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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.

Den 7. Martij sind wir mittags 4. zu Neutaverna an-
kommen: Jst nur ein Wirthshauß und gehöret zum Schlosse/
Potschaff/ abends aber 5. nach Schettwien. Jst ein langer
Marckt/ durch welchen mitten hin ein Flößlein gehet/ auf dessen
beiden Seiten die Häuser langs hin gebauet stehen. Hat zwey
Thor und eine starcke Festung auf einem hohen scharffen Fel-
sen/ welcher gar gehlings sich in die Höhe ziehet und ist die Stie-
ge hinauf gantz in Felß gehauen/ der Marckt aber ligt zwischen
gar engen Felsen in der Tieffe.

Früh Morgens den 8. Martij sind wir wieder auff gewe-
sen und über den hohen Berg Sömmering/ der sich flugs aus-
sen vor dem Marckt anhebet und drey vierthel Meilen hoch ist/
gereiset. Zu öberst auf solchem Berge stehet ein höltzern Creutz
welches Oesterreich und die Steuermarck voneinander schei-
det/ davon ohne Zweiffel auch der nechst angrentzende Orth
Schedwien den Namen bekommen und so viel heissen soll/ als
scheide Wien/ weil sich dabey Wienerland und die Steuermarck
scheiden.

An diesem Berge haben die Fuhrleute grosse Noth ehe sie
hinüber kommen und müssen immer von 26. biß 30. Ochsen für
einen Wagen spannen/ so schwer gehets daher und führen sol-
che Fuhrleute gemeiniglich Ochsenhäute und Kupffer in Kärnd-
ten. Der Schnee liegt gar lange drauf/ da unten keiner zu sehen
ist. Haben also diesen Tag über lauter Berg und Thal reisen
müssen/ sind 6. auf Klocknitz zu kommen/ da ein Benedictiner-
Closter auf einem Berge gelegen/ worinnen ein Abt wohnet:
Weiter 7. nach Spittel/ da wir Mittags-Mahlzeit gehalten
und dann ferner 8. nach Meerzuschlag. Jst ein schöner und
wolgebauter Marckt/ welcher auch zwey Thor einander gleich
entgegen hat/ eben wie Schetwien/ wiewol er nicht so groß ist/

vier
N
Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.

Den 7. Martij ſind wir mittags 4. zu Neutaverna an-
kommen: Jſt nur ein Wirthshauß und gehoͤret zum Schloſſe/
Potſchaff/ abends aber 5. nach Schettwien. Jſt ein langer
Marckt/ duꝛch welchen mitten hin ein Floͤßlein gehet/ auf deſſen
beiden Seiten die Haͤuſer langs hin gebauet ſtehen. Hat zwey
Thor und eine ſtarcke Feſtung auf einem hohen ſcharffen Fel-
ſen/ welcher gar gehlings ſich in die Hoͤhe ziehet und iſt die Stie-
ge hinauf gantz in Felß gehauen/ der Marckt aber ligt zwiſchen
gar engen Felſen in der Tieffe.

Fruͤh Morgens den 8. Martij ſind wir wieder auff gewe-
ſen und uͤber den hohen Berg Soͤmmering/ der ſich flugs auſ-
ſen vor dem Marckt anhebet und drey vierthel Meilen hoch iſt/
gereiſet. Zu oͤberſt auf ſolchem Berge ſtehet ein hoͤltzern Creutz
welches Oeſterreich und die Steuermarck voneinander ſchei-
det/ davon ohne Zweiffel auch der nechſt angrentzende Orth
Schedwien den Namen bekommen und ſo viel heiſſen ſoll/ als
ſcheide Wien/ weil ſich dabey Wienerland und die Steuermarck
ſcheiden.

An dieſem Berge haben die Fuhrleute groſſe Noth ehe ſie
hinuͤber kommen und muͤſſen immer von 26. biß 30. Ochſen fuͤr
einen Wagen ſpannen/ ſo ſchwer gehets daher und fuͤhren ſol-
che Fuhrleute gemeiniglich Ochſenhaͤute uñ Kupffer in Kaͤrnd-
ten. Der Schnee liegt gar lange drauf/ da unten keiner zu ſehen
iſt. Haben alſo dieſen Tag uͤber lauter Berg und Thal reiſen
muͤſſen/ ſind 6. auf Klocknitz zu kommen/ da ein Benedictiner-
Cloſter auf einem Berge gelegen/ worinnen ein Abt wohnet:
Weiter 7. nach Spittel/ da wir Mittags-Mahlzeit gehalten
und dann ferner 8. nach Meerzuſchlag. Jſt ein ſchoͤner und
wolgebauter Marckt/ welcher auch zwey Thor einander gleich
entgegen hat/ eben wie Schetwien/ wiewol er nicht ſo groß iſt/

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[95/0101] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. Den 7. Martij ſind wir mittags 4. zu Neutaverna an- kommen: Jſt nur ein Wirthshauß und gehoͤret zum Schloſſe/ Potſchaff/ abends aber 5. nach Schettwien. Jſt ein langer Marckt/ duꝛch welchen mitten hin ein Floͤßlein gehet/ auf deſſen beiden Seiten die Haͤuſer langs hin gebauet ſtehen. Hat zwey Thor und eine ſtarcke Feſtung auf einem hohen ſcharffen Fel- ſen/ welcher gar gehlings ſich in die Hoͤhe ziehet und iſt die Stie- ge hinauf gantz in Felß gehauen/ der Marckt aber ligt zwiſchen gar engen Felſen in der Tieffe. Fruͤh Morgens den 8. Martij ſind wir wieder auff gewe- ſen und uͤber den hohen Berg Soͤmmering/ der ſich flugs auſ- ſen vor dem Marckt anhebet und drey vierthel Meilen hoch iſt/ gereiſet. Zu oͤberſt auf ſolchem Berge ſtehet ein hoͤltzern Creutz welches Oeſterreich und die Steuermarck voneinander ſchei- det/ davon ohne Zweiffel auch der nechſt angrentzende Orth Schedwien den Namen bekommen und ſo viel heiſſen ſoll/ als ſcheide Wien/ weil ſich dabey Wienerland und die Steuermarck ſcheiden. An dieſem Berge haben die Fuhrleute groſſe Noth ehe ſie hinuͤber kommen und muͤſſen immer von 26. biß 30. Ochſen fuͤr einen Wagen ſpannen/ ſo ſchwer gehets daher und fuͤhren ſol- che Fuhrleute gemeiniglich Ochſenhaͤute uñ Kupffer in Kaͤrnd- ten. Der Schnee liegt gar lange drauf/ da unten keiner zu ſehen iſt. Haben alſo dieſen Tag uͤber lauter Berg und Thal reiſen muͤſſen/ ſind 6. auf Klocknitz zu kommen/ da ein Benedictiner- Cloſter auf einem Berge gelegen/ worinnen ein Abt wohnet: Weiter 7. nach Spittel/ da wir Mittags-Mahlzeit gehalten und dann ferner 8. nach Meerzuſchlag. Jſt ein ſchoͤner und wolgebauter Marckt/ welcher auch zwey Thor einander gleich entgegen hat/ eben wie Schetwien/ wiewol er nicht ſo groß iſt/ vier N

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/101>, abgerufen am 24.04.2024.