Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Siebenjährige Welt-Beschauung.
müsten sie in Leib und Lebens Gefahr sitzen und im-
mer gewärtig seyn/ daß das lose Gesindlein das Kloster
anfiele und sie mit Strumpf und Stiel außrottete. Zu dem Ende
werden auch/ jährlich drey oder viermahl auß Egypten dem
Kloster so viel victualien zugeführet/ daß sie solch Anlauffen
außstehen und der hungerigen Mohren Boßheit stillen können.

Vor Zeiten ist ein groß Thor ins Kloster gewesen/ ietzt a-
ber ist es zugemauert/ darüber drey grosse runde Steine und
oben drauff ein Loch/ wie ietzt gedacht zu ihrer defension.

Das Kloster hat kein Tach und kan man oben wie auf ei-
nem Althan spatziren gehen/ die Zimmer aber in demselben/
wie auch viel Capellen sind oben mit schwachen Balcken/ wor-
über die Tecke mit Rohr eines starcken Fingers dicke geleget
und Estrich drauff geschlagen ist.

Jm Kloster hats eine überaus schöne Kirche/ welche in-
wendig unten am Boden mit allerley schönen klaren farbich-
ten Marmel besetzet ist/ wie denn auch auf ieder Seite in die
Länge sechs starcke solche Marmelsteinerne Säulen stehen/ in
deren ieder sonderliche Heiligthümer alter Heiligen/ so über ie-
der Seule in einer viereckichten übergüldten Tafel abgemahlet
in darzu eingehauenen viereckichen Gruben/ oder Schrancken
eingefast/ verwahret sind.

Die Kirche ist von lauter Quaterstücken und oben mit
Bley gedeckt/ wiewol die Dächer flach und schmal sind/ unter
welchen durch die Mauer viel kleine Fenster und unter densel-
ben wieder ein ander Dach mit Bley gedeckt ist.

Hinten an dieser Kirchen gegen Morgen ist eine Capelle/
Joh. Baptistae genannt/ worinnen unten an denen Wänden
herum die ältisten Historien der Bücher Mosis abgemahlet zu
sehen. Gegen über ist auch flugs der Berg/ auf welchen Moses
hat sehen den Busch brennen und nicht verbrennen.

Den

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
muͤſten ſie in Leib und Lebens Gefahr ſitzen und im-
mer gewaͤrtig ſeyn/ daß das loſe Geſindlein das Kloſter
anfiele und ſie mit Strumpf uñ Stiel außrottete. Zu dem Ende
werden auch/ jaͤhrlich drey oder viermahl auß Egypten dem
Kloſter ſo viel victualien zugefuͤhret/ daß ſie ſolch Anlauffen
außſtehen und der hungerigen Mohren Boßheit ſtillen koͤñen.

Vor Zeiten iſt ein groß Thor ins Kloſter geweſen/ ietzt a-
ber iſt es zugemauert/ daruͤber drey groſſe runde Steine und
oben drauff ein Loch/ wie ietzt gedacht zu ihrer defenſion.

Das Kloſter hat kein Tach und kan man oben wie auf ei-
nem Althan ſpatziren gehen/ die Zimmer aber in demſelben/
wie auch viel Capellen ſind oben mit ſchwachen Balcken/ wor-
uͤber die Tecke mit Rohr eines ſtarcken Fingers dicke geleget
und Eſtrich drauff geſchlagen iſt.

Jm Kloſter hats eine uͤberaus ſchoͤne Kirche/ welche in-
wendig unten am Boden mit allerley ſchoͤnen klaren farbich-
ten Marmel beſetzet iſt/ wie denn auch auf ieder Seite in die
Laͤnge ſechs ſtarcke ſolche Marmelſteinerne Saͤulen ſtehen/ in
deren ieder ſonderliche Heiligthuͤmer alter Heiligen/ ſo uͤber ie-
der Seule in einer viereckichten uͤberguͤldten Tafel abgemahlet
in darzu eingehauenen viereckichen Gruben/ oder Schrancken
eingefaſt/ verwahret ſind.

Die Kirche iſt von lauter Quaterſtuͤcken und oben mit
Bley gedeckt/ wiewol die Daͤcher flach und ſchmal ſind/ unter
welchen durch die Mauer viel kleine Fenſter und unter denſel-
ben wieder ein ander Dach mit Bley gedeckt iſt.

Hinten an dieſer Kirchen gegen Morgen iſt eine Capelle/
Joh. Baptiſtæ genannt/ worinnen unten an denen Waͤnden
herum die aͤltiſten Hiſtorien der Buͤcher Moſis abgemahlet zu
ſehen. Gegen uͤber iſt auch flugs der Berg/ auf welchen Moſes
hat ſehen den Buſch brennen und nicht verbrennen.

