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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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Historischer Theil.
als der Hauptzweig derselben, galt, vernachläßigt, und
die Wandmahlerei als Dienerin des Luxus vorzugsweise
2geübt. Das Ausmahlen von Wohnhäusern und Gräbern
(auch dies war schon in Griechenland, wie in Etrurien,
3geübt worden) beschäftigte tausend Hände. Plinius un-
ter Vespasian betrachtet die Mahlerei als eine unterge-
4hende Kunst; er klagt, daß man mit den herrlichsten
Farben Nichts hervorbringe, was der Rede werth sei.
5Die Skenographie, welche besonders in Kleinasien eine
phantastische Richtung genommen hatte, in der sie
6allen Regeln der Architektonik Hohn sprach, wurde
nun, auf die Zimmerverzierung übergetragen, wo mög-
7lich noch willkührlicher ausgebildet; indem es grade der
einen Kunst Vergnügen zu machen scheint, bei der
Nachahmung einer andern sie zu überbieten und in ihr
8unzugängliche Reiche hinüberzuspielen. Zugleich wird in
Augustus Zeit die Landschaftsmahlerei von Ludius, nach
der Weise der antiken Welt, zu einer besondern Gat-
tung ausgebildet; Ludius mahlt als Zimmerverzierung
Villen und Hallen, Kunstgärten (topiaria opera), Parks,
Ströme, Canäle, Hafenstädte, Meeransichten; belebt durch
Personen bei ländlichen Geschäften und in allerlei komischen
9Lagen: sehr heitre und wohlgefällige Bilder. Auch in
allerlei Spielereien gefällt sich die Zeit; in Nero's gold-
nem Hause bewunderte man eine Pallas des Fabullus,
die Jeden ansah der nach ihr hinsah. Nero's 120 Fuß
hohes Bild auf Leinwand wird von Plinius mit Recht
zu den Tollheiten der Zeit gerechnet.

1. Mahler der Zeit. Ludius g. 730. Antistius La-
beo, vir praetorius, um 40 n. Chr. Turpilius Labeo Eq.
Rom.
um 50. Dorotheos 60. Fabullus (Amulius) der
Mahler der domus aurea (carcer eius artis) 60. Cornelius
Pinus, Accius Priscus, Wandmahler des T. Honoris et Vir-
tutis,
70. Artemidorus 80.

2. Paus. vii, 22, 4. beschreibt ein von Nikias ausgemahltes
Sepulcralmonument. Dies, und daß die Mahler der alt-Athenischen
Schule auch auf die Wände mahlten (man sieht nach Leake im

Hiſtoriſcher Theil.
als der Hauptzweig derſelben, galt, vernachlaͤßigt, und
die Wandmahlerei als Dienerin des Luxus vorzugsweiſe
2geuͤbt. Das Ausmahlen von Wohnhaͤuſern und Graͤbern
(auch dies war ſchon in Griechenland, wie in Etrurien,
3geuͤbt worden) beſchaͤftigte tauſend Haͤnde. Plinius un-
ter Veſpaſian betrachtet die Mahlerei als eine unterge-
4hende Kunſt; er klagt, daß man mit den herrlichſten
Farben Nichts hervorbringe, was der Rede werth ſei.
5Die Skenographie, welche beſonders in Kleinaſien eine
phantaſtiſche Richtung genommen hatte, in der ſie
6allen Regeln der Architektonik Hohn ſprach, wurde
nun, auf die Zimmerverzierung uͤbergetragen, wo moͤg-
7lich noch willkuͤhrlicher ausgebildet; indem es grade der
einen Kunſt Vergnuͤgen zu machen ſcheint, bei der
Nachahmung einer andern ſie zu uͤberbieten und in ihr
8unzugaͤngliche Reiche hinuͤberzuſpielen. Zugleich wird in
Auguſtus Zeit die Landſchaftsmahlerei von Ludius, nach
der Weiſe der antiken Welt, zu einer beſondern Gat-
tung ausgebildet; Ludius mahlt als Zimmerverzierung
Villen und Hallen, Kunſtgaͤrten (topiaria opera), Parks,
Stroͤme, Canaͤle, Hafenſtaͤdte, Meeranſichten; belebt durch
Perſonen bei laͤndlichen Geſchaͤften und in allerlei komiſchen
9Lagen: ſehr heitre und wohlgefaͤllige Bilder. Auch in
allerlei Spielereien gefaͤllt ſich die Zeit; in Nero’s gold-
nem Hauſe bewunderte man eine Pallas des Fabullus,
die Jeden anſah der nach ihr hinſah. Nero’s 120 Fuß
hohes Bild auf Leinwand wird von Plinius mit Recht
zu den Tollheiten der Zeit gerechnet.

