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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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Griechen. Zweite Periode.
hervor. Die mit dem größten Eifer betriebne Gymnastik2
und Orchestik, Künste, welche die Homerische Zeit noch
nicht in der Ausbildung kannte, die ihnen besonders der
Dorische Stamm gab, hatten um Olymp. 50. ziemlich
ihren Gipfel erreicht, und hinterließen einerseits eine leb-
hafte Begeisterung für das Schöne und Bedeutungsvolle
der menschlichen Gestalt, und erweckten andererseits den
Wunsch, besonders das Andenken an die Kraft und Tüch-
tigkeit siegreicher Kämpfer durch Statuen zu befestigen.

1. Die Hesiodischen Sänger reichen etwa bis Ol. 40. Peisan-
dros Ol. 33 -- 40. schafft den Herakles mit Löwenhaut u. Keule,
wie ihn die bildende Kunst (schon in den ältesten Vasen vgl. §. 99.
Anm. 7.) darstellt. In Stesichoros (50) wird der epische Stoff
lyrisch.

2. Die Hellenische Naktheit beginnt zu Olympia im Lauf (im
Ringkampf später) mit Orsipp dem Megarer Ol. 15. Corp. Inscr.
i. p.
553., sie ging aber besonders von Kreta u. Sparta aus.
Agones stephanitai (bei Homer khrematitai) in Olympia seit
Ol. 7. Die Gumnastike blüht besonders in Sparta (beson-
ders 20 -- 50), in Aegina (45 -- 80), besonders glänzend in
Kroton (50 -- 75)

In der Zeit des Thaletas, Sakadas u. Aa. (Ol. 40 -- 50) war
die gymnopädische, hyporchematische und andere Gattungen der Or-
chestik
schon sehr kunstmäßig ausgebildet; die ältesten Tragiker von
Thespis an (Ol. 61.) waren besonders orkhestikoi. Esti
de kai ta ton arkhaion demiourgon agalmata tes
palaias orkheseos leipsana, Athen. xiv. p. 629 b.

78. Durch die Bildung von Athleten wird nun die Kunst1
zuerst auf ein genaueres Studium der Natur hingelenkt,
von dem sie indeß auch sehr bald in den Darstellungen
von Göttern und Heroen Vortheil zieht. Lebensvolle Ge-2
stalten treten als Weihgeschenke in den Tempeln der
Götter an die Stelle der Kessel, Dreifüße u. dgl., welche
früher die hauptsächlichsten Anatheme gewesen waren.
Doch trägt die Nachbildung der Naturformen, wie in jeder3
Kunst, die mit Fleiß und Liebe beginnt, einen strengen Cha-

Griechen. Zweite Periode.
hervor. Die mit dem groͤßten Eifer betriebne Gymnaſtik2
und Orcheſtik, Kuͤnſte, welche die Homeriſche Zeit noch
nicht in der Ausbildung kannte, die ihnen beſonders der
Doriſche Stamm gab, hatten um Olymp. 50. ziemlich
ihren Gipfel erreicht, und hinterließen einerſeits eine leb-
hafte Begeiſterung fuͤr das Schoͤne und Bedeutungsvolle
der menſchlichen Geſtalt, und erweckten andererſeits den
Wunſch, beſonders das Andenken an die Kraft und Tuͤch-
tigkeit ſiegreicher Kaͤmpfer durch Statuen zu befeſtigen.

1. Die Heſiodiſchen Sänger reichen etwa bis Ol. 40. Peiſan-
dros Ol. 33 — 40. ſchafft den Herakles mit Löwenhaut u. Keule,
wie ihn die bildende Kunſt (ſchon in den älteſten Vaſen vgl. §. 99.
Anm. 7.) darſtellt. In Steſichoros (50) wird der epiſche Stoff
lyriſch.

