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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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Neunte Unterredung, den 18ten März.

Das Mittel der Vergebung der Sünden, Herr Graf,
welches wir nun genauer wollen kennen lernen,
hat Jesus, der Auferstandene, uns selbst angepriesen,
und das verbindet uns schon, es wenigstens nicht gleich
beym ersten Anblick zu verwerfen. Seine Moral ist ja
so vortrefflich. Er selbst war so ein guter unsträflicher
Mann, daß die ganze Geschichte uns keinen andern zu
nennen weiß, der ihm zu vergleichen wäre. Er war
auch ein weiser verständiger Mann, in dessen Leben man
keine Spur von Schwärmerey, Einfalt oder Leichtgläu-
bigkeit findet. Ueber dieß hat er Wunder gethan, deren
Glaubwürdigkeit nicht geläugnet werden kann. Wer
Wunder thut, mit dem muß Gott seyn. Sollte aber Gott
wohl eine Unwahrheit unterstützen und befördern, zumahl
in diesem Falle, da Jesus ausdrücklich sagte, er thue
seine Wunder um die Wahrheit seiner Lehre dadurch zu
beweisen? Aus diesem allen sollen Sie noch weiter nichts
schließen, als dieses: daß ein über seine Sünden beküm-
merter Mensch doch gewiß Ursache habe, die Lehre von
der Versöhnung der Welt durch Christum kennen zu ler-
nen und zu untersuchen. Wer sie kennen lernen will, der
muß sie billig aus der Quelle schöpfen, aus der heiligen
Schrift. Und diese übergebe ich Jhnen nun Herr Graf,
zu Jhrem Gebrauch. Sie sind darauf zubereitet Sie zu
lesen. Forschen Sie in diesem Buche, Sie werden ge-
wiß das ewige Leben darin finden, und halten Sie sich,
da Jhre Zeit nur kurz ist, vornehmlich an das neue
Testament. Doch müssen Sie nicht glauben, daß das alte
Testament nichts von der Versöhnung der Welt durch
Christum wisse. Davon will ich Jhnen gleich das Ge-
gentheil beweisen.

Jch
G 3


Neunte Unterredung, den 18ten Maͤrz.

Das Mittel der Vergebung der Suͤnden, Herr Graf,
welches wir nun genauer wollen kennen lernen,
hat Jeſus, der Auferſtandene, uns ſelbſt angeprieſen,
und das verbindet uns ſchon, es wenigſtens nicht gleich
beym erſten Anblick zu verwerfen. Seine Moral iſt ja
ſo vortrefflich. Er ſelbſt war ſo ein guter unſtraͤflicher
Mann, daß die ganze Geſchichte uns keinen andern zu
nennen weiß, der ihm zu vergleichen waͤre. Er war
auch ein weiſer verſtaͤndiger Mann, in deſſen Leben man
keine Spur von Schwaͤrmerey, Einfalt oder Leichtglaͤu-
bigkeit findet. Ueber dieß hat er Wunder gethan, deren
Glaubwuͤrdigkeit nicht gelaͤugnet werden kann. Wer
Wunder thut, mit dem muß Gott ſeyn. Sollte aber Gott
wohl eine Unwahrheit unterſtuͤtzen und befoͤrdern, zumahl
in dieſem Falle, da Jeſus ausdruͤcklich ſagte, er thue
ſeine Wunder um die Wahrheit ſeiner Lehre dadurch zu
beweiſen? Aus dieſem allen ſollen Sie noch weiter nichts
ſchließen, als dieſes: daß ein uͤber ſeine Suͤnden bekuͤm-
merter Menſch doch gewiß Urſache habe, die Lehre von
der Verſoͤhnung der Welt durch Chriſtum kennen zu ler-
nen und zu unterſuchen. Wer ſie kennen lernen will, der
muß ſie billig aus der Quelle ſchoͤpfen, aus der heiligen
Schrift. Und dieſe uͤbergebe ich Jhnen nun Herr Graf,
zu Jhrem Gebrauch. Sie ſind darauf zubereitet Sie zu
leſen. Forſchen Sie in dieſem Buche, Sie werden ge-
wiß das ewige Leben darin finden, und halten Sie ſich,
da Jhre Zeit nur kurz iſt, vornehmlich an das neue
Teſtament. Doch muͤſſen Sie nicht glauben, daß das alte
Teſtament nichts von der Verſoͤhnung der Welt durch
Chriſtum wiſſe. Davon will ich Jhnen gleich das Ge-
gentheil beweiſen.

Jch
G 3
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[101/0113] Neunte Unterredung, den 18ten Maͤrz. Das Mittel der Vergebung der Suͤnden, Herr Graf, welches wir nun genauer wollen kennen lernen, hat Jeſus, der Auferſtandene, uns ſelbſt angeprieſen, und das verbindet uns ſchon, es wenigſtens nicht gleich beym erſten Anblick zu verwerfen. Seine Moral iſt ja ſo vortrefflich. Er ſelbſt war ſo ein guter unſtraͤflicher Mann, daß die ganze Geſchichte uns keinen andern zu nennen weiß, der ihm zu vergleichen waͤre. Er war auch ein weiſer verſtaͤndiger Mann, in deſſen Leben man keine Spur von Schwaͤrmerey, Einfalt oder Leichtglaͤu- bigkeit findet. Ueber dieß hat er Wunder gethan, deren Glaubwuͤrdigkeit nicht gelaͤugnet werden kann. Wer Wunder thut, mit dem muß Gott ſeyn. Sollte aber Gott wohl eine Unwahrheit unterſtuͤtzen und befoͤrdern, zumahl in dieſem Falle, da Jeſus ausdruͤcklich ſagte, er thue ſeine Wunder um die Wahrheit ſeiner Lehre dadurch zu beweiſen? Aus dieſem allen ſollen Sie noch weiter nichts ſchließen, als dieſes: daß ein uͤber ſeine Suͤnden bekuͤm- merter Menſch doch gewiß Urſache habe, die Lehre von der Verſoͤhnung der Welt durch Chriſtum kennen zu ler- nen und zu unterſuchen. Wer ſie kennen lernen will, der muß ſie billig aus der Quelle ſchoͤpfen, aus der heiligen Schrift. Und dieſe uͤbergebe ich Jhnen nun Herr Graf, zu Jhrem Gebrauch. Sie ſind darauf zubereitet Sie zu leſen. Forſchen Sie in dieſem Buche, Sie werden ge- wiß das ewige Leben darin finden, und halten Sie ſich, da Jhre Zeit nur kurz iſt, vornehmlich an das neue Teſtament. Doch muͤſſen Sie nicht glauben, daß das alte Teſtament nichts von der Verſoͤhnung der Welt durch Chriſtum wiſſe. Davon will ich Jhnen gleich das Ge- gentheil beweiſen. Jch G 3

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/113>, abgerufen am 28.03.2024.