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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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Griechen. Zweite Periode.
räthen angewandt worden war (§. 56), zur Toreutik,3
worunter Sculptur in Metallen (die Kunst des ciseleur),
aber auch diese Combination von Metall mit andern Stof-
fen verstanden wird. Indeß wird jetzt auch der Erzguß4
häufiger auf die Darstellung der Götter in ihren Tem-
peln verwandt.

1. Solche khruselephantina agalmata existirten von Dory-
kleides, Theokles, Medon (im Heräon zu Olympia), von Kanachos
(die Aphrodite zu Sikyon), Menächmos und Soidas.

2. Wahrscheinlich war auch der Thron des Amykläischen
Apollon,
den Bathykles der Magnesier, wohl in Krösos Zeit
(wo die Spartaner zuerst auf kostbare anathemata bedacht gewe-
sen zu sein scheinen §. 69. 82.) baute, ein Werk der Toreutik.
Reliefs in 42 Feldern, an den Füßen stützende Bildsäulen, zwei
Chariten, zwei Horen, Echidna und Typhoeus, Tritonen. Paus. iii,
19. Heyne Antiqu. Aufs. St. 1. S. 1. Quatremere-de-Quincy
Iup. Olymp. p. 210. mit manchen Fehlern (in Betreff der ka-
thedrai und eurukhoriai, der anathemata ep exeirgasmeno
to throno), Welcker Zeitschrift i, ii. S. 280 ff.

3. Toreutik. Heyne Antiq. Aufs. St. 2. S. 127. Schneider
Lex. s. v. toreuein. Quatremere-de-Quincy a. O. S. 75 sqq.

4. Eherne Cultusbilder z. B. der Apollon Philesios des Kana-
chos in Didymäon, die §. 83, 3 erwähnte Demeter des Onatas u. a.

86. Die Darstellung der Götter selbst geht in dieser
Periode durchaus von einem frommen, von Ehrfurcht
und Scheu vor der Gottheit durchdrungenen Gemüthe
aus. Die Gottheiten werden gern thronend (euthronoi)
dargestellt; sinnlicher Liebreiz wird noch bei keiner hervor-
gehoben; wie die Glieder gewaltige Kraft: so zeigen die
Mienen einen starren und unbewegten Ernst.

Vgl. unten die einzelnen Götter im zweiten Haupttheil. Ein
Hauptbeispiel ist der Apollon Philesios im Didymäon,
von Kanachos nach der Plünderung und Anzündung des Hieron
Ol. 71, 1. (wobei der Erzcoloss gewiß nicht ausgedauert hätte) vor
75, 2 (da ihn Xerxes fortführte) gearbeitet -- in steifer Stellung,
sehr musculös u. vierschrötig, auf der ausgestreckten R. ein Hirsch-

Griechen. Zweite Periode.
raͤthen angewandt worden war (§. 56), zur Toreutik,3
worunter Sculptur in Metallen (die Kunſt des ciseleur),
aber auch dieſe Combination von Metall mit andern Stof-
fen verſtanden wird. Indeß wird jetzt auch der Erzguß4
haͤufiger auf die Darſtellung der Goͤtter in ihren Tem-
peln verwandt.

1. Solche χρυσελεφάντινα ἀγάλματα exiſtirten von Dory-
kleides, Theokles, Medon (im Heräon zu Olympia), von Kanachos
(die Aphrodite zu Sikyon), Menächmos und Soidas.

2. Wahrſcheinlich war auch der Thron des Amykläiſchen
Apollon,
den Bathykles der Magneſier, wohl in Kröſos Zeit
(wo die Spartaner zuerſt auf koſtbare ἀναϑήματα bedacht gewe-
ſen zu ſein ſcheinen §. 69. 82.) baute, ein Werk der Toreutik.
Reliefs in 42 Feldern, an den Füßen ſtützende Bildſäulen, zwei
Chariten, zwei Horen, Echidna und Typhoeus, Tritonen. Pauſ. iii,
19. Heyne Antiqu. Aufſ. St. 1. S. 1. Quatremère-de-Quincy
Iup. Olymp. p. 210. mit manchen Fehlern (in Betreff der κα-
ϑέδραι und εὐρυχωρίαι, der ἀναϑήματα ἐπ̕ ἐξειργασμένῳ
τῷ ϑρόνῳ), Welcker Zeitſchrift i, ii. S. 280 ff.

