Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neumark, Georg: Poetisch- und Musikalisches Lustwäldchen. Hamburg, 1652.

Bild:
<< vorherige Seite
Poetisch- und Musikalisches Lust-
5.
Soll ich nicht ihre Gunst erwerben/
So meldet ihr an meinen Tod/
Und daß ich denn wil gerne sterben/
Damit ich ende meine Noht.
Jhr Seufftzer reiset ihr ümsonst/
So ist vergebens alle Kunst.
Zu Ende dieses Lieds ist er nach Hause kommen/
Und weil es ziemlich späht/ hat er sich bald entnommen
Der lieben Brüderschafft/ der ädlen Schäferey/
Hin in sein Kabinet/ allwo er mancherley
Bey sich gegrillet hat/ biß er sich endlich nieder
Zur sanfften Ruh gelegt/ damit die matten Glieder
Sich wieder labeten/ ja aber allermeist
Sein seufftzenvolles Hertz/ und abgequälter Geist.
WEn denn getreue Lieb' ist iederzeit belohnet
Jm Fall sie Tugendhafft/ wenn/ sag' ich/ sie bewohnet
Ein reines keusches Hertz/ so nicht ist angestekkt
Mit falscher Heucheley noch geuer Lust veste[kkt],
Wie mancher böse Mensch/ Der nur aus leichten Sinnen
Dänkt Tag und Nacht darauff wie er mögt' abgewinnen
Die köstlich' Ehrenblum'; Er geht/ er leufft er rennt;
Er plaudert ihr viel vor/ sich ihren Sclaven nennt;
Er kan mit kaumer Noht die Augen von ihr kehren
Wenn über Tisch er sitzt; Er weiß ihr vorzuschweren
Bey feiner armen Seel'; Er schreyet weh und ach;
Er seufftzet überlaut/ daß ihm sein Ungemach
Das Hertze brechen wil; Bald nennt er sie sein Lämchen/
Sein Popchen/ Augentrost! sein allerliebstes Schwämchen/
Sein allerschönstes Hertz/ sein' Ursach aller Lust/
Und was der Possen mehr/ so mir noch unbewust/
Begehr es auch gar nicht zu fassen in Gedanken.
Es schreitet mancher auch wol gar aus seinen Schranken
Darein ihn Gott versetzt; Er darff sich unterstehn
Fast wie gewissenloß/ an solchen Ohrt zu gehn
Wo
Poetiſch- und Muſikaliſches Luſt-
5.
Soll ich nicht ihre Gunſt erwerben/
So meldet ihr an meinen Tod/
Und daß ich denn wil gerne ſterben/
Damit ich ende meine Noht.
Jhr Seufftzer reiſet ihr uͤmſonſt/
So iſt vergebens alle Kunſt.
Zu Ende dieſes Lieds iſt er nach Hauſe kommen/
Und weil es ziemlich ſpaͤht/ hat er ſich bald entnommen
Der lieben Bruͤderſchafft/ der aͤdlen Schaͤferey/
Hin in ſein Kabinet/ allwo er mancherley
Bey ſich gegrillet hat/ biß er ſich endlich nieder
Zur ſanfften Ruh gelegt/ damit die matten Glieder
Sich wieder labeten/ ja aber allermeiſt
Sein ſeufftzenvolles Hertz/ und abgequaͤlter Geiſt.
WEn denn getreue Lieb’ iſt iederzeit belohnet
Jm Fall ſie Tugendhafft/ wenn/ ſag’ ich/ ſie bewohnet
Ein reines keuſches Hertz/ ſo nicht iſt angeſtekkt
Mit falſcher Heucheley noch geuer Luſt veſte[kkt],
Wie mancher boͤſe Menſch/ Der nur aus leichten Sinnen
Daͤnkt Tag und Nacht darauff wie er moͤgt’ abgewinnen
Die koͤſtlich’ Ehrenblum’; Er geht/ er leufft er rennt;
Er plaudert ihr viel vor/ ſich ihren Sclaven nennt;
Er kan mit kaumer Noht die Augen von ihr kehren
Wenn uͤber Tiſch er ſitzt; Er weiß ihr vorzuſchweren
Bey feiner armen Seel’; Er ſchreyet weh und ach;
Er ſeufftzet uͤberlaut/ daß ihm ſein Ungemach
Das Hertze brechen wil; Bald nennt er ſie ſein Laͤmchen/
Sein Popchen/ Augentroſt! ſein allerliebſtes Schwaͤmchẽ/
Sein allerſchoͤnſtes Hertz/ ſein’ Urſach aller Luſt/
Und was der Poſſen mehr/ ſo mir noch unbewuſt/
Begehr es auch gar nicht zu faſſen in Gedanken.
