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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.
heiligen Berge Sinai/ worüber er denn ein grosses Gefallen
hatte und fertigte alsbald einen von seinen München abe/ ließ
eine Schüssel voll schöne Pirn holen und mir vortragen und
mich zu Geniessung derselben nöthigen.

Hiernebenst ließ er auch eine Flasche mit Brantewein
langen/ ein Gläßlein davon einschencken und mir praesentiren.
Weil mirs aber höchst zu wider/ sintemal ich den Brantewein
mein Tage nicht wol vertragen können/ meist mich aber besor-
gete/ so ich dieses ungewohnte hitzige Geträncke auf bißhero
außgestandene grosse und nochhabende Hitze in mich giessen
würde/ daß ich mir eine schwere Kranckheit übern Halß ziehen
mögte/ da ich denn unter solchen barbarischen Leuten der
elendeste Mensch gewesen wäre/ habe ich mich durch
meinen Türcken und Tolmetscher aufs beste müglich ge-
wesen/ entschuldigen und meine bewegliche Ursachen
melden lassen. Solches nam auch der Bischoff gar
freundlich auf und ließ mir nicht allein nach meinem selbst ei-
genen Gefallen ein halb Gläßlein einschencken/ welches ich
auch zu grossem Dancke annahm/ sondern griff auch zu Be-
zeigung sonderbarer affection in die Schüssel und reichete mir
eine Hand voll Pirn. Und war also alle Sache mit mirguth.

Weil ich damals das Meinige verrichtet hatte/ habe ich
durch meinen Tollmetscher für die mir erwiesene grosse Gnade
dancken und bitten lassen mir einen gnädigen Abtritt zuverstat-
ten/ mit Fürwenden/ daß Jhrer Gnaden ich nicht länger be-
schwerlich seyn/ noch sie an ihrer hochwichtigen Ampts-Ver-
richtung hindern wolte/ wie vielleicht ich ohne deß bißhero mehr
als zu viel gethan/ auch daß mich Jhre Gnaden ferner zu ihrer
Gnade und Förderung wolle befohlen seyn lassen/ welches er
mir auch versprochen und in der That bewiesen hat.

Hierauff hater mich in eine Kammer bringen lassen/
worinnen etwann einer halben Elen hoch von der Erden mit

Bretern
C c

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
heiligen Berge Sinai/ woruͤber er denn ein groſſes Gefallen
hatte und fertigte alsbald einen von ſeinen Muͤnchen abe/ ließ
eine Schuͤſſel voll ſchoͤne Pirn holen und mir vortragen und
mich zu Genieſſung derſelben noͤthigen.

Hiernebenſt ließ er auch eine Flaſche mit Brantewein
langen/ ein Glaͤßlein davon einſchencken und mir præſentiren.
Weil mirs aber hoͤchſt zu wider/ ſintemal ich den Brantewein
mein Tage nicht wol vertragen koͤnnen/ meiſt mich aber beſor-
gete/ ſo ich dieſes ungewohnte hitzige Getraͤncke auf bißhero
außgeſtandene groſſe und nochhabende Hitze in mich gieſſen
wuͤrde/ daß ich mir eine ſchwere Kranckheit uͤbern Halß ziehen
moͤgte/ da ich denn unter ſolchen barbariſchen Leuten der
elendeſte Menſch geweſen waͤre/ habe ich mich durch
meinen Tuͤrcken und Tolmetſcher aufs beſte muͤglich ge-
weſen/ entſchuldigen und meine bewegliche Urſachen
melden laſſen. Solches nam auch der Biſchoff gar
freundlich auf und ließ mir nicht allein nach meinem ſelbſt ei-
genen Gefallen ein halb Glaͤßlein einſchencken/ welches ich
auch zu groſſem Dancke annahm/ ſondern griff auch zu Be-
zeigung ſonderbarer affection in die Schuͤſſel und reichete mir
eine Hand voll Pirn. Und war alſo alle Sache mit mirguth.

Weil ich damals das Meinige verrichtet hatte/ habe ich
durch meinen Tollmetſcher fuͤr die mir erwieſene groſſe Gnade
dancken und bitten laſſen mir einen gnaͤdigen Abtritt zuveꝛſtat-
ten/ mit Fuͤrwenden/ daß Jhrer Gnaden ich nicht laͤnger be-
ſchwerlich ſeyn/ noch ſie an ihrer hochwichtigen Ampts-Ver-
richtung hindern wolte/ wie vielleicht ich ohne deß bißhero mehr
als zu viel gethan/ auch daß mich Jhre Gnaden ferner zu ihrer
Gnade und Foͤrderung wolle befohlen ſeyn laſſen/ welches er
mir auch verſprochen und in der That bewieſen hat.

Hierauff hater mich in eine Kammer bringen laſſen/
worinnen etwann einer halben Elen hoch von der Erden mit

Bretern
C c
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[199/0205] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. heiligen Berge Sinai/ woruͤber er denn ein groſſes Gefallen hatte und fertigte alsbald einen von ſeinen Muͤnchen abe/ ließ eine Schuͤſſel voll ſchoͤne Pirn holen und mir vortragen und mich zu Genieſſung derſelben noͤthigen. Hiernebenſt ließ er auch eine Flaſche mit Brantewein langen/ ein Glaͤßlein davon einſchencken und mir præſentiren. Weil mirs aber hoͤchſt zu wider/ ſintemal ich den Brantewein mein Tage nicht wol vertragen koͤnnen/ meiſt mich aber beſor- gete/ ſo ich dieſes ungewohnte hitzige Getraͤncke auf bißhero außgeſtandene groſſe und nochhabende Hitze in mich gieſſen wuͤrde/ daß ich mir eine ſchwere Kranckheit uͤbern Halß ziehen moͤgte/ da ich denn unter ſolchen barbariſchen Leuten der elendeſte Menſch geweſen waͤre/ habe ich mich durch meinen Tuͤrcken und Tolmetſcher aufs beſte muͤglich ge- weſen/ entſchuldigen und meine bewegliche Urſachen melden laſſen. Solches nam auch der Biſchoff gar freundlich auf und ließ mir nicht allein nach meinem ſelbſt ei- genen Gefallen ein halb Glaͤßlein einſchencken/ welches ich auch zu groſſem Dancke annahm/ ſondern griff auch zu Be- zeigung ſonderbarer affection in die Schuͤſſel und reichete mir eine Hand voll Pirn. Und war alſo alle Sache mit mirguth. Weil ich damals das Meinige verrichtet hatte/ habe ich durch meinen Tollmetſcher fuͤr die mir erwieſene groſſe Gnade dancken und bitten laſſen mir einen gnaͤdigen Abtritt zuveꝛſtat- ten/ mit Fuͤrwenden/ daß Jhrer Gnaden ich nicht laͤnger be- ſchwerlich ſeyn/ noch ſie an ihrer hochwichtigen Ampts-Ver- richtung hindern wolte/ wie vielleicht ich ohne deß bißhero mehr als zu viel gethan/ auch daß mich Jhre Gnaden ferner zu ihrer Gnade und Foͤrderung wolle befohlen ſeyn laſſen/ welches er mir auch verſprochen und in der That bewieſen hat. Hierauff hater mich in eine Kammer bringen laſſen/ worinnen etwann einer halben Elen hoch von der Erden mit Bretern C c

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/205>, abgerufen am 28.03.2024.