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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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Historischer Theil.
p. 728. In Schus, wahrscheinlich Susa, findet sich auch jetzt
nichts als Haufen von Backsteinen, mitunter gefärbten. Kin-
neir Geographical Memoir of the Pers. empire. p. 100 sq.
Porter ii. p. 410. Hoeck Veteris Mediae et Persiae Mo-
num. p.
95.

1244. Der alte Stammsitz der Persischen Herrscher
war in Pasargadä, einer Flußebne im innern Persis,
die selbst von dem ersten und königlichen Stamme des
2Volks, nach Herodot, den Namen hatte. Dieser dadurch
geheiligte District, gleichsam die Metropole, aus der das
weitherrschende Königsgeschlecht hervorgegangen war, er-
hielt in der Blüthezeit des Persischen Reichs eine lange
Strecke von Anlagen, und darunter einen ältern Königs-
sitz, (arkhaia basileia) mit Kyros Grabmal, und eine
neuere Residenz, welche die Griechen Persepolis nann-
ten, während sie jener vorzugsweise den Namen Pasar-
3gadä gaben. Diese wird mit Sicherheit in den Ruinen
4Tschilminar oder Tacht Dschjemschid erkannt. Das
Material, der harte schwarzgraue Marmor des Gebürges
Rachmed, auf dessen Absenkung mit Hülfe mächtiger
Substruktionen diese Königsburg lag, hat hier die Zer-
störung der Architekturformen verhütet, obgleich auch nur
Wände und Säulen aus Stein, alles Gebälk und Dach-
werk dagegen ohne Zweifel aus überzogenem Cedernholz
war, womit die enorme Schlankheit der Säulen zusam-
5menhängt. Die Anlage steigt terrassenförmig empor;
starke Pforten, große Höfe mit Nebengebäuden, prächtige
Säulenhallen führten zu den am höchsten gelegenen in-
6neren Gemächern des Pallastes. Das Detail der Archi-
tektur zeigt eine Kunst, die sich eines reichen Vorraths
von Formen decorirender Art bemächtigt hat, aber nicht
sonderlich damit haushält; man findet die wahrscheinlich
in Asien weitverbreiteten (§. 54, 4.). Glieder und Zie-
rathen der Jonischen Ordnung wieder, aber durch Ueber-
häufung und seltsame Verbindung eines großen Theils
ihrer Reize beraubt.

Hiſtoriſcher Theil.
p. 728. In Schus, wahrſcheinlich Suſa, findet ſich auch jetzt
nichts als Haufen von Backſteinen, mitunter gefärbten. Kin-
neir Geographical Memoir of the Pers. empire. p. 100 sq.
Porter ii. p. 410. Hoeck Veteris Mediae et Persiae Mo-
num. p.
95.

1244. Der alte Stammſitz der Perſiſchen Herrſcher
war in Paſargadaͤ, einer Flußebne im innern Perſis,
die ſelbſt von dem erſten und koͤniglichen Stamme des
2Volks, nach Herodot, den Namen hatte. Dieſer dadurch
geheiligte Diſtrict, gleichſam die Metropole, aus der das
weitherrſchende Koͤnigsgeſchlecht hervorgegangen war, er-
hielt in der Bluͤthezeit des Perſiſchen Reichs eine lange
Strecke von Anlagen, und darunter einen aͤltern Koͤnigs-
ſitz, (ἀρχαῖα βασίλεια) mit Kyros Grabmal, und eine
neuere Reſidenz, welche die Griechen Perſepolis nann-
ten, waͤhrend ſie jener vorzugsweiſe den Namen Paſar-
3gadaͤ gaben. Dieſe wird mit Sicherheit in den Ruinen
4Tſchilminar oder Tacht Dſchjemſchid erkannt. Das
Material, der harte ſchwarzgraue Marmor des Gebuͤrges
Rachmed, auf deſſen Abſenkung mit Huͤlfe maͤchtiger
Subſtruktionen dieſe Koͤnigsburg lag, hat hier die Zer-
ſtoͤrung der Architekturformen verhuͤtet, obgleich auch nur
Waͤnde und Saͤulen aus Stein, alles Gebaͤlk und Dach-
werk dagegen ohne Zweifel aus uͤberzogenem Cedernholz
war, womit die enorme Schlankheit der Saͤulen zuſam-
5menhaͤngt. Die Anlage ſteigt terraſſenfoͤrmig empor;
ſtarke Pforten, große Hoͤfe mit Nebengebaͤuden, praͤchtige
Saͤulenhallen fuͤhrten zu den am hoͤchſten gelegenen in-
6neren Gemaͤchern des Pallaſtes. Das Detail der Archi-
tektur zeigt eine Kunſt, die ſich eines reichen Vorraths
von Formen decorirender Art bemaͤchtigt hat, aber nicht
ſonderlich damit haushaͤlt; man findet die wahrſcheinlich
in Aſien weitverbreiteten (§. 54, 4.). Glieder und Zie-
rathen der Joniſchen Ordnung wieder, aber durch Ueber-
haͤufung und ſeltſame Verbindung eines großen Theils
ihrer Reize beraubt.