Es ſchreitet mancher auch wol gar aus ſeinen Schranken
Darein ihn Gott verſetzt; Er darff ſich unterſtehn
Faſt wie gewiſſenloß/ an ſolchen Ohrt zu gehn
Wo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0176" n="150"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Poeti&#x017F;ch- und Mu&#x017F;ikali&#x017F;ches Lu&#x017F;t-</hi> </fw><lb/>
              <lg n="5">
                <head>5.</head><lb/>
                <l>Soll ich nicht ihre Gun&#x017F;t erwerben/</l><lb/>
                <l>So meldet ihr an meinen <hi rendition="#fr">T</hi>od/</l><lb/>
                <l><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">U</hi></hi>nd daß ich denn wil gerne &#x017F;terben/</l><lb/>
                <l>Damit ich ende meine Noht.</l><lb/>
                <l>Jhr Seufftzer rei&#x017F;et ihr u&#x0364;m&#x017F;on&#x017F;t/</l><lb/>
                <l>So i&#x017F;t vergebens alle <hi rendition="#fr">K</hi>un&#x017F;t.</l>
              </lg>
            </lg>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <l>Zu Ende die&#x017F;es Lieds i&#x017F;t er nach Hau&#x017F;e kommen/</l><lb/>
              <l>Und weil es ziemlich &#x017F;pa&#x0364;ht/ hat er &#x017F;ich bald entnommen</l><lb/>
              <l>Der lieben Bru&#x0364;der&#x017F;chafft/ der a&#x0364;dlen Scha&#x0364;ferey/</l><lb/>
              <l>Hin in &#x017F;ein Kabinet/ allwo er mancherley</l><lb/>
              <l>Bey &#x017F;ich gegrillet hat/ biß er &#x017F;ich endlich nieder</l><lb/>
              <l>Zur &#x017F;anfften Ruh gelegt/ damit die matten Glieder</l><lb/>
              <l>Sich wieder labeten/ ja aber allermei&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Sein &#x017F;eufftzenvolles Hertz/ und abgequa&#x0364;lter Gei&#x017F;t.</l><lb/>
              <l><hi rendition="#in">W</hi>En denn getreue Lieb&#x2019; i&#x017F;t iederzeit belohnet</l><lb/>
              <l>Jm Fall &#x017F;ie Tugendhafft/ wenn/ &#x017F;ag&#x2019; ich/ &#x017F;ie bewohnet</l><lb/>
              <l>Ein reines keu&#x017F;ches Hertz/ &#x017F;o nicht i&#x017F;t ange&#x017F;tekkt</l><lb/>
              <l>Mit fal&#x017F;cher Heucheley noch geuer Lu&#x017F;t ve&#x017F;te<supplied>kkt</supplied>,</l><lb/>
              <l>Wie mancher bo&#x0364;&#x017F;e Men&#x017F;ch/ Der nur aus leichten Sinnen</l><lb/>
              <l>Da&#x0364;nkt Tag und Nacht darauff wie er mo&#x0364;gt&#x2019; abgewinnen</l><lb/>
              <l>Die ko&#x0364;&#x017F;tlich&#x2019; Ehrenblum&#x2019;; Er geht/ er leufft er rennt;</l><lb/>
              <l>Er plaudert ihr viel vor/ &#x017F;ich ihren Sclaven nennt;</l><lb/>
              <l>Er kan mit kaumer Noht die Augen von ihr kehren</l><lb/>
              <l>Wenn u&#x0364;ber Ti&#x017F;ch er &#x017F;itzt; Er weiß ihr vorzu&#x017F;chweren</l><lb/>
              <l>Bey feiner armen Seel&#x2019;; Er &#x017F;chreyet weh und ach;</l><lb/>
              <l>Er &#x017F;eufftzet u&#x0364;berlaut/ daß ihm &#x017F;ein Ungemach</l><lb/>
