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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.
man würde stürtzen und Hals und Beine brechen. Zu höchst o-
ben lag ein Dorff/ worbey wir hinreiseten und weil wir einen
Pater und zweene Fratres und Münche aus dem Kloster zu Na-
zareth bey uns hatten/ die uns gar höflich tractirten und be-
gleiteten/ so gaben sie uns die Nachricht/ daß der Prophet Jo-
nas in demselbigen Dorffe begraben lege/ allwo man auch
noch das Grab weisen könte.

Diß ist das Cana in Gallilea/ so zum Unterscheid deß an-
dern Cana in Phoenicien/ um die Gegend Tyro und Sydon
gelegen/ das kleine Cana genennet worden/ weil jenes das
grosse Cana hieß/ allwo der HErr Christus zu seiner Zeit sammt
seiner Mutter und Jüngern zur Hochzeit gewesen und sein er-
stes Wunderwerck in seinem angetretenen Predigampt ge-
than/ indem er Wasser zu Weine gemacht hat.

Es liegt sehr lustig unten am Gebürge in der Ebene/ ist a-
ber ietzo gantz zerstöret und nur ein Dorff: Da zeiget man
noch den Brunn/ woraus die Hochzeit-Diener und Auffwärter
das Wasser geschöpffet/ so der HErr JEsus zu Weine gema-
chet. So weiset man auch noch den Ort und die Stelle allda/
wo das Hochzeit Hauß soll gestanden seyn/ welches man um
so viel gewisser glauben muß/ weil es tieff in die Erde gehet/ daß
man etzliche Stuffen hinunter steigen muß/ sintemal draus zu
schliessen/ daß die Christen ieder Zeit über solche Orthe müssen
gehalten und die Heiden durch so vielfaltiges Zerstören und
Verschütten derselben und der Christen Nachräumen verur-
sachet/ daß sie so unter die Erde gerathen.

Von hierab sind wir in der schönen Ebene eine ziemliche
Weile fort gereiset/ endlich aber wieder über Gebürge voller
Oelbäume und alte zerbrochene Häuser/ sonderlich aber zur
lincken Handwerts hohes zerfallenes Gemäuer/ so wir unten
in der Ebene schon haben können liegen sehen. Und das wärete

also/

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
man wuͤrde ſtuͤrtzen und Hals und Beine brechen. Zu hoͤchſt o-
ben lag ein Dorff/ worbey wir hinreiſeten und weil wir einen
Pater und zweene Fratres und Muͤnche aus dem Kloſter zu Na-
zareth bey uns hatten/ die uns gar hoͤflich tractirten und be-
gleiteten/ ſo gaben ſie uns die Nachricht/ daß der Prophet Jo-
nas in demſelbigen Dorffe begraben lege/ allwo man auch
noch das Grab weiſen koͤnte.

Diß iſt das Cana in Gallilea/ ſo zum Unterſcheid deß an-
dern Cana in Phoenicien/ um die Gegend Tyro und Sydon
gelegen/ das kleine Cana genennet worden/ weil jenes das
groſſe Cana hieß/ allwo der HErr Chriſtus zu ſeiner Zeit ſam̃t
ſeiner Mutter und Juͤngern zur Hochzeit geweſen und ſein er-
ſtes Wunderwerck in ſeinem angetretenen Predigampt ge-
than/ indem er Waſſer zu Weine gemacht hat.

Es liegt ſehr luſtig unten am Gebuͤrge in der Ebene/ iſt a-
ber ietzo gantz zerſtoͤret und nur ein Dorff: Da zeiget man
noch den Brunn/ woraus die Hochzeit-Diener und Auffwaͤrter
das Waſſer geſchoͤpffet/ ſo der HErr JEſus zu Weine gema-
chet. So weiſet man auch noch den Ort und die Stelle allda/
wo das Hochzeit Hauß ſoll geſtanden ſeyn/ welches man um
ſo viel gewiſſer glauben muß/ weil es tieff in die Erde gehet/ daß
man etzliche Stuffen hinunter ſteigen muß/ ſintemal draus zu
ſchlieſſen/ daß die Chriſten ieder Zeit uͤber ſolche Orthe muͤſſen
gehalten und die Heiden durch ſo vielfaltiges Zerſtoͤren und
Verſchuͤtten derſelben und der Chriſten Nachraͤumen verur-
ſachet/ daß ſie ſo unter die Erde gerathen.

Von hierab ſind wir in der ſchoͤnen Ebene eine ziemliche
Weile fort gereiſet/ endlich aber wieder uͤber Gebuͤrge voller
Oelbaͤume und alte zerbrochene Haͤuſer/ ſonderlich aber zur
lincken Handwerts hohes zerfallenes Gemaͤuer/ ſo wir unten
in der Ebene ſchon haben koͤnnen liegen ſehen. Und das waͤrete

alſo/
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[274/0280] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. man wuͤrde ſtuͤrtzen und Hals und Beine brechen. Zu hoͤchſt o- ben lag ein Dorff/ worbey wir hinreiſeten und weil wir einen Pater und zweene Fratres und Muͤnche aus dem Kloſter zu Na- zareth bey uns hatten/ die uns gar hoͤflich tractirten und be- gleiteten/ ſo gaben ſie uns die Nachricht/ daß der Prophet Jo- nas in demſelbigen Dorffe begraben lege/ allwo man auch noch das Grab weiſen koͤnte. Diß iſt das Cana in Gallilea/ ſo zum Unterſcheid deß an- dern Cana in Phoenicien/ um die Gegend Tyro und Sydon gelegen/ das kleine Cana genennet worden/ weil jenes das groſſe Cana hieß/ allwo der HErr Chriſtus zu ſeiner Zeit ſam̃t ſeiner Mutter und Juͤngern zur Hochzeit geweſen und ſein er- ſtes Wunderwerck in ſeinem angetretenen Predigampt ge- than/ indem er Waſſer zu Weine gemacht hat. Es liegt ſehr luſtig unten am Gebuͤrge in der Ebene/ iſt a- ber ietzo gantz zerſtoͤret und nur ein Dorff: Da zeiget man noch den Brunn/ woraus die Hochzeit-Diener und Auffwaͤrter das Waſſer geſchoͤpffet/ ſo der HErr JEſus zu Weine gema- chet. So weiſet man auch noch den Ort und die Stelle allda/ wo das Hochzeit Hauß ſoll geſtanden ſeyn/ welches man um ſo viel gewiſſer glauben muß/ weil es tieff in die Erde gehet/ daß man etzliche Stuffen hinunter ſteigen muß/ ſintemal draus zu ſchlieſſen/ daß die Chriſten ieder Zeit uͤber ſolche Orthe muͤſſen gehalten und die Heiden durch ſo vielfaltiges Zerſtoͤren und Verſchuͤtten derſelben und der Chriſten Nachraͤumen verur- ſachet/ daß ſie ſo unter die Erde gerathen. Von hierab ſind wir in der ſchoͤnen Ebene eine ziemliche Weile fort gereiſet/ endlich aber wieder uͤber Gebuͤrge voller Oelbaͤume und alte zerbrochene Haͤuſer/ ſonderlich aber zur lincken Handwerts hohes zerfallenes Gemaͤuer/ ſo wir unten in der Ebene ſchon haben koͤnnen liegen ſehen. Und das waͤrete alſo/

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/280>, abgerufen am 29.03.2024.