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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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Paulus handelt auch Ebr. 1. sehr umständlich
von der Gottheit Christi. Er zeigt den aus dem Juden-
thum gesammleten Christen, wie viel Vorzüge Christus,
der Stifter des Christenthums, vor den Propheten des
alten Bundes haben. Er sagt deswegen v.2.: Christus
sey Gottes Sohn, der Erbe über alles, durch welchen
Gott die Welt geschaffen habe. v.3. Er sey der Glanz
der Herrlichkeit Gottes und das Ebenbild seines Wesens,
er erhalte alle Dinge, er sitze zur Rechten der Majestät
in der Höhe, das ist, er habe Theil an der Herrlichkeit
und Macht Gottes. Er fährt in den folgenden Versen
fort, und zeigt wie viel vortrefflicher Christus, als die
Engel sey, bey welcher Gelegenheit er v. 8. einen Aus-
spruch des Psalms 45, 7. in welchem Gott angeredet
wird, von Christo erklärt und ihm nicht nur eine ewige
Herrschaft, sondern auch ausdrücklich den Nahmen
Gottes beyleget.

Das ist unläugbar, sagte der Graf, nachdem
ich ihm beyde Stellen, Joh. 5. und Ebr. 1. umständlich
erklärt hatte, daß so wohl Jesus als Paulus die Absicht
gehabt haben, den Juden zu zeigen, daß der Sohn Gott
sey. Damit wir nun aber nicht denken mögen, setzte ich
hinzu, Jesus sey nicht im höchsten Verstande, sondern
nur wegen gewisser Aehnlichkeiten, die er mit Gott hatte,
wie etwa die Obrigkeiten, Gott genannt werden, so fehlt
es auch nicht an biblischen Aussprüchen,die uns vor
diesem Jrrthum bewahren können. z Ex.1 Joh. 5, 20.
Dieser ist der wahrhaftige Gott. Es fällt sehr in die
Augen, daß dieses Prädicat, der wahrhaftige Gott,
auf niemand sonst gezogen werden kann, als auf das un-
mittelbar vorhergehende Subject, Jesus Christus.

Das ist also gewiß, daß die heilige Schrift die
Gottheit Christi lehret. Widerspricht sie nun darin irgend

einer
L


Paulus handelt auch Ebr. 1. ſehr umſtaͤndlich
von der Gottheit Chriſti. Er zeigt den aus dem Juden-
thum geſammleten Chriſten, wie viel Vorzuͤge Chriſtus,
der Stifter des Chriſtenthums, vor den Propheten des
alten Bundes haben. Er ſagt deswegen v.2.: Chriſtus
ſey Gottes Sohn, der Erbe uͤber alles, durch welchen
Gott die Welt geſchaffen habe. v.3. Er ſey der Glanz
der Herrlichkeit Gottes und das Ebenbild ſeines Weſens,
er erhalte alle Dinge, er ſitze zur Rechten der Majeſtaͤt
in der Hoͤhe, das iſt, er habe Theil an der Herrlichkeit
und Macht Gottes. Er faͤhrt in den folgenden Verſen
fort, und zeigt wie viel vortrefflicher Chriſtus, als die
Engel ſey, bey welcher Gelegenheit er v. 8. einen Aus-
ſpruch des Pſalms 45, 7. in welchem Gott angeredet
wird, von Chriſto erklaͤrt und ihm nicht nur eine ewige
Herrſchaft, ſondern auch ausdruͤcklich den Nahmen
Gottes beyleget.

Das iſt unlaͤugbar, ſagte der Graf, nachdem
ich ihm beyde Stellen, Joh. 5. und Ebr. 1. umſtaͤndlich
erklaͤrt hatte, daß ſo wohl Jeſus als Paulus die Abſicht
gehabt haben, den Juden zu zeigen, daß der Sohn Gott
ſey. Damit wir nun aber nicht denken moͤgen, ſetzte ich
hinzu, Jeſus ſey nicht im hoͤchſten Verſtande, ſondern
nur wegen gewiſſer Aehnlichkeiten, die er mit Gott hatte,
wie etwa die Obrigkeiten, Gott genannt werden, ſo fehlt
es auch nicht an bibliſchen Ausſpruͤchen,die uns vor
dieſem Jrrthum bewahren koͤnnen. z Ex.1 Joh. 5, 20.
Dieſer iſt der wahrhaftige Gott. Es faͤllt ſehr in die
Augen, daß dieſes Praͤdicat, der wahrhaftige Gott,
auf niemand ſonſt gezogen werden kann, als auf das un-
mittelbar vorhergehende Subject, Jeſus Chriſtus.

Das iſt alſo gewiß, daß die heilige Schrift die
Gottheit Chriſti lehret. Widerſpricht ſie nun darin irgend

einer
L
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[161/0173] Paulus handelt auch Ebr. 1. ſehr umſtaͤndlich von der Gottheit Chriſti. Er zeigt den aus dem Juden- thum geſammleten Chriſten, wie viel Vorzuͤge Chriſtus, der Stifter des Chriſtenthums, vor den Propheten des alten Bundes haben. Er ſagt deswegen v.2.: Chriſtus ſey Gottes Sohn, der Erbe uͤber alles, durch welchen Gott die Welt geſchaffen habe. v.3. Er ſey der Glanz der Herrlichkeit Gottes und das Ebenbild ſeines Weſens, er erhalte alle Dinge, er ſitze zur Rechten der Majeſtaͤt in der Hoͤhe, das iſt, er habe Theil an der Herrlichkeit und Macht Gottes. Er faͤhrt in den folgenden Verſen fort, und zeigt wie viel vortrefflicher Chriſtus, als die Engel ſey, bey welcher Gelegenheit er v. 8. einen Aus- ſpruch des Pſalms 45, 7. in welchem Gott angeredet wird, von Chriſto erklaͤrt und ihm nicht nur eine ewige Herrſchaft, ſondern auch ausdruͤcklich den Nahmen Gottes beyleget. Das iſt unlaͤugbar, ſagte der Graf, nachdem ich ihm beyde Stellen, Joh. 5. und Ebr. 1. umſtaͤndlich erklaͤrt hatte, daß ſo wohl Jeſus als Paulus die Abſicht gehabt haben, den Juden zu zeigen, daß der Sohn Gott ſey. Damit wir nun aber nicht denken moͤgen, ſetzte ich hinzu, Jeſus ſey nicht im hoͤchſten Verſtande, ſondern nur wegen gewiſſer Aehnlichkeiten, die er mit Gott hatte, wie etwa die Obrigkeiten, Gott genannt werden, ſo fehlt es auch nicht an bibliſchen Ausſpruͤchen,die uns vor dieſem Jrrthum bewahren koͤnnen. z Ex.1 Joh. 5, 20. Dieſer iſt der wahrhaftige Gott. Es faͤllt ſehr in die Augen, daß dieſes Praͤdicat, der wahrhaftige Gott, auf niemand ſonſt gezogen werden kann, als auf das un- mittelbar vorhergehende Subject, Jeſus Chriſtus. Das iſt alſo gewiß, daß die heilige Schrift die Gottheit Chriſti lehret. Widerſpricht ſie nun darin irgend einer L

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/173>, abgerufen am 19.04.2024.