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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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duction, vermehrt, so thut sie ihr Geschäft nur
halb: sie soll auch den Reitz, das Bedürfniß
erhöhen. Jeder Bürger ist Begehrer und Pro-
ducent zugleich, Käufer und Verkäufer; also
soll sie auch auf beide Qualitäten des Bürgers
bedacht seyn.

Dem zu Folge:

In ökonomischer Rücksicht: Hat es die
Staatskunst etwa bloß mit dem Hervorbringen
zu schaffen?

In juristischer Hinsicht: hat sie es etwa bloß
mit dem Frieden oder dem Gesetze zu schaffen?

In ökonomischer Hinsicht: soll sie es der
Natur überlassen, daß sie das Begehren und
Verzehren dirigire?

In juristischer Hinsicht: soll sie es ihr über-
lassen, daß sie den Krieg oder die innere Freiheit,
welche der Staat braucht, auf ihre Weise an-
stifte?

Nein, nein! 1) Die Staatskunst soll das
Ganze durchdringen; in ihrem Geiste soll der
Bürger frei seyn, und den friedenernährenden
Krieg führen.

2) In ihrem Geiste soll der Bürger begehren
und verzehren.

Keine Natur soll im Staate geduldet werden,
als die Natur der Staatskunst selbst.


duction, vermehrt, ſo thut ſie ihr Geſchaͤft nur
halb: ſie ſoll auch den Reitz, das Beduͤrfniß
erhoͤhen. Jeder Buͤrger iſt Begehrer und Pro-
ducent zugleich, Kaͤufer und Verkaͤufer; alſo
ſoll ſie auch auf beide Qualitaͤten des Buͤrgers
bedacht ſeyn.

Dem zu Folge:

In oͤkonomiſcher Ruͤckſicht: Hat es die
Staatskunſt etwa bloß mit dem Hervorbringen
zu ſchaffen?

In juriſtiſcher Hinſicht: hat ſie es etwa bloß
mit dem Frieden oder dem Geſetze zu ſchaffen?

In oͤkonomiſcher Hinſicht: ſoll ſie es der
Natur uͤberlaſſen, daß ſie das Begehren und
Verzehren dirigire?

In juriſtiſcher Hinſicht: ſoll ſie es ihr uͤber-
laſſen, daß ſie den Krieg oder die innere Freiheit,
welche der Staat braucht, auf ihre Weiſe an-
ſtifte?

Nein, nein! 1) Die Staatskunſt ſoll das
Ganze durchdringen; in ihrem Geiſte ſoll der
Buͤrger frei ſeyn, und den friedenernaͤhrenden
Krieg fuͤhren.

2) In ihrem Geiſte ſoll der Buͤrger begehren
und verzehren.

Keine Natur ſoll im Staate geduldet werden,
als die Natur der Staatskunſt ſelbſt.


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[234/0242] duction, vermehrt, ſo thut ſie ihr Geſchaͤft nur halb: ſie ſoll auch den Reitz, das Beduͤrfniß erhoͤhen. Jeder Buͤrger iſt Begehrer und Pro- ducent zugleich, Kaͤufer und Verkaͤufer; alſo ſoll ſie auch auf beide Qualitaͤten des Buͤrgers bedacht ſeyn. Dem zu Folge: In oͤkonomiſcher Ruͤckſicht: Hat es die Staatskunſt etwa bloß mit dem Hervorbringen zu ſchaffen? In juriſtiſcher Hinſicht: hat ſie es etwa bloß mit dem Frieden oder dem Geſetze zu ſchaffen? In oͤkonomiſcher Hinſicht: ſoll ſie es der Natur uͤberlaſſen, daß ſie das Begehren und Verzehren dirigire? In juriſtiſcher Hinſicht: ſoll ſie es ihr uͤber- laſſen, daß ſie den Krieg oder die innere Freiheit, welche der Staat braucht, auf ihre Weiſe an- ſtifte? Nein, nein! 1) Die Staatskunſt ſoll das Ganze durchdringen; in ihrem Geiſte ſoll der Buͤrger frei ſeyn, und den friedenernaͤhrenden Krieg fuͤhren. 2) In ihrem Geiſte ſoll der Buͤrger begehren und verzehren. Keine Natur ſoll im Staate geduldet werden, als die Natur der Staatskunſt ſelbſt.

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/242>, abgerufen am 18.04.2024.