Den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0208" n="202"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebenja&#x0364;hrige Welt-Be&#x017F;chauung.</hi></fw><lb/>
mu&#x0364;&#x017F;ten &#x017F;ie in Leib und Lebens Gefahr &#x017F;itzen und im-<lb/>
mer gewa&#x0364;rtig &#x017F;eyn/ daß das lo&#x017F;e Ge&#x017F;indlein das Klo&#x017F;ter<lb/>
anfiele und &#x017F;ie mit Strumpf un&#x0303; Stiel außrottete. Zu dem Ende<lb/>
werden auch/ ja&#x0364;hrlich drey oder viermahl auß Egypten dem<lb/>
Klo&#x017F;ter &#x017F;o viel <hi rendition="#aq">victualien</hi> zugefu&#x0364;hret/ daß &#x017F;ie &#x017F;olch Anlauffen<lb/>
auß&#x017F;tehen und der hungerigen Mohren Boßheit &#x017F;tillen ko&#x0364;n&#x0303;en.</p><lb/>
            <p>Vor Zeiten i&#x017F;t ein groß Thor ins Klo&#x017F;ter gewe&#x017F;en/ ietzt a-<lb/>
ber i&#x017F;t es zugemauert/ daru&#x0364;ber drey gro&#x017F;&#x017F;e runde Steine und<lb/>
oben drauff ein Loch/ wie ietzt gedacht zu ihrer <hi rendition="#aq">defen&#x017F;ion.</hi></p><lb/>
            <p>Das Klo&#x017F;ter hat kein Tach und kan man oben wie auf ei-<lb/>
nem Althan &#x017F;patziren gehen/ die Zimmer aber in dem&#x017F;elben/<lb/>
wie auch viel Capellen &#x017F;ind oben mit &#x017F;chwachen Balcken/ wor-<lb/>
u&#x0364;ber die Tecke mit Rohr eines &#x017F;tarcken Fingers dicke geleget<lb/>
und E&#x017F;trich drauff ge&#x017F;chlagen i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Jm Klo&#x017F;ter hats eine u&#x0364;beraus &#x017F;cho&#x0364;ne Kirche/ welche in-<lb/>
wendig unten am Boden mit allerley &#x017F;cho&#x0364;nen klaren farbich-<lb/>
ten Marmel be&#x017F;etzet i&#x017F;t/ wie denn auch auf ieder Seite in die<lb/>
La&#x0364;nge &#x017F;echs &#x017F;tarcke &#x017F;olche Marmel&#x017F;teinerne Sa&#x0364;ulen &#x017F;tehen/ in<lb/>
deren ieder &#x017F;onderliche Heiligthu&#x0364;mer alter Heiligen/ &#x017F;o u&#x0364;ber ie-<lb/>
der Seule in einer viereckichten u&#x0364;bergu&#x0364;ldten Tafel abgemahlet<lb/>
in darzu eingehauenen viereckichen Gruben/ oder Schrancken<lb/>
eingefa&#x017F;t/ verwahret &#x017F;ind.</p><lb/>
            <p>Die Kirche i&#x017F;t von lauter Quater&#x017F;tu&#x0364;cken und oben mit<lb/>
Bley gedeckt/ wiewol die Da&#x0364;cher flach und &#x017F;chmal &#x017F;ind/ unter<lb/>
welchen durch die Mauer viel kleine Fen&#x017F;ter und unter den&#x017F;el-<lb/>
ben wieder ein ander Dach mit Bley gedeckt i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Hinten an die&#x017F;er Kirchen gegen Morgen i&#x017F;t eine Capelle/<lb/><hi rendition="#aq">Joh. Bapti&#x017F;tæ</hi> genannt/ worinnen unten an denen Wa&#x0364;nden<lb/>
herum die a&#x0364;lti&#x017F;ten Hi&#x017F;torien der Bu&#x0364;cher Mo&#x017F;is abgemahlet zu<lb/>
&#x017F;ehen. Gegen u&#x0364;ber i&#x017F;t auch flugs der Berg/ auf welchen Mo&#x017F;es<lb/>
hat &#x017F;ehen den Bu&#x017F;ch brennen und nicht verbrennen.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Den</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0208] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. muͤſten ſie in Leib und Lebens Gefahr ſitzen und im- mer gewaͤrtig ſeyn/ daß das loſe Geſindlein das Kloſter anfiele und ſie mit Strumpf uñ Stiel außrottete. Zu dem Ende werden auch/ jaͤhrlich drey oder viermahl auß Egypten dem Kloſter ſo viel victualien zugefuͤhret/ daß ſie ſolch Anlauffen außſtehen und der hungerigen Mohren Boßheit ſtillen koͤñen. Vor Zeiten iſt ein groß Thor ins Kloſter geweſen/ ietzt a- ber iſt es zugemauert/ daruͤber drey groſſe runde Steine und oben drauff ein Loch/ wie ietzt gedacht zu ihrer defenſion. Das Kloſter hat kein Tach und kan man oben wie auf ei- nem Althan ſpatziren gehen/ die Zimmer aber in demſelben/ wie auch viel Capellen ſind oben mit ſchwachen Balcken/ wor- uͤber die Tecke mit Rohr eines ſtarcken Fingers dicke geleget und Eſtrich drauff geſchlagen iſt. Jm Kloſter hats eine uͤberaus ſchoͤne Kirche/ welche in- wendig unten am Boden mit allerley ſchoͤnen klaren farbich- ten Marmel beſetzet iſt/ wie denn auch auf ieder Seite in die Laͤnge ſechs ſtarcke ſolche Marmelſteinerne Saͤulen ſtehen/ in deren ieder ſonderliche Heiligthuͤmer alter Heiligen/ ſo uͤber ie- der Seule in einer viereckichten uͤberguͤldten Tafel abgemahlet in darzu eingehauenen viereckichen Gruben/ oder Schrancken eingefaſt/ verwahret ſind. Die Kirche iſt von lauter Quaterſtuͤcken und oben mit Bley gedeckt/ wiewol die Daͤcher flach und ſchmal ſind/ unter welchen durch die Mauer viel kleine Fenſter und unter denſel- ben wieder ein ander Dach mit Bley gedeckt iſt. Hinten an dieſer Kirchen gegen Morgen iſt eine Capelle/ Joh. Baptiſtæ genannt/ worinnen unten an denen Waͤnden herum die aͤltiſten Hiſtorien der Buͤcher Moſis abgemahlet zu ſehen. Gegen uͤber iſt auch flugs der Berg/ auf welchen Moſes hat ſehen den Buſch brennen und nicht verbrennen. Den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/208
Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/208>, abgerufen am 25.04.2024.