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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.
einen Oelbaum schlaffen nieder gelegt und geruhet/ biß der
Tag anbrach/ unsere Maulthiere aber bunden wir derweile an
die Bäume/ weil wir nunmehr etwas sicherer waren.

Mit Anbruch deß Tages machten wir uns wieder auff
den Weg und kamen mit der Sonnen Auffgang dem Galilei-
schen Meere so nahe/ daß/ weil wir auf der Höhe daher kamen/
wir dasselbe unten im Thaal gar eigentlich übersehen konten/
wie uns auch die Stadt Tyberias stets im Gesichte war/ als
zu welcher wir stets Berg ab zu reisen hatten und dieselbe ohn-
gefähr eine gute Stunde nach Auffgang der Sonnen erreich-
ten.

Die Stadt Tyberias ist vor Zeiten eine grosse berühmte
Stadt gewesen am Galileischen Meere ohngefähr 13. Meilen
von Jerusalem gelegen/ ist aber damals von solchem Meer/
welches fast die Gestalt/ als eine Harpffe hat/ Cinnereth ge-
nennet worden/ wie zu sehen im 34. C. deß 4. B.M.v. 11. undim 13.
deß Buchs Josua v. 27. denn das Wort Chinnereth/ oder Cin-
nereth heisset in der Hebreischen Sprache eine Harffe. Nachdem
sie aber hernach Herodes/ der Johannis-Mörder/ verbessert/
hat er sie einen Fuchsschwantz zuverkauffen/ dem damals re-
gierenden Römischen Keyser/ Tyberio, zu Ehren und Gefal-
len Tyberias genennet. Jetziger Zeit aber ist sie gantz zerstöret
und sind über zwölff Häuser nicht mehr da. Die Mauren ste-
hen noch/ zum Theil zerfallen/ zum theil noch gantz/ daß man
sehen kan/ wie weit sich vordessen die Stadt am Galileischen
Meere hin erstrecket/ wie man denn auch noch von denen Ge-
bäuden Steine und Stücken daherum zerflreuet liegen siehet.
Gegen das Meer ist sie offen gewesen. Wie sie ietzt ist/ hat sie
nur noch ein Thor und eins/ wie man siehet/ das zugemauert
ist.

Von der Stadt zur lincken Handwerts gegen Mittag zu

gehet

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
einen Oelbaum ſchlaffen nieder gelegt und geruhet/ biß der
Tag anbrach/ unſere Maulthiere aber bunden wir derweile an
die Baͤume/ weil wir nunmehr etwas ſicherer waren.

Mit Anbruch deß Tages machten wir uns wieder auff
den Weg und kamen mit der Sonnen Auffgang dem Galilei-
ſchen Meere ſo nahe/ daß/ weil wir auf der Hoͤhe daher kamen/
wir daſſelbe unten im Thaal gar eigentlich uͤberſehen konten/
wie uns auch die Stadt Tyberias ſtets im Geſichte war/ als
zu welcher wir ſtets Berg ab zu reiſen hatten und dieſelbe ohn-
gefaͤhr eine gute Stunde nach Auffgang der Sonnen erreich-
ten.

Die Stadt Tyberias iſt vor Zeiten eine groſſe beruͤhmte
Stadt geweſen am Galileiſchen Meere ohngefaͤhr 13. Meilen
von Jeruſalem gelegen/ iſt aber damals von ſolchem Meer/
welches faſt die Geſtalt/ als eine Harpffe hat/ Cinnereth ge-
nennet worden/ wie zu ſehen im 34. C. deß 4. B.M.v. 11. undim 13.
deß Buchs Joſua v. 27. denn das Wort Chinnereth/ oder Cin-
nereth heiſſet in der Hebreiſchẽ Sprache eine Harffe. Nachdem
ſie aber hernach Herodes/ der Johannis-Moͤrder/ verbeſſert/
hat er ſie einen Fuchsſchwantz zuverkauffen/ dem damals re-
gierenden Roͤmiſchen Keyſer/ Tyberio, zu Ehren und Gefal-
len Tyberias genennet. Jetziger Zeit aber iſt ſie gantz zerſtoͤret
und ſind uͤber zwoͤlff Haͤuſer nicht mehr da. Die Mauren ſte-
hen noch/ zum Theil zerfallen/ zum theil noch gantz/ daß man
ſehen kan/ wie weit ſich vordeſſen die Stadt am Galileiſchen
Meere hin erſtrecket/ wie man denn auch noch von denen Ge-
baͤuden Steine und Stuͤcken daherum zerflreuet liegen ſiehet.
Gegen das Meer iſt ſie offen geweſen. Wie ſie ietzt iſt/ hat ſie
nur noch ein Thor und eins/ wie man ſiehet/ das zugemauert
iſt.

Von der Stadt zur lincken Handwerts gegen Mittag zu

gehet
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[278/0284] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. einen Oelbaum ſchlaffen nieder gelegt und geruhet/ biß der Tag anbrach/ unſere Maulthiere aber bunden wir derweile an die Baͤume/ weil wir nunmehr etwas ſicherer waren. Mit Anbruch deß Tages machten wir uns wieder auff den Weg und kamen mit der Sonnen Auffgang dem Galilei- ſchen Meere ſo nahe/ daß/ weil wir auf der Hoͤhe daher kamen/ wir daſſelbe unten im Thaal gar eigentlich uͤberſehen konten/ wie uns auch die Stadt Tyberias ſtets im Geſichte war/ als zu welcher wir ſtets Berg ab zu reiſen hatten und dieſelbe ohn- gefaͤhr eine gute Stunde nach Auffgang der Sonnen erreich- ten. Die Stadt Tyberias iſt vor Zeiten eine groſſe beruͤhmte Stadt geweſen am Galileiſchen Meere ohngefaͤhr 13. Meilen von Jeruſalem gelegen/ iſt aber damals von ſolchem Meer/ welches faſt die Geſtalt/ als eine Harpffe hat/ Cinnereth ge- nennet worden/ wie zu ſehen im 34. C. deß 4. B.M.v. 11. undim 13. deß Buchs Joſua v. 27. denn das Wort Chinnereth/ oder Cin- nereth heiſſet in der Hebreiſchẽ Sprache eine Harffe. Nachdem ſie aber hernach Herodes/ der Johannis-Moͤrder/ verbeſſert/ hat er ſie einen Fuchsſchwantz zuverkauffen/ dem damals re- gierenden Roͤmiſchen Keyſer/ Tyberio, zu Ehren und Gefal- len Tyberias genennet. Jetziger Zeit aber iſt ſie gantz zerſtoͤret und ſind uͤber zwoͤlff Haͤuſer nicht mehr da. Die Mauren ſte- hen noch/ zum Theil zerfallen/ zum theil noch gantz/ daß man ſehen kan/ wie weit ſich vordeſſen die Stadt am Galileiſchen Meere hin erſtrecket/ wie man denn auch noch von denen Ge- baͤuden Steine und Stuͤcken daherum zerflreuet liegen ſiehet. Gegen das Meer iſt ſie offen geweſen. Wie ſie ietzt iſt/ hat ſie nur noch ein Thor und eins/ wie man ſiehet/ das zugemauert iſt. Von der Stadt zur lincken Handwerts gegen Mittag zu gehet

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/284>, abgerufen am 20.04.2024.