2. Die Helleniſche Naktheit beginnt zu Olympia im Lauf (im
Ringkampf ſpäter) mit Orſipp dem Megarer Ol. 15. Corp. Inscr.
i. p.
553., ſie ging aber beſonders von Kreta u. Sparta aus.
Ἀγῶνες στεφανῖται (bei Homer χρηματῖται) in Olympia ſeit
Ol. 7. Die Γυμναστικὴ blüht beſonders in Sparta (beſon-
ders 20 — 50), in Aegina (45 — 80), beſonders glänzend in
Kroton (50 — 75)

In der Zeit des Thaletas, Sakadas u. Aa. (Ol. 40 — 50) war
die gymnopädiſche, hyporchematiſche und andere Gattungen der Or-
cheſtik
ſchon ſehr kunſtmäßig ausgebildet; die älteſten Tragiker von
Theſpis an (Ol. 61.) waren beſonders ὀρχηστικοί. Ἔστι
δὲ καὶ τὰ τῶν ἀρχαίων δημιουργῶν ἀγάλματα τῆς
παλαιᾶς ὀρχήσεως λείψανα, Athen. xiv. p. 629 b.

78. Durch die Bildung von Athleten wird nun die Kunſt1
zuerſt auf ein genaueres Studium der Natur hingelenkt,
von dem ſie indeß auch ſehr bald in den Darſtellungen
von Goͤttern und Heroen Vortheil zieht. Lebensvolle Ge-2
ſtalten treten als Weihgeſchenke in den Tempeln der
Goͤtter an die Stelle der Keſſel, Dreifuͤße u. dgl., welche
fruͤher die hauptſaͤchlichſten Anatheme geweſen waren.
Doch traͤgt die Nachbildung der Naturformen, wie in jeder3
Kunſt, die mit Fleiß und Liebe beginnt, einen ſtrengen Cha-

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[53/0075] Griechen. Zweite Periode. hervor. Die mit dem groͤßten Eifer betriebne Gymnaſtik und Orcheſtik, Kuͤnſte, welche die Homeriſche Zeit noch nicht in der Ausbildung kannte, die ihnen beſonders der Doriſche Stamm gab, hatten um Olymp. 50. ziemlich ihren Gipfel erreicht, und hinterließen einerſeits eine leb- hafte Begeiſterung fuͤr das Schoͤne und Bedeutungsvolle der menſchlichen Geſtalt, und erweckten andererſeits den Wunſch, beſonders das Andenken an die Kraft und Tuͤch- tigkeit ſiegreicher Kaͤmpfer durch Statuen zu befeſtigen. 2 1. Die Heſiodiſchen Sänger reichen etwa bis Ol. 40. Peiſan- dros Ol. 33 — 40. ſchafft den Herakles mit Löwenhaut u. Keule, wie ihn die bildende Kunſt (ſchon in den älteſten Vaſen vgl. §. 99. Anm. 7.) darſtellt. In Steſichoros (50) wird der epiſche Stoff lyriſch. 2. Die Helleniſche Naktheit beginnt zu Olympia im Lauf (im Ringkampf ſpäter) mit Orſipp dem Megarer Ol. 15. Corp. Inscr. i. p. 553., ſie ging aber beſonders von Kreta u. Sparta aus. Ἀγῶνες στεφανῖται (bei Homer χρηματῖται) in Olympia ſeit Ol. 7. Die Γυμναστικὴ blüht beſonders in Sparta (beſon- ders 20 — 50), in Aegina (45 — 80), beſonders glänzend in Kroton (50 — 75) In der Zeit des Thaletas, Sakadas u. Aa. (Ol. 40 — 50) war die gymnopädiſche, hyporchematiſche und andere Gattungen der Or- cheſtik ſchon ſehr kunſtmäßig ausgebildet; die älteſten Tragiker von Theſpis an (Ol. 61.) waren beſonders ὀρχηστικοί. Ἔστι δὲ καὶ τὰ τῶν ἀρχαίων δημιουργῶν ἀγάλματα τῆς παλαιᾶς ὀρχήσεως λείψανα, Athen. xiv. p. 629 b. 78. Durch die Bildung von Athleten wird nun die Kunſt zuerſt auf ein genaueres Studium der Natur hingelenkt, von dem ſie indeß auch ſehr bald in den Darſtellungen von Goͤttern und Heroen Vortheil zieht. Lebensvolle Ge- ſtalten treten als Weihgeſchenke in den Tempeln der Goͤtter an die Stelle der Keſſel, Dreifuͤße u. dgl., welche fruͤher die hauptſaͤchlichſten Anatheme geweſen waren. Doch traͤgt die Nachbildung der Naturformen, wie in jeder Kunſt, die mit Fleiß und Liebe beginnt, einen ſtrengen Cha- 1 2 3

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/75>, abgerufen am 29.03.2024.