende Einwirkung hatte der Umſtand, daß
ein Syriſches Prieſtergeſchlecht eine Zeitlang den Roͤmi-
5ſchen Kaiſerthron innehatte. Syrien, Kleinaſien waren
damals die bluͤhendſten Provinzen, und ein von ihnen aus-
gehender Aſiatiſcher Charakter wird, wie er in der Schrift-
ſtellerei herrſcht, auch in den zeichnenden Kuͤnſten deutlich
wahrgenommen.

3. Der Iſisdienſt, der um 700 d. St. mit Gewalt einge-
drungen war und ſchon lange zum Deckmantel der Ausſchweifungen
gedient hatte, nahm beſonders durch die öffentliche Theilnahme von
Commodus u. Caracalla überhand. — Der Mithrasdienſt, ein
Gemiſch Aſſyriſcher und Perſiſcher Religion, wurde durch die See-
räuber, vor Pompejus, zuerſt in der Römiſchen Welt bekannt, in
Rom ſeit Domitianus, beſonders ſeit Commodus Zeit einheimiſch. —
Syriſcher Cultus unter Nero beliebt, aber beſonders ſeit Sep-
timius Severus. — Chaldäiſche Genethliologie. Magiſche Amu-
lete, §. 206. Theurgiſche Philoſophie. Vgl. Heyne Alexandri
Sev. Imp. religiones miscellas probantis iudicium,
beſon-
ders Epim. vi. De artis fingendi et sculpendi corruptelis
ex religionibus peregrinis et superstitionibus profectis,
Opuscc. Acadd. vi. p.
273.

4. Auch für die Kunſtgeſchichte iſt die Genealogie wichtig:

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[172/0194] Hiſtoriſcher Theil. nach Prunk vereinigt, wie er auch die Litteratur der Zeit charakteriſirt. Das damals allgemeine Ungenuͤgen an den vaͤterlichen Religionen, die Vermiſchung verſchie- denartigen Aberglaubens, das Gefallen an Magie, Theo- ſophie brachte der Kunſt in manchen Zweigen großes Ver- derben. Bedeutende Einwirkung hatte der Umſtand, daß ein Syriſches Prieſtergeſchlecht eine Zeitlang den Roͤmi- ſchen Kaiſerthron innehatte. Syrien, Kleinaſien waren damals die bluͤhendſten Provinzen, und ein von ihnen aus- gehender Aſiatiſcher Charakter wird, wie er in der Schrift- ſtellerei herrſcht, auch in den zeichnenden Kuͤnſten deutlich wahrgenommen. 3 4 5 3. Der Iſisdienſt, der um 700 d. St. mit Gewalt einge- drungen war und ſchon lange zum Deckmantel der Ausſchweifungen gedient hatte, nahm beſonders durch die öffentliche Theilnahme von Commodus u. Caracalla überhand. — Der Mithrasdienſt, ein Gemiſch Aſſyriſcher und Perſiſcher Religion, wurde durch die See- räuber, vor Pompejus, zuerſt in der Römiſchen Welt bekannt, in Rom ſeit Domitianus, beſonders ſeit Commodus Zeit einheimiſch. — Syriſcher Cultus unter Nero beliebt, aber beſonders ſeit Sep- timius Severus. — Chaldäiſche Genethliologie. Magiſche Amu- lete, §. 206. Theurgiſche Philoſophie. Vgl. Heyne Alexandri Sev. Imp. religiones miscellas probantis iudicium, beſon- ders Epim. vi. De artis fingendi et sculpendi corruptelis ex religionibus peregrinis et superstitionibus profectis, Opuscc. Acadd. vi. p. 273. 4. Auch für die Kunſtgeſchichte iſt die Genealogie wichtig: [Abbildung]

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/194>, abgerufen am 25.04.2024.