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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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nichfaltigkeit in den Sammlungen jenes Natur-
forschers, dennoch unbedingt für einen reicheren
Mann. --

Also die unmittelbare Brauchbarkeit
des Vorrathes für die bürgerliche Ge-
sellschaft
gab in unsern Augen dem Privat-
Eigenthum jenes Kornhändlers oder Banquiers
einen Vorzug vor dem viel seltneren und mannich-
faltigeren Eigenthume des Naturforschers. Der
einförmige Vorrath an Getreide und Gelde, war,
weil ihn viele, weil ihn alle Mitglieder der Ge-
sellschaft gebrauchen und begehren können, in
unsern Augen mehr werth, als der mannich-
faltige Vorrath des Naturforschers, dessen Nutz-
barkeit nur Wenigen einleuchtet, und der für
sehr Wenige ein Bedürfniß wird. -- Wir nennen
also Den reich, welcher Das hat, was sehr Viele
begehren; der dem zu Folge vielen Menschen
wichtiger und nothwendiger ist; der also durch
seinen Besitz einen größeren Einfluß auf die bür-
gerliche Gesellschaft hat.

Jede Sache, wie jede Person, hat einen
doppelten Charakter; lassen Sie uns den Einen
ihren Privat-Charakter, den andern ihren
dürgerlichen Charakter nennen. Eine Sache
kann, weil eine freundschaftliche Erinnerung dar-
an haftet, einen sehr großen Werth, ein pretium

nichfaltigkeit in den Sammlungen jenes Natur-
forſchers, dennoch unbedingt fuͤr einen reicheren
Mann. —

Alſo die unmittelbare Brauchbarkeit
des Vorrathes fuͤr die buͤrgerliche Ge-
ſellſchaft
gab in unſern Augen dem Privat-
Eigenthum jenes Kornhaͤndlers oder Banquiers
einen Vorzug vor dem viel ſeltneren und mannich-
faltigeren Eigenthume des Naturforſchers. Der
einfoͤrmige Vorrath an Getreide und Gelde, war,
weil ihn viele, weil ihn alle Mitglieder der Ge-
ſellſchaft gebrauchen und begehren koͤnnen, in
unſern Augen mehr werth, als der mannich-
faltige Vorrath des Naturforſchers, deſſen Nutz-
barkeit nur Wenigen einleuchtet, und der fuͤr
ſehr Wenige ein Beduͤrfniß wird. — Wir nennen
alſo Den reich, welcher Das hat, was ſehr Viele
begehren; der dem zu Folge vielen Menſchen
wichtiger und nothwendiger iſt; der alſo durch
ſeinen Beſitz einen groͤßeren Einfluß auf die buͤr-
gerliche Geſellſchaft hat.

Jede Sache, wie jede Perſon, hat einen
doppelten Charakter; laſſen Sie uns den Einen
ihren Privat-Charakter, den andern ihren
duͤrgerlichen Charakter nennen. Eine Sache
kann, weil eine freundſchaftliche Erinnerung dar-
an haftet, einen ſehr großen Werth, ein pretium

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[180/0188] nichfaltigkeit in den Sammlungen jenes Natur- forſchers, dennoch unbedingt fuͤr einen reicheren Mann. — Alſo die unmittelbare Brauchbarkeit des Vorrathes fuͤr die buͤrgerliche Ge- ſellſchaft gab in unſern Augen dem Privat- Eigenthum jenes Kornhaͤndlers oder Banquiers einen Vorzug vor dem viel ſeltneren und mannich- faltigeren Eigenthume des Naturforſchers. Der einfoͤrmige Vorrath an Getreide und Gelde, war, weil ihn viele, weil ihn alle Mitglieder der Ge- ſellſchaft gebrauchen und begehren koͤnnen, in unſern Augen mehr werth, als der mannich- faltige Vorrath des Naturforſchers, deſſen Nutz- barkeit nur Wenigen einleuchtet, und der fuͤr ſehr Wenige ein Beduͤrfniß wird. — Wir nennen alſo Den reich, welcher Das hat, was ſehr Viele begehren; der dem zu Folge vielen Menſchen wichtiger und nothwendiger iſt; der alſo durch ſeinen Beſitz einen groͤßeren Einfluß auf die buͤr- gerliche Geſellſchaft hat. Jede Sache, wie jede Perſon, hat einen doppelten Charakter; laſſen Sie uns den Einen ihren Privat-Charakter, den andern ihren duͤrgerlichen Charakter nennen. Eine Sache kann, weil eine freundſchaftliche Erinnerung dar- an haftet, einen ſehr großen Werth, ein pretium

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/188>, abgerufen am 19.04.2024.