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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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I. Tektonik. Geräthe.
pezai für die Kampfpreise (chryselephantin in Olympia, Q. de
Quincy p. 360.), viel auf Münzen. Die Tische von Rhenea
(Athen. xi, 486 e.) hängen mit den tricliniis aeratis von De-
los (Plin. xxxiv, 4. xxxiii, 51.) und den Schmausereien
der bauchdienerischen Delier (Athen. iv, 172) zusammen.


298. Genauer bekannt und für die Kenntniß der alten1
Kunst wichtiger sind die Gefäße für Flüßigkeiten. Als Ma-2
terial kommt Holz nur für ländlichen Gebrauch vor; die ge-3
wöhnlichsten waren gebrannte Erde und Metall (Korinthi-
sches Erz, cälirtes Silber), welche oft nach dem Maaße des
Vermögens bei demselben Gefäße stellvertretend abwechsel-
ten; die erhaltnen Marmorvasen sind wohl meist Nach-
ahmungen von metallnen. Die Formen werden durch den4
besondern Zweck des Gefäßes gegeben; wir unterscheiden
folgende Hauptbestimmungen. 1. Gefäße, welche für
kurze Zeit bedeutende Quantitäten aufnehmen sollen, die
man daraus im Kleinen schöpfen will, eingerichtet im
Mittelpunkt eines Gastmals festzustehn; woraus sich die
hohe, räumige, oben weit geöffnete Gestalt des krater
oder Mischkessels ergiebt. 2. Kleine Gefäße zum Schöpfen5
aus dem Krater in den Becher, aus Schälchen mit lan-
gen Griffen bestehend, Schöpfkellen, genannt arustikhos,
arutaina, aruster, kuathos, ähnlich dem altitalischen
simpulum. 3. Kännchen zum Eingießen, mit schma-6
lem Hals, weitem Henkel, spitzem Schnabel, prokhous.
4. Lange, schmale, dünnhalsige, henkellose Gefäße, um Oel7
oder eine andre Flüssigkeit heraustropfen zu lassen, le-
kuthos, auch epikhusis, guttus, genannt. 5. Flache8
schildähnliche Schalen, besonders um daraus unmittelbar
zu libiren, phiale (arguris, khrusis), patera, pa-
tella
. 6. Tiefere Bekken zum Handwaschen, khernips,9
kheroniptron, polubrum, trulla, aquiminale. Aehn-
lich die Sprenggefäße periRRanterion (auch der Spreng-
wedel hieß so), ardanion, kumbalon, praefericulum.

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I. Tektonik. Geraͤthe.
πεζαι für die Kampfpreiſe (chryſelephantin in Olympia, Q. de
Quincy p. 360.), viel auf Münzen. Die Tiſche von Rhenea
(Athen. xi, 486 e.) hängen mit den tricliniis aeratis von De-
los (Plin. xxxiv, 4. xxxiii, 51.) und den Schmauſereien
der bauchdieneriſchen Delier (Athen. iv, 172) zuſammen.