3. Toreutik. Heyne Antiq. Aufſ. St. 2. S. 127. Schneider
Lex. s. v. τορεύειν. Quatremère-de-Quincy a. O. S. 75 sqq.

4. Eherne Cultusbilder z. B. der Apollon Phileſios des Kana-
chos in Didymäon, die §. 83, 3 erwähnte Demeter des Onatas u. a.

86. Die Darſtellung der Goͤtter ſelbſt geht in dieſer
Periode durchaus von einem frommen, von Ehrfurcht
und Scheu vor der Gottheit durchdrungenen Gemuͤthe
aus. Die Gottheiten werden gern thronend (εὔϑρονοι)
dargeſtellt; ſinnlicher Liebreiz wird noch bei keiner hervor-
gehoben; wie die Glieder gewaltige Kraft: ſo zeigen die
Mienen einen ſtarren und unbewegten Ernſt.

Vgl. unten die einzelnen Götter im zweiten Haupttheil. Ein
Hauptbeiſpiel iſt der Ἀπόλλων Φιλήσιος im Didymäon,
von Kanachos nach der Plünderung und Anzündung des Hieron
Ol. 71, 1. (wobei der Erzcoloſſ gewiß nicht ausgedauert hätte) vor
75, 2 (da ihn Xerxes fortführte) gearbeitet — in ſteifer Stellung,
ſehr musculös u. vierſchrötig, auf der ausgeſtreckten R. ein Hirſch-

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[61/0083] Griechen. Zweite Periode. raͤthen angewandt worden war (§. 56), zur Toreutik, worunter Sculptur in Metallen (die Kunſt des ciseleur), aber auch dieſe Combination von Metall mit andern Stof- fen verſtanden wird. Indeß wird jetzt auch der Erzguß haͤufiger auf die Darſtellung der Goͤtter in ihren Tem- peln verwandt. 3 4 1. Solche χρυσελεφάντινα ἀγάλματα exiſtirten von Dory- kleides, Theokles, Medon (im Heräon zu Olympia), von Kanachos (die Aphrodite zu Sikyon), Menächmos und Soidas. 2. Wahrſcheinlich war auch der Thron des Amykläiſchen Apollon, den Bathykles der Magneſier, wohl in Kröſos Zeit (wo die Spartaner zuerſt auf koſtbare ἀναϑήματα bedacht gewe- ſen zu ſein ſcheinen §. 69. 82.) baute, ein Werk der Toreutik. Reliefs in 42 Feldern, an den Füßen ſtützende Bildſäulen, zwei Chariten, zwei Horen, Echidna und Typhoeus, Tritonen. Pauſ. iii, 19. Heyne Antiqu. Aufſ. St. 1. S. 1. Quatremère-de-Quincy Iup. Olymp. p. 210. mit manchen Fehlern (in Betreff der κα- ϑέδραι und εὐρυχωρίαι, der ἀναϑήματα ἐπ̕ ἐξειργασμένῳ τῷ ϑρόνῳ), Welcker Zeitſchrift i, ii. S. 280 ff. 3. Toreutik. Heyne Antiq. Aufſ. St. 2. S. 127. Schneider Lex. s. v. τορεύειν. Quatremère-de-Quincy a. O. S. 75 sqq. 4. Eherne Cultusbilder z. B. der Apollon Phileſios des Kana- chos in Didymäon, die §. 83, 3 erwähnte Demeter des Onatas u. a. 86. Die Darſtellung der Goͤtter ſelbſt geht in dieſer Periode durchaus von einem frommen, von Ehrfurcht und Scheu vor der Gottheit durchdrungenen Gemuͤthe aus. Die Gottheiten werden gern thronend (εὔϑρονοι) dargeſtellt; ſinnlicher Liebreiz wird noch bei keiner hervor- gehoben; wie die Glieder gewaltige Kraft: ſo zeigen die Mienen einen ſtarren und unbewegten Ernſt. Vgl. unten die einzelnen Götter im zweiten Haupttheil. Ein Hauptbeiſpiel iſt der Ἀπόλλων Φιλήσιος im Didymäon, von Kanachos nach der Plünderung und Anzündung des Hieron Ol. 71, 1. (wobei der Erzcoloſſ gewiß nicht ausgedauert hätte) vor 75, 2 (da ihn Xerxes fortführte) gearbeitet — in ſteifer Stellung, ſehr musculös u. vierſchrötig, auf der ausgeſtreckten R. ein Hirſch-

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/83>, abgerufen am 25.04.2024.