Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

zukommen braucht. Eine einzige Kirche statt der vielen
würde alledem ein Ende bereiten. Die Versuchung zur
Unbeständigkeit würde dann von selbst wegfallen, das
ruhelose Wandern würde in dem Hafen dieser Kirche
ein Ende finden.

Unsere Missionare sind nicht die einzigen, welche
eine japanische Nationalkirche für wünschenswert er-
achten, wenn sie auch, bei aller weisen Vorsicht, am ziel-
bewußtesten darauf hinarbeiten. Vielmehr haben fast
alle evangelischen Missionare von jeher eine große Einig-
keit im Geiste bewiesen, welcher sie bei der Übersetzung
der Bibel und bei der Osakakonferenz deutlichen Aus-
druck verliehen. Verwandte Gesellschaften schlossen sich
zu einheitlichen Kirchen zusammen, so die presbyteria-
nischen Gesellschaften zur "Nippon Kristo Ichi Kyokwai"
(1879), und die bischöflichen zur "Nippon Sei Kyokwai"
(1887). Dagegen scheiterten die Einigungsversuche der
Methodisten. Seit 1887 fanden Beratungen zum Zu-
sammenschlusse der "Nippon Kristo Kyokwai'" (Kirche
Christi) und der Kumiaikirchen (kongreg.) statt. Die-
selben erwiesen sich aber nach drei Jahren vorläufig als
erfolglos. Die letzten acht Jahre innerer und äußerer
Kämpfe waren derartigen Bestrebungen nicht günstig.
Das Jahr 1896 hat sogar eine gewisse innere Span-
nung zwischen der "Kirche Christi" und den Kumiai-
kirchen gebracht (s. S. 295). Aber bessere Zeiten wer-
den die Versuche wieder aufleben lassen, und das Ende
wird eine japanische Volkskirche sein.


zukommen braucht. Eine einzige Kirche ſtatt der vielen
würde alledem ein Ende bereiten. Die Verſuchung zur
Unbeſtändigkeit würde dann von ſelbſt wegfallen, das
ruheloſe Wandern würde in dem Hafen dieſer Kirche
ein Ende finden.