              <l>Das Hertze brechen wil; Bald nennt er &#x017F;ie &#x017F;ein La&#x0364;mchen/</l><lb/>
              <l>Sein Popchen/ Augentro&#x017F;t! &#x017F;ein allerlieb&#x017F;tes Schwa&#x0364;mche&#x0303;/</l><lb/>
              <l>Sein aller&#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;tes Hertz/ &#x017F;ein&#x2019; Ur&#x017F;ach aller Lu&#x017F;t/</l><lb/>
              <l>Und was der Po&#x017F;&#x017F;en mehr/ &#x017F;o mir noch unbewu&#x017F;t/</l><lb/>
              <l>Begehr es auch gar nicht zu fa&#x017F;&#x017F;en in Gedanken.</l><lb/>
              <l>Es &#x017F;chreitet mancher auch wol gar aus &#x017F;einen Schranken</l><lb/>
              <l>Darein ihn Gott ver&#x017F;etzt; Er darff &#x017F;ich unter&#x017F;tehn</l><lb/>
              <l>Fa&#x017F;t wie gewi&#x017F;&#x017F;enloß/ an &#x017F;olchen Ohrt zu gehn</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Wo</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0176] Poetiſch- und Muſikaliſches Luſt- 5. Soll ich nicht ihre Gunſt erwerben/ So meldet ihr an meinen Tod/ Und daß ich denn wil gerne ſterben/ Damit ich ende meine Noht. Jhr Seufftzer reiſet ihr uͤmſonſt/ So iſt vergebens alle Kunſt. Zu Ende dieſes Lieds iſt er nach Hauſe kommen/ Und weil es ziemlich ſpaͤht/ hat er ſich bald entnommen Der lieben Bruͤderſchafft/ der aͤdlen Schaͤferey/ Hin in ſein Kabinet/ allwo er mancherley Bey ſich gegrillet hat/ biß er ſich endlich nieder Zur ſanfften Ruh gelegt/ damit die matten Glieder Sich wieder labeten/ ja aber allermeiſt Sein ſeufftzenvolles Hertz/ und abgequaͤlter Geiſt. WEn denn getreue Lieb’ iſt iederzeit belohnet Jm Fall ſie Tugendhafft/ wenn/ ſag’ ich/ ſie bewohnet Ein reines keuſches Hertz/ ſo nicht iſt angeſtekkt Mit falſcher Heucheley noch geuer Luſt veſtekkt, Wie mancher boͤſe Menſch/ Der nur aus leichten Sinnen Daͤnkt Tag und Nacht darauff wie er moͤgt’ abgewinnen Die koͤſtlich’ Ehrenblum’; Er geht/ er leufft er rennt; Er plaudert ihr viel vor/ ſich ihren Sclaven nennt; Er kan mit kaumer Noht die Augen von ihr kehren Wenn uͤber Tiſch er ſitzt; Er weiß ihr vorzuſchweren Bey feiner armen Seel’; Er ſchreyet weh und ach; Er ſeufftzet uͤberlaut/ daß ihm ſein Ungemach Das Hertze brechen wil; Bald nennt er ſie ſein Laͤmchen/ Sein Popchen/ Augentroſt! ſein allerliebſtes Schwaͤmchẽ/ Sein allerſchoͤnſtes Hertz/ ſein’ Urſach aller Luſt/ Und was der Poſſen mehr/ ſo mir noch unbewuſt/ Begehr es auch gar nicht zu faſſen in Gedanken. Es ſchreitet mancher auch wol gar aus ſeinen Schranken Darein ihn Gott verſetzt; Er darff ſich unterſtehn Faſt wie gewiſſenloß/ an ſolchen Ohrt zu gehn Wo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustwaeldchen_1652
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustwaeldchen_1652/176
Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch- und Musikalisches Lustwäldchen. Hamburg, 1652, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustwaeldchen_1652/176>, abgerufen am 25.04.2024.