298. Genauer bekannt und fuͤr die Kenntniß der alten1
Kunſt wichtiger ſind die Gefaͤße fuͤr Fluͤßigkeiten. Als Ma-2
terial kommt Holz nur fuͤr laͤndlichen Gebrauch vor; die ge-3
woͤhnlichſten waren gebrannte Erde und Metall (Korinthi-
ſches Erz, caͤlirtes Silber), welche oft nach dem Maaße des
Vermoͤgens bei demſelben Gefaͤße ſtellvertretend abwechſel-
ten; die erhaltnen Marmorvaſen ſind wohl meiſt Nach-
ahmungen von metallnen. Die Formen werden durch den4
beſondern Zweck des Gefaͤßes gegeben; wir unterſcheiden
folgende Hauptbeſtimmungen. 1. Gefaͤße, welche fuͤr
kurze Zeit bedeutende Quantitaͤten aufnehmen ſollen, die
man daraus im Kleinen ſchoͤpfen will, eingerichtet im
Mittelpunkt eines Gaſtmals feſtzuſtehn; woraus ſich die
hohe, raͤumige, oben weit geoͤffnete Geſtalt des κρατὴρ
oder Miſchkeſſels ergiebt. 2. Kleine Gefaͤße zum Schoͤpfen5
aus dem Krater in den Becher, aus Schaͤlchen mit lan-
gen Griffen beſtehend, Schoͤpfkellen, genannt ἀρύστιχος,
ἀρύταινα, ἀρυστὴρ, κύαϑος, aͤhnlich dem altitaliſchen
simpulum. 3. Kaͤnnchen zum Eingießen, mit ſchma-6
lem Hals, weitem Henkel, ſpitzem Schnabel, πρόχους.
4. Lange, ſchmale, duͤnnhalſige, henkelloſe Gefaͤße, um Oel7
oder eine andre Fluͤſſigkeit heraustropfen zu laſſen, λή-
κυϑος, auch ἐπίχυσις, guttus, genannt. 5. Flache8
ſchildaͤhnliche Schalen, beſonders um daraus unmittelbar
zu libiren, φιάλη (ἀργυρὶς, χρυσίς), patera, pa-
tella
. 6. Tiefere Bekken zum Handwaſchen, χέρνιψ,9
χερόνιπτρον, polubrum, trulla, aquiminale. Aehn-
lich die Sprenggefaͤße περιῤῥαντήριον (auch der Spreng-
wedel hieß ſo), ἀρδάνιον, κύμβαλον, praefericulum.

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[355/0377] I. Tektonik. Geraͤthe. πεζαι für die Kampfpreiſe (chryſelephantin in Olympia, Q. de Quincy p. 360.), viel auf Münzen. Die Tiſche von Rhenea (Athen. xi, 486 e.) hängen mit den tricliniis aeratis von De- los (Plin. xxxiv, 4. xxxiii, 51.) und den Schmauſereien der bauchdieneriſchen Delier (Athen. iv, 172) zuſammen. 298. Genauer bekannt und fuͤr die Kenntniß der alten Kunſt wichtiger ſind die Gefaͤße fuͤr Fluͤßigkeiten. Als Ma- terial kommt Holz nur fuͤr laͤndlichen Gebrauch vor; die ge- woͤhnlichſten waren gebrannte Erde und Metall (Korinthi- ſches Erz, caͤlirtes Silber), welche oft nach dem Maaße des Vermoͤgens bei demſelben Gefaͤße ſtellvertretend abwechſel- ten; die erhaltnen Marmorvaſen ſind wohl meiſt Nach- ahmungen von metallnen. Die Formen werden durch den beſondern Zweck des Gefaͤßes gegeben; wir unterſcheiden folgende Hauptbeſtimmungen. 1. Gefaͤße, welche fuͤr kurze Zeit bedeutende Quantitaͤten aufnehmen ſollen, die man daraus im Kleinen ſchoͤpfen will, eingerichtet im Mittelpunkt eines Gaſtmals feſtzuſtehn; woraus ſich die hohe, raͤumige, oben weit geoͤffnete Geſtalt des κρατὴρ oder Miſchkeſſels ergiebt. 2. Kleine Gefaͤße zum Schoͤpfen aus dem Krater in den Becher, aus Schaͤlchen mit lan- gen Griffen beſtehend, Schoͤpfkellen, genannt ἀρύστιχος, ἀρύταινα, ἀρυστὴρ, κύαϑος, aͤhnlich dem altitaliſchen simpulum. 3. Kaͤnnchen zum Eingießen, mit ſchma- lem Hals, weitem Henkel, ſpitzem Schnabel, πρόχους. 4. Lange, ſchmale, duͤnnhalſige, henkelloſe Gefaͤße, um Oel oder eine andre Fluͤſſigkeit heraustropfen zu laſſen, λή- κυϑος, auch ἐπίχυσις, guttus, genannt. 5. Flache ſchildaͤhnliche Schalen, beſonders um daraus unmittelbar zu libiren, φιάλη (ἀργυρὶς, χρυσίς), patera, pa- tella. 6. Tiefere Bekken zum Handwaſchen, χέρνιψ, χερόνιπτρον, polubrum, trulla, aquiminale. Aehn- lich die Sprenggefaͤße περιῤῥαντήριον (auch der Spreng- wedel hieß ſo), ἀρδάνιον, κύμβαλον, praefericulum. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 23*

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/377>, abgerufen am 25.04.2024.