Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebenjährige Welt-Beschauung.
glück/ daß ich fast deß Auffstehens vergessen sollen. Denn in-
dem mein Pferd mit mir stürtzte/ thät ich einen solchen Fall/
daß man mich für tod auffhub und ich hernach über vier Wo-
chen dran zu klauben hatte/ ehe ich mich wider erholen konte.

Hier auff kamen wir zu einem Fluß/ welcher sehr tieff und
das Wasser drinnen gantz grün war/ und soll/ wie man mi be-
richtete/ ein Arm vom Jordan seyn. Es gieng eine alte böse zer-
brochene und löcherige Brücke hinüber/ über welche wir ge-
fährlich reiten hatten und konten doch nicht um hin. Wir legten
uns aber zuvor ein wenig dabey nieder und ruheten in etwas/
da befand ich mich von meinem Fall erst recht übel und war
mir nicht wol zu muthe dabey/ in Erwegung/ daß ich da in der
weiten Fremde unter solchen Barbarischen Leuten war/ von
denen ich wenig guten Willen und Liebe/ dem Ansehen nach/
würde zu hoffen gehabt haben/ wenn ich mich kranck hätte le-
gen sollen/ oder wäre doch an Artzneyen und Nothdürfftigen
Wartungs-Mitteln nichts zuerlangen gewesen/ wie in diesen
Ländern es gehet/ wenn ich gleich sonst allen guten Willen ge-
habt. Aber Gott halff mir/ daß es überhin gieng und dar-
nach sassen wir wieder auf/ wagtens und kamen auch/ Gott
Lob/ ohne Schaden über diese böse Brücke/ worüber wir alle
froh waren.

Allhier haben wir Tyro schon sehen können/ welches wir
denn auch bald nach halb Abend erreichet und uns nach
Nothdurfft allda umgesehen haben/ wiewol wir nicht drinnen
blieben seyn.

Das VII. Capitul.

Von der Stadt Tyro/ Tripolis, Damasco und
Laodicaea.

DJe Stadt Tyro ist ietziger Zeit nach gar ein kleines und
fast ja so ein geringes Städtlein/ als Sydon/ wiewol sie

vor
L l 2

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
gluͤck/ daß ich faſt deß Auffſtehens vergeſſen ſollen. Denn in-
dem mein Pferd mit mir ſtuͤrtzte/ thaͤt ich einen ſolchen Fall/
daß man mich fuͤr tod auffhub und ich hernach uͤber vier Wo-
chen dran zu klauben hatte/ ehe ich mich wider erholen konte.

Hier auff kamen wir zu einem Fluß/ welcher ſehr tieff und
das Waſſer driñen gantz gruͤn war/ und ſoll/ wie man mi be-
richtete/ ein Arm vom Jordan ſeyn. Es gieng eine alte boͤſe zer-
brochene und loͤcherige Bruͤcke hinuͤber/ uͤber welche wir ge-
faͤhrlich reiten hatten und konten doch nicht um hin. Wir legten
uns aber zuvor ein wenig dabey nieder und ruheten in etwas/
da befand ich mich von meinem Fall erſt recht uͤbel und war
mir nicht wol zu muthe dabey/ in Erwegung/ daß ich da in der
weiten Fremde unter ſolchen Barbariſchen Leuten war/ von
denen ich wenig guten Willen und Liebe/ dem Anſehen nach/
wuͤrde zu hoffen gehabt haben/ wenn ich mich kranck haͤtte le-
gen ſollen/ oder waͤre doch an Artzneyen und Nothduͤrfftigen
Wartungs-Mitteln nichts zuerlangen geweſen/ wie in dieſen
Laͤndern es gehet/ wenn ich gleich ſonſt allen guten Willen ge-
habt. Aber Gott halff mir/ daß es uͤberhin gieng und dar-
nach ſaſſen wir wieder auf/ wagtens und kamen auch/ Gott
Lob/ ohne Schaden uͤber dieſe boͤſe Bruͤcke/ woruͤber wir alle
froh waren.

Allhier haben wir Tyro ſchon ſehen koͤnnen/ welches wir
denn auch bald nach halb Abend erreichet und uns nach
Nothdurfft allda umgeſehen haben/ wiewol wir nicht drinnen
blieben ſeyn.

Das VII. Capitul.

Von der Stadt Tyro/ Tripolis, Damaſco und
Laodicæa.

DJe Stadt Tyro iſt ietziger Zeit nach gar ein kleines und
faſt ja ſo ein geringes Staͤdtlein/ als Sydon/ wiewol ſie