Unſere Miſſionare ſind nicht die einzigen, welche
eine japaniſche Nationalkirche für wünſchenswert er-
achten, wenn ſie auch, bei aller weiſen Vorſicht, am ziel-
bewußteſten darauf hinarbeiten. Vielmehr haben faſt
alle evangeliſchen Miſſionare von jeher eine große Einig-
keit im Geiſte bewieſen, welcher ſie bei der Überſetzung
der Bibel und bei der Oſakakonferenz deutlichen Aus-
druck verliehen. Verwandte Geſellſchaften ſchloſſen ſich
zu einheitlichen Kirchen zuſammen, ſo die presbyteria-
niſchen Geſellſchaften zur „Nippon Kristo Ichi Kyokwai“
(1879), und die biſchöflichen zur „Nippon Sei Kyokwai“
(1887). Dagegen ſcheiterten die Einigungsverſuche der
Methodiſten. Seit 1887 fanden Beratungen zum Zu-
ſammenſchluſſe der „Nippon Kristo Kyokwai’“ (Kirche
Chriſti) und der Kumiaikirchen (kongreg.) ſtatt. Die-
ſelben erwieſen ſich aber nach drei Jahren vorläufig als
erfolglos. Die letzten acht Jahre innerer und äußerer
Kämpfe waren derartigen Beſtrebungen nicht günſtig.
Das Jahr 1896 hat ſogar eine gewiſſe innere Span-
nung zwiſchen der „Kirche Chriſti“ und den Kumiai-
kirchen gebracht (ſ. S. 295). Aber beſſere Zeiten wer-
den die Verſuche wieder aufleben laſſen, und das Ende
wird eine japaniſche Volkskirche ſein.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0393" n="379"/>
zukommen braucht. Eine einzige Kirche &#x017F;tatt der vielen<lb/>
würde alledem ein Ende bereiten. Die Ver&#x017F;uchung zur<lb/>
Unbe&#x017F;tändigkeit würde dann von &#x017F;elb&#x017F;t wegfallen, das<lb/>
ruhelo&#x017F;e Wandern würde in dem Hafen die&#x017F;er Kirche<lb/>
ein Ende finden.</p><lb/>
        <p>Un&#x017F;ere Mi&#x017F;&#x017F;ionare &#x017F;ind nicht die einzigen, welche<lb/>
eine japani&#x017F;che Nationalkirche für wün&#x017F;chenswert er-<lb/>
achten, wenn &#x017F;ie auch, bei aller wei&#x017F;en Vor&#x017F;icht, am ziel-<lb/>
bewußte&#x017F;ten darauf hinarbeiten. Vielmehr haben fa&#x017F;t<lb/>
alle evangeli&#x017F;chen Mi&#x017F;&#x017F;ionare von jeher eine große Einig-<lb/>
keit im Gei&#x017F;te bewie&#x017F;en, welcher &#x017F;ie bei der Über&#x017F;etzung<lb/>
der Bibel und bei der O&#x017F;akakonferenz deutlichen Aus-<lb/>
druck verliehen. Verwandte Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften &#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich<lb/>
zu einheitlichen Kirchen zu&#x017F;ammen, &#x017F;o die presbyteria-<lb/>
ni&#x017F;chen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften zur <hi rendition="#aq">&#x201E;Nippon Kristo Ichi Kyokwai&#x201C;</hi><lb/>
(1879), und die bi&#x017F;chöflichen zur <hi rendition="#aq">&#x201E;Nippon Sei Kyokwai&#x201C;</hi><lb/>
(1887). Dagegen &#x017F;cheiterten die Einigungsver&#x017F;uche der<lb/>
Methodi&#x017F;ten. Seit 1887 fanden Beratungen zum Zu-<lb/>
&#x017F;ammen&#x017F;chlu&#x017F;&#x017F;e der <hi rendition="#aq">&#x201E;Nippon Kristo Kyokwai&#x2019;&#x201C;</hi> (Kirche<lb/>
Chri&#x017F;ti) und der Kumiaikirchen (kongreg.) &#x017F;tatt. Die-<lb/>
&#x017F;elben erwie&#x017F;en &#x017F;ich aber nach drei Jahren vorläufig als<lb/>
erfolglos. Die letzten acht Jahre innerer und äußerer<lb/>
Kämpfe waren derartigen Be&#x017F;trebungen nicht gün&#x017F;tig.<lb/>
Das Jahr 1896 hat &#x017F;ogar eine gewi&#x017F;&#x017F;e innere Span-<lb/>
nung zwi&#x017F;chen der &#x201E;Kirche Chri&#x017F;ti&#x201C; und den Kumiai-<lb/>
kirchen gebracht (&#x017F;. S. 295). Aber be&#x017F;&#x017F;ere Zeiten wer-<lb/>
den die Ver&#x017F;uche wieder aufleben la&#x017F;&#x017F;en, und das Ende<lb/>
wird eine japani&#x017F;che Volkskirche &#x017F;ein.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[379/0393] zukommen braucht. Eine einzige Kirche ſtatt der vielen würde alledem ein Ende bereiten. Die Verſuchung zur Unbeſtändigkeit würde dann von ſelbſt wegfallen, das ruheloſe Wandern würde in dem Hafen dieſer Kirche ein Ende finden. Unſere Miſſionare ſind nicht die einzigen, welche eine japaniſche Nationalkirche für wünſchenswert er- achten, wenn ſie auch, bei aller weiſen Vorſicht, am ziel- bewußteſten darauf hinarbeiten. Vielmehr haben faſt alle evangeliſchen Miſſionare von jeher eine große Einig- keit im Geiſte bewieſen, welcher ſie bei der Überſetzung der Bibel und bei der Oſakakonferenz deutlichen Aus- druck verliehen. Verwandte Geſellſchaften ſchloſſen ſich zu einheitlichen Kirchen zuſammen, ſo die presbyteria- niſchen Geſellſchaften zur „Nippon Kristo Ichi Kyokwai“ (1879), und die biſchöflichen zur „Nippon Sei Kyokwai“ (1887). Dagegen ſcheiterten die Einigungsverſuche der Methodiſten. Seit 1887 fanden Beratungen zum Zu- ſammenſchluſſe der „Nippon Kristo Kyokwai’“ (Kirche Chriſti) und der Kumiaikirchen (kongreg.) ſtatt. Die- ſelben erwieſen ſich aber nach drei Jahren vorläufig als erfolglos. Die letzten acht Jahre innerer und äußerer Kämpfe waren derartigen Beſtrebungen nicht günſtig. Das Jahr 1896 hat ſogar eine gewiſſe innere Span- nung zwiſchen der „Kirche Chriſti“ und den Kumiai- kirchen gebracht (ſ. S. 295). Aber beſſere Zeiten wer- den die Verſuche wieder aufleben laſſen, und das Ende wird eine japaniſche Volkskirche ſein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/393
Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/393>, abgerufen am 24.04.2024.