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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.
Stück gehalten/ dieweil man alle Adern an Christi Armen er-
kennen kan und nicht anders ist/ als wenns leibhafftig also we-
re. Jtem ein Adler von Ertz/ welcher sehr groß und von einer
Seite zur andern gewendet werden konte. Hatte außgebrei-
tete Flügel/ darauff man stat eines Pulpets die Bücher le-
gete.

Die Gassen in der Stadt Candia sind gar enge und fast
nur die Gasse vom Thor unten am Meer biß auf den Platz/ da
man feil hat/ gepflastert und werden die Jnnwohner dieser Jn-
sul von der überauß grossen Hitze gewaltig verbrennt und ge-
färbet.

Die Bauren auf dieser Jnsul gehen in weiser Leinwat/
nach welscher manier, gemacht in Hosen und Camisolen/ haben
auf den Rücken grosse breite Dolche/ oder lange Degen/ wenn
sie von denen Dörffern in die Städte gehen.

An der Stadt Candia sind zwey hohe Berge/ einer etwas
über der Stadt Monte di Geove, oder der Jupiter Berg/ wel-
cher über alle masse hoch und der höchste Berg im gantzen Kö-
nigreich ist und hat allda vor langen Zeiten ein mächtiger Fürst
gewohnet/ so sich vor den Gott Jupiter außgegeben/ dahero
auch der Berg solchen Namen bekommen. Der andere Berg/ so
auch sehr hoch und zugespitzt/ ist etwas unterhalb der Stadt
Mente di S. Cruce, der Berg deß heiligen Creutzes genannt.

Allhier muß ich noch eines sonderlchen Wunders geden-
cken/ daß wol zu mercken ist. Jn dieser Jnsul haben die Weiber
gar eine sonderbare böse gifftige Natur. Denn wenn sie zornig
werden und einen Mann so etwann mit ihnen in Zanck geräth/
beissen/ derselbe muß davon deß Todes seyn und kan von solchen
gifftigen Biß nicht geheilet werden. Da mögte wol der Wunsch
gelten/ als sonst an einem Orthe in der Welt/ wenn Sirach
spricht: Kein Zorn ist bitterer/ denn der Frauen Zorn. Jch

wol-

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
Stuͤck gehalten/ dieweil man alle Adern an Chriſti Armen er-
kennen kan und nicht anders iſt/ als wenns leibhafftig alſo we-
re. Jtem ein Adler von Ertz/ welcher ſehr groß und von einer
Seite zur andern gewendet werden konte. Hatte außgebrei-
tete Fluͤgel/ darauff man ſtat eines Pulpets die Buͤcher le-
gete.

Die Gaſſen in der Stadt Candia ſind gar enge und faſt
nur die Gaſſe vom Thor unten am Meer biß auf den Platz/ da
man feil hat/ gepflaſtert und werden die Jnnwohner dieſer Jn-
ſul von der uͤberauß groſſen Hitze gewaltig verbrennt und ge-
faͤrbet.

Die Bauren auf dieſer Jnſul gehen in weiſer Leinwat/
nach welſcher manier, gemacht in Hoſen und Camiſolen/ haben
auf den Ruͤcken groſſe breite Dolche/ oder lange Degen/ wenn
ſie von denen Doͤrffern in die Staͤdte gehen.

An der Stadt Candia ſind zwey hohe Berge/ einer etwas
uͤber der Stadt Monte di Geove, oder der Jupiter Berg/ wel-
cher uͤber alle maſſe hoch und der hoͤchſte Berg im gantzen Koͤ-
nigreich iſt und hat allda vor langẽ Zeiten ein maͤchtiger Fuͤrſt
gewohnet/ ſo ſich vor den Gott Jupiter außgegeben/ dahero
auch der Berg ſolchen Namen bekommen. Der andere Berg/ ſo
auch ſehr hoch und zugeſpitzt/ iſt etwas unterhalb der Stadt
Mente di S. Cruce, der Berg deß heiligen Creutzes genannt.

Allhier muß ich noch eines ſonderlchen Wunders geden-
cken/ daß wol zu mercken iſt. Jn dieſer Jnſul haben die Weiber
gar eine ſonderbare boͤſe gifftige Natur. Denn wenn ſie zornig
werden und einen Mann ſo etwann mit ihnen in Zanck geraͤth/
beiſſen/ derſelbe muß davon deß Todes ſeyn und kan von ſolchen
gifftigen Biß nicht geheilet werden. Da moͤgte wol der Wunſch
gelten/ als ſonſt an einem Orthe in der Welt/ wenn Sirach
ſpricht: Kein Zorn iſt bitterer/ denn der Frauen Zorn. Jch

wol-
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[134/0140] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. Stuͤck gehalten/ dieweil man alle Adern an Chriſti Armen er- kennen kan und nicht anders iſt/ als wenns leibhafftig alſo we- re. Jtem ein Adler von Ertz/ welcher ſehr groß und von einer Seite zur andern gewendet werden konte. Hatte außgebrei- tete Fluͤgel/ darauff man ſtat eines Pulpets die Buͤcher le- gete. Die Gaſſen in der Stadt Candia ſind gar enge und faſt nur die Gaſſe vom Thor unten am Meer biß auf den Platz/ da man feil hat/ gepflaſtert und werden die Jnnwohner dieſer Jn- ſul von der uͤberauß groſſen Hitze gewaltig verbrennt und ge- faͤrbet. Die Bauren auf dieſer Jnſul gehen in weiſer Leinwat/ nach welſcher manier, gemacht in Hoſen und Camiſolen/ haben auf den Ruͤcken groſſe breite Dolche/ oder lange Degen/ wenn ſie von denen Doͤrffern in die Staͤdte gehen. An der Stadt Candia ſind zwey hohe Berge/ einer etwas uͤber der Stadt Monte di Geove, oder der Jupiter Berg/ wel- cher uͤber alle maſſe hoch und der hoͤchſte Berg im gantzen Koͤ- nigreich iſt und hat allda vor langẽ Zeiten ein maͤchtiger Fuͤrſt gewohnet/ ſo ſich vor den Gott Jupiter außgegeben/ dahero auch der Berg ſolchen Namen bekommen. Der andere Berg/ ſo auch ſehr hoch und zugeſpitzt/ iſt etwas unterhalb der Stadt Mente di S. Cruce, der Berg deß heiligen Creutzes genannt. Allhier muß ich noch eines ſonderlchen Wunders geden- cken/ daß wol zu mercken iſt. Jn dieſer Jnſul haben die Weiber gar eine ſonderbare boͤſe gifftige Natur. Denn wenn ſie zornig werden und einen Mann ſo etwann mit ihnen in Zanck geraͤth/ beiſſen/ derſelbe muß davon deß Todes ſeyn und kan von ſolchen gifftigen Biß nicht geheilet werden. Da moͤgte wol der Wunſch gelten/ als ſonſt an einem Orthe in der Welt/ wenn Sirach ſpricht: Kein Zorn iſt bitterer/ denn der Frauen Zorn. Jch wol-

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/140>, abgerufen am 29.03.2024.