vor
L l 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0271" n="265"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebenja&#x0364;hrige Welt-Be&#x017F;chauung.</hi></fw><lb/>
glu&#x0364;ck/ daß ich fa&#x017F;t deß Auff&#x017F;tehens verge&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollen. Denn in-<lb/>
dem mein Pferd mit mir &#x017F;tu&#x0364;rtzte/ tha&#x0364;t ich einen &#x017F;olchen Fall/<lb/>
daß man mich fu&#x0364;r tod auffhub und ich hernach u&#x0364;ber vier Wo-<lb/>
chen dran zu klauben hatte/ ehe ich mich wider erholen konte.</p><lb/>
            <p>Hier auff kamen wir zu einem Fluß/ welcher &#x017F;ehr tieff und<lb/>
das Wa&#x017F;&#x017F;er drin&#x0303;en gantz gru&#x0364;n war/ und &#x017F;oll/ wie man mi be-<lb/>
richtete/ ein Arm vom Jordan &#x017F;eyn. Es gieng eine alte bo&#x0364;&#x017F;e zer-<lb/>
brochene und lo&#x0364;cherige Bru&#x0364;cke hinu&#x0364;ber/ u&#x0364;ber welche wir ge-<lb/>
fa&#x0364;hrlich reiten hatten und konten doch nicht um hin. Wir legten<lb/>
uns aber zuvor ein wenig dabey nieder und ruheten in etwas/<lb/>
da befand ich mich von meinem Fall er&#x017F;t recht u&#x0364;bel und war<lb/>
mir nicht wol zu muthe dabey/ in Erwegung/ daß ich da in der<lb/>
weiten Fremde unter &#x017F;olchen Barbari&#x017F;chen Leuten war/ von<lb/>
denen ich wenig guten Willen und Liebe/ dem An&#x017F;ehen nach/<lb/>
wu&#x0364;rde zu hoffen gehabt haben/ wenn ich mich kranck ha&#x0364;tte le-<lb/>
gen &#x017F;ollen/ oder wa&#x0364;re doch an Artzneyen und Nothdu&#x0364;rfftigen<lb/>
Wartungs-Mitteln nichts zuerlangen gewe&#x017F;en/ wie in die&#x017F;en<lb/>
La&#x0364;ndern es gehet/ wenn ich gleich &#x017F;on&#x017F;t allen guten Willen ge-<lb/>
habt. Aber Gott halff mir/ daß es u&#x0364;berhin gieng und dar-<lb/>
nach &#x017F;a&#x017F;&#x017F;en wir wieder auf/ wagtens und kamen auch/ Gott<lb/>
Lob/ ohne Schaden u&#x0364;ber die&#x017F;e bo&#x0364;&#x017F;e Bru&#x0364;cke/ woru&#x0364;ber wir alle<lb/>
froh waren.</p><lb/>
            <p>Allhier haben wir Tyro &#x017F;chon &#x017F;ehen ko&#x0364;nnen/ welches wir<lb/>
denn auch bald nach halb Abend erreichet und uns nach<lb/>
Nothdurfft allda umge&#x017F;ehen haben/ wiewol wir nicht drinnen<lb/>
blieben &#x017F;eyn.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#fr">Das</hi><hi rendition="#aq">VII</hi>. <hi rendition="#fr">Capitul.</hi></head><lb/>
            <argument>
              <p> <hi rendition="#c">Von der Stadt Tyro/ <hi rendition="#aq">Tripolis, Dama&#x017F;co</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">Laodicæa</hi>.</hi> </p>
            </argument><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>Je Stadt Tyro i&#x017F;t ietziger Zeit nach gar ein kleines und<lb/>
fa&#x017F;t ja &#x017F;o ein geringes Sta&#x0364;dtlein/ als Sydon/ wiewol &#x017F;ie<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L l 2</fw><fw place="bottom" type="catch">vor</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[265/0271] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. gluͤck/ daß ich faſt deß Auffſtehens vergeſſen ſollen. Denn in- dem mein Pferd mit mir ſtuͤrtzte/ thaͤt ich einen ſolchen Fall/ daß man mich fuͤr tod auffhub und ich hernach uͤber vier Wo- chen dran zu klauben hatte/ ehe ich mich wider erholen konte. Hier auff kamen wir zu einem Fluß/ welcher ſehr tieff und das Waſſer driñen gantz gruͤn war/ und ſoll/ wie man mi be- richtete/ ein Arm vom Jordan ſeyn. Es gieng eine alte boͤſe zer- brochene und loͤcherige Bruͤcke hinuͤber/ uͤber welche wir ge- faͤhrlich reiten hatten und konten doch nicht um hin. Wir legten uns aber zuvor ein wenig dabey nieder und ruheten in etwas/ da befand ich mich von meinem Fall erſt recht uͤbel und war mir nicht wol zu muthe dabey/ in Erwegung/ daß ich da in der weiten Fremde unter ſolchen Barbariſchen Leuten war/ von denen ich wenig guten Willen und Liebe/ dem Anſehen nach/ wuͤrde zu hoffen gehabt haben/ wenn ich mich kranck haͤtte le- gen ſollen/ oder waͤre doch an Artzneyen und Nothduͤrfftigen Wartungs-Mitteln nichts zuerlangen geweſen/ wie in dieſen Laͤndern es gehet/ wenn ich gleich ſonſt allen guten Willen ge- habt. Aber Gott halff mir/ daß es uͤberhin gieng und dar- nach ſaſſen wir wieder auf/ wagtens und kamen auch/ Gott Lob/ ohne Schaden uͤber dieſe boͤſe Bruͤcke/ woruͤber wir alle froh waren. Allhier haben wir Tyro ſchon ſehen koͤnnen/ welches wir denn auch bald nach halb Abend erreichet und uns nach Nothdurfft allda umgeſehen haben/ wiewol wir nicht drinnen blieben ſeyn. Das VII. Capitul. Von der Stadt Tyro/ Tripolis, Damaſco und Laodicæa. DJe Stadt Tyro iſt ietziger Zeit nach gar ein kleines und faſt ja ſo ein geringes Staͤdtlein/ als Sydon/ wiewol ſie vor L l 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/271
Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/271>, abgerufen am 19.04.2024.