1. Mahler der Zeit. Ludius g. 730. Antiſtius La-
beo, vir praetorius, um 40 n. Chr. Turpilius Labeo Eq.
Rom.
um 50. Dorotheos 60. Fabullus (Amulius) der
Mahler der domus aurea (carcer eius artis) 60. Cornelius
Pinus, Accius Priſcus, Wandmahler des T. Honoris et Vir-
tutis,
70. Artemidorus 80.

2. Pauſ. vii, 22, 4. beſchreibt ein von Nikias ausgemahltes
Sepulcralmonument. Dies, und daß die Mahler der alt-Atheniſchen
Schule auch auf die Wände mahlten (man ſieht nach Leake im

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[208/0230] Hiſtoriſcher Theil. als der Hauptzweig derſelben, galt, vernachlaͤßigt, und die Wandmahlerei als Dienerin des Luxus vorzugsweiſe geuͤbt. Das Ausmahlen von Wohnhaͤuſern und Graͤbern (auch dies war ſchon in Griechenland, wie in Etrurien, geuͤbt worden) beſchaͤftigte tauſend Haͤnde. Plinius un- ter Veſpaſian betrachtet die Mahlerei als eine unterge- hende Kunſt; er klagt, daß man mit den herrlichſten Farben Nichts hervorbringe, was der Rede werth ſei. Die Skenographie, welche beſonders in Kleinaſien eine phantaſtiſche Richtung genommen hatte, in der ſie allen Regeln der Architektonik Hohn ſprach, wurde nun, auf die Zimmerverzierung uͤbergetragen, wo moͤg- lich noch willkuͤhrlicher ausgebildet; indem es grade der einen Kunſt Vergnuͤgen zu machen ſcheint, bei der Nachahmung einer andern ſie zu uͤberbieten und in ihr unzugaͤngliche Reiche hinuͤberzuſpielen. Zugleich wird in Auguſtus Zeit die Landſchaftsmahlerei von Ludius, nach der Weiſe der antiken Welt, zu einer beſondern Gat- tung ausgebildet; Ludius mahlt als Zimmerverzierung Villen und Hallen, Kunſtgaͤrten (topiaria opera), Parks, Stroͤme, Canaͤle, Hafenſtaͤdte, Meeranſichten; belebt durch Perſonen bei laͤndlichen Geſchaͤften und in allerlei komiſchen Lagen: ſehr heitre und wohlgefaͤllige Bilder. Auch in allerlei Spielereien gefaͤllt ſich die Zeit; in Nero’s gold- nem Hauſe bewunderte man eine Pallas des Fabullus, die Jeden anſah der nach ihr hinſah. Nero’s 120 Fuß hohes Bild auf Leinwand wird von Plinius mit Recht zu den Tollheiten der Zeit gerechnet. 2 3 4 5 6 7 8 9 1. Mahler der Zeit. Ludius g. 730. Antiſtius La- beo, vir praetorius, um 40 n. Chr. Turpilius Labeo Eq. Rom. um 50. Dorotheos 60. Fabullus (Amulius) der Mahler der domus aurea (carcer eius artis) 60. Cornelius Pinus, Accius Priſcus, Wandmahler des T. Honoris et Vir- tutis, 70. Artemidorus 80. 2. Pauſ. vii, 22, 4. beſchreibt ein von Nikias ausgemahltes Sepulcralmonument. Dies, und daß die Mahler der alt-Atheniſchen Schule auch auf die Wände mahlten (man ſieht nach Leake im

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/230>, abgerufen am 28.03.2024.