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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.
wachsen und endlich auch auß- und über gehet und das Land
überschwemmet.

Allda zu Babylon/ oder Alkair ist ein Thurm/ in welchem
eine grosse hohe Seule stehet mit gewissen Abtheilungen/ daran
man das Wachsen und Fallen abmercken/ wie auch sehen kan/
wenn und an welchem Gemercke er ein guthes Jahr bedeutet.
Darzu sind gewisse Personen bestellet/ die acht drauf geben müs-
sen/ ausser denen sonst niemand leichtlich darzu gelassen wird.

Und wenn denn gedachter Nilus ins Wachsen und zuneh-
men kömmet/ so entstehet deßwegen im gantzen Königreich
grosse Freude und kommen alsdenn die Wasser-Wächter/
Mohren und Araber/ vom Nilo in die Stadt gelauffen und
schreyen auf den Gassen auß/ wie hoch das Wasser denselben
Tag und Nacht gewachsen/ weßwegen ihnen denn die Jnn-
wohner für Freuden viel Trinckgeld geben. Und das geschicht
alle Tage/ so lange der Nilus wächset.

Es hebt aber der Nilus den 15. Junij an zu wachsen und
wäret funffzig Tage also. Und wenn derselbe nun gnug ge-
wachsen hat/ so gehet er alsdenn aus und über und trit in der
Stadt Babylon/ oder Gran Cair, in die an vielen Orthen dar-
zu gemachte Graben und Schleussen/ daß man mit Schiffen
durch die Stadt fahren kan und stehet also von 16. biß 20. Ta-
ge lang/ ehe er wider fället und das geschicht alle Jahr nur ein-
mahl.

Jch habe gesehen/ daß das Erdreich vor grosser Dürre
so aufgerissen gewesen/ daß man mehr als eine gute quer Hand
drein legen können/ dahero denn freylich iederman froh wird/
wenn der Nilus übergehet/ damit das Erdreich erquicket wird.

Jch habe gesehen/ daß die vornehmsten Türcken von Ba-
schen und auch andern auf Schiffen hinaus an den Nilum ge-
fahren mit allerhand ihrer Art nach Musicalischen Jnstru-

men-

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
wachſen und endlich auch auß- und uͤber gehet und das Land
uͤberſchwemmet.

Allda zu Babylon/ oder Alkair iſt ein Thurm/ in welchem
eine groſſe hohe Seule ſtehet mit gewiſſen Abtheilungen/ daran
man das Wachſen und Fallen abmercken/ wie auch ſehen kan/
wenn und an welchem Gemercke er ein guthes Jahr bedeutet.
Darzu ſind gewiſſe Perſonẽ beſtellet/ die acht drauf geben muͤſ-
ſen/ auſſer denen ſonſt niemand leichtlich darzu gelaſſen wird.

Und wenn denn gedachter Nilus ins Wachſen und zuneh-
men koͤmmet/ ſo entſtehet deßwegen im gantzen Koͤnigreich
groſſe Freude und kommen alsdenn die Waſſer-Waͤchter/
Mohren und Araber/ vom Nilo in die Stadt gelauffen und
ſchreyen auf den Gaſſen auß/ wie hoch das Waſſer denſelben
Tag und Nacht gewachſen/ weßwegen ihnen denn die Jnn-
wohner fuͤr Freuden viel Trinckgeld geben. Und das geſchicht
alle Tage/ ſo lange der Nilus waͤchſet.

Es hebt aber der Nilus den 15. Junij an zu wachſen und
waͤret funffzig Tage alſo. Und wenn derſelbe nun gnug ge-
wachſen hat/ ſo gehet er alsdenn aus und uͤber und trit in der
Stadt Babylon/ oder Gran Cair, in die an vielen Orthen dar-
zu gemachte Graben und Schleuſſen/ daß man mit Schiffen
durch die Stadt fahren kan und ſtehet alſo von 16. biß 20. Ta-
ge lang/ ehe er wider faͤllet und das geſchicht alle Jahr nur ein-
mahl.

Jch habe geſehen/ daß das Erdreich vor groſſer Duͤrre
ſo aufgeriſſen geweſen/ daß man mehr als eine gute quer Hand
drein legen koͤnnen/ dahero denn freylich iederman froh wird/
wenn der Nilus uͤbergehet/ damit das Erdreich erquicket wird.

Jch habe geſehen/ daß die vornehmſten Tuͤrcken von Ba-
ſchen und auch andern auf Schiffen hinaus an den Nilum ge-
fahren mit allerhand ihrer Art nach Muſicaliſchen Jnſtru-

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[166/0172] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. wachſen und endlich auch auß- und uͤber gehet und das Land uͤberſchwemmet. Allda zu Babylon/ oder Alkair iſt ein Thurm/ in welchem eine groſſe hohe Seule ſtehet mit gewiſſen Abtheilungen/ daran man das Wachſen und Fallen abmercken/ wie auch ſehen kan/ wenn und an welchem Gemercke er ein guthes Jahr bedeutet. Darzu ſind gewiſſe Perſonẽ beſtellet/ die acht drauf geben muͤſ- ſen/ auſſer denen ſonſt niemand leichtlich darzu gelaſſen wird. Und wenn denn gedachter Nilus ins Wachſen und zuneh- men koͤmmet/ ſo entſtehet deßwegen im gantzen Koͤnigreich groſſe Freude und kommen alsdenn die Waſſer-Waͤchter/ Mohren und Araber/ vom Nilo in die Stadt gelauffen und ſchreyen auf den Gaſſen auß/ wie hoch das Waſſer denſelben Tag und Nacht gewachſen/ weßwegen ihnen denn die Jnn- wohner fuͤr Freuden viel Trinckgeld geben. Und das geſchicht alle Tage/ ſo lange der Nilus waͤchſet. Es hebt aber der Nilus den 15. Junij an zu wachſen und waͤret funffzig Tage alſo. Und wenn derſelbe nun gnug ge- wachſen hat/ ſo gehet er alsdenn aus und uͤber und trit in der Stadt Babylon/ oder Gran Cair, in die an vielen Orthen dar- zu gemachte Graben und Schleuſſen/ daß man mit Schiffen durch die Stadt fahren kan und ſtehet alſo von 16. biß 20. Ta- ge lang/ ehe er wider faͤllet und das geſchicht alle Jahr nur ein- mahl. Jch habe geſehen/ daß das Erdreich vor groſſer Duͤrre ſo aufgeriſſen geweſen/ daß man mehr als eine gute quer Hand drein legen koͤnnen/ dahero denn freylich iederman froh wird/ wenn der Nilus uͤbergehet/ damit das Erdreich erquicket wird. Jch habe geſehen/ daß die vornehmſten Tuͤrcken von Ba- ſchen und auch andern auf Schiffen hinaus an den Nilum ge- fahren mit allerhand ihrer Art nach Muſicaliſchen Jnſtru- men-

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/172>, abgerufen am 19.04.2024.