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[268/0290] Hiſtoriſcher Theil. p. 728. In Schus, wahrſcheinlich Suſa, findet ſich auch jetzt nichts als Haufen von Backſteinen, mitunter gefärbten. Kin- neir Geographical Memoir of the Pers. empire. p. 100 sq. Porter ii. p. 410. Hoeck Veteris Mediae et Persiae Mo- num. p. 95. 244. Der alte Stammſitz der Perſiſchen Herrſcher war in Paſargadaͤ, einer Flußebne im innern Perſis, die ſelbſt von dem erſten und koͤniglichen Stamme des Volks, nach Herodot, den Namen hatte. Dieſer dadurch geheiligte Diſtrict, gleichſam die Metropole, aus der das weitherrſchende Koͤnigsgeſchlecht hervorgegangen war, er- hielt in der Bluͤthezeit des Perſiſchen Reichs eine lange Strecke von Anlagen, und darunter einen aͤltern Koͤnigs- ſitz, (ἀρχαῖα βασίλεια) mit Kyros Grabmal, und eine neuere Reſidenz, welche die Griechen Perſepolis nann- ten, waͤhrend ſie jener vorzugsweiſe den Namen Paſar- gadaͤ gaben. Dieſe wird mit Sicherheit in den Ruinen Tſchilminar oder Tacht Dſchjemſchid erkannt. Das Material, der harte ſchwarzgraue Marmor des Gebuͤrges Rachmed, auf deſſen Abſenkung mit Huͤlfe maͤchtiger Subſtruktionen dieſe Koͤnigsburg lag, hat hier die Zer- ſtoͤrung der Architekturformen verhuͤtet, obgleich auch nur Waͤnde und Saͤulen aus Stein, alles Gebaͤlk und Dach- werk dagegen ohne Zweifel aus uͤberzogenem Cedernholz war, womit die enorme Schlankheit der Saͤulen zuſam- menhaͤngt. Die Anlage ſteigt terraſſenfoͤrmig empor; ſtarke Pforten, große Hoͤfe mit Nebengebaͤuden, praͤchtige Saͤulenhallen fuͤhrten zu den am hoͤchſten gelegenen in- neren Gemaͤchern des Pallaſtes. Das Detail der Archi- tektur zeigt eine Kunſt, die ſich eines reichen Vorraths von Formen decorirender Art bemaͤchtigt hat, aber nicht ſonderlich damit haushaͤlt; man findet die wahrſcheinlich in Aſien weitverbreiteten (§. 54, 4.). Glieder und Zie- rathen der Joniſchen Ordnung wieder, aber durch Ueber- haͤufung und ſeltſame Verbindung eines großen Theils ihrer Reize beraubt. 1 2 3 4 5 6

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/290>, abgerufen am 25.04.2024.