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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

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dem Kammerjunker, und seine Beförderung zu mel-
den; bat ihn um Nachrichten von Marianens Auf-
enthalte, und gieng darauf nach seinem neuen Po-
sten, zum Archidiakon Mackligius ab.

Zweyter Abschnitt.

Der Archidiakon Mackligius hatte weder viel
gute noch viel böse Eigenschaften. Er hatte
gerade so viel studiret, als er zum Predigen und zum
Beichtesitzen für nöthig hielt, das heißt, sehr wenig. Er
hatte, von seinen Kandidatenjahren an, einen sehr
hellklingenden vernehmlichen Tenor gepredigt, wel-
cher der sämmtlichen erbgesessenen Bürgerschaft sehr
gefallen hatte; daher war er auch frühzeitig zum Dia-
kon an einer Kirche seiner Vaterstadt erwählt wor-
den. Mit der Zeit rückte er nicht allein in die Ar-
chidiakonatsstelle, sondern ein Edelmann, der die
Pfarre eines nahe an der Stadt gelegenen kleinen
Fleckens zu vergeben hatte, welche gewöhnlich das Fi-
lial eines Stadtpredigers war, gab ihm dieselbe, ne-
ben seinem Archidiakonate, zu verwalten.

Mackligius hatte, beym Antritte seines Amts, alle
Bücher, die man in diesem Winkel Holsteins für sym-

bolisch



dem Kammerjunker, und ſeine Befoͤrderung zu mel-
den; bat ihn um Nachrichten von Marianens Auf-
enthalte, und gieng darauf nach ſeinem neuen Po-
ſten, zum Archidiakon Mackligius ab.

Zweyter Abſchnitt.

Der Archidiakon Mackligius hatte weder viel
gute noch viel boͤſe Eigenſchaften. Er hatte
gerade ſo viel ſtudiret, als er zum Predigen und zum
Beichteſitzen fuͤr noͤthig hielt, das heißt, ſehr wenig. Er
hatte, von ſeinen Kandidatenjahren an, einen ſehr
hellklingenden vernehmlichen Tenor gepredigt, wel-
cher der ſaͤmmtlichen erbgeſeſſenen Buͤrgerſchaft ſehr
gefallen hatte; daher war er auch fruͤhzeitig zum Dia-
kon an einer Kirche ſeiner Vaterſtadt erwaͤhlt wor-
den. Mit der Zeit ruͤckte er nicht allein in die Ar-
chidiakonatsſtelle, ſondern ein Edelmann, der die
Pfarre eines nahe an der Stadt gelegenen kleinen
Fleckens zu vergeben hatte, welche gewoͤhnlich das Fi-
lial eines Stadtpredigers war, gab ihm dieſelbe, ne-
ben ſeinem Archidiakonate, zu verwalten.

Mackligius hatte, beym Antritte ſeines Amts, alle
Buͤcher, die man in dieſem Winkel Holſteins fuͤr ſym-

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[218/0230] dem Kammerjunker, und ſeine Befoͤrderung zu mel- den; bat ihn um Nachrichten von Marianens Auf- enthalte, und gieng darauf nach ſeinem neuen Po- ſten, zum Archidiakon Mackligius ab. Zweyter Abſchnitt. Der Archidiakon Mackligius hatte weder viel gute noch viel boͤſe Eigenſchaften. Er hatte gerade ſo viel ſtudiret, als er zum Predigen und zum Beichteſitzen fuͤr noͤthig hielt, das heißt, ſehr wenig. Er hatte, von ſeinen Kandidatenjahren an, einen ſehr hellklingenden vernehmlichen Tenor gepredigt, wel- cher der ſaͤmmtlichen erbgeſeſſenen Buͤrgerſchaft ſehr gefallen hatte; daher war er auch fruͤhzeitig zum Dia- kon an einer Kirche ſeiner Vaterſtadt erwaͤhlt wor- den. Mit der Zeit ruͤckte er nicht allein in die Ar- chidiakonatsſtelle, ſondern ein Edelmann, der die Pfarre eines nahe an der Stadt gelegenen kleinen Fleckens zu vergeben hatte, welche gewoͤhnlich das Fi- lial eines Stadtpredigers war, gab ihm dieſelbe, ne- ben ſeinem Archidiakonate, zu verwalten. Mackligius hatte, beym Antritte ſeines Amts, alle Buͤcher, die man in dieſem Winkel Holſteins fuͤr ſym- boliſch

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/230>, abgerufen am 19.03.2024.