Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

Bild:
<< vorherige Seite



tur, keinen Theil zu nehmen wußte; so wie etwan wun-
derbare Geschichten von neu entdeckten Völkern im
Südmeere, der Sonderbarkeit wegen, Aufmerksam-
keit erregen, auch bey denen, die sonst nicht Lust ha-
ben diese fremden Völker zu besuchen, die sich weder
von den Otahitischen Jungforn, voll Süßigkeit,
wollen liebkosen, noch von den Neuseeländischen
Herren,
voll Stärke, wollen fressen lassen.

Unter diesem langen Gespräche hatte sie Ram-
bold
unvermerkt in das an den Garten stoßende
Wäldchen geführt, sie waren in demselben schon eine
ziemliche Strecke weiter gegangen, als plötzlich einige
starke Kerle hinter einem Baume hervorsprangen,
und Marianen ergriffen. Rambold war unbewaff-
net. Er suchte zwar von einem Baume einen Knüt-
tel abzureißen, er hielt sich aber so lange dabey auf,
daß Mariane gemächlich zu einem nahestehenden
sechsspännigen Wagen geschleppt werden konnte, der
sogleich eiligst fortfuhr. Rambold lief zwar hinter-
her, und Mariane, die ihn erblickte, suchte aus
dem Wagen zu springen, aber sie ward festgehalten,
und der Wagen kam ihm bald aus dem Gesichte. Er
verweilte noch einige Zeit im Walde, um dem Wa-
gen Zeit zu lassen, sich zu entfernen; hernach eilte er
zurück, und verkündigte, außer Athem, und mit er-

schrocknem



tur, keinen Theil zu nehmen wußte; ſo wie etwan wun-
derbare Geſchichten von neu entdeckten Voͤlkern im
Suͤdmeere, der Sonderbarkeit wegen, Aufmerkſam-
keit erregen, auch bey denen, die ſonſt nicht Luſt ha-
ben dieſe fremden Voͤlker zu beſuchen, die ſich weder
von den Otahitiſchen Jungforn, voll Suͤßigkeit,
wollen liebkoſen, noch von den Neuſeelaͤndiſchen
Herren,
voll Staͤrke, wollen freſſen laſſen.

Unter dieſem langen Geſpraͤche hatte ſie Ram-
bold
unvermerkt in das an den Garten ſtoßende
Waͤldchen gefuͤhrt, ſie waren in demſelben ſchon eine
ziemliche Strecke weiter gegangen, als ploͤtzlich einige
ſtarke Kerle hinter einem Baume hervorſprangen,
und Marianen ergriffen. Rambold war unbewaff-
net. Er ſuchte zwar von einem Baume einen Knuͤt-
tel abzureißen, er hielt ſich aber ſo lange dabey auf,
daß Mariane gemaͤchlich zu einem naheſtehenden
ſechsſpaͤnnigen Wagen geſchleppt werden konnte, der
ſogleich eiligſt fortfuhr. Rambold lief zwar hinter-
her, und Mariane, die ihn erblickte, ſuchte aus
dem Wagen zu ſpringen, aber ſie ward feſtgehalten,
und der Wagen kam ihm bald aus dem Geſichte. Er
verweilte noch einige Zeit im Walde, um dem Wa-
gen Zeit zu laſſen, ſich zu entfernen; hernach eilte er
zuruͤck, und verkuͤndigte, außer Athem, und mit er-

ſchrocknem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0194" n="182"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
tur, keinen Theil zu nehmen wußte; &#x017F;o wie etwan wun-<lb/>
derbare Ge&#x017F;chichten von neu entdeckten Vo&#x0364;lkern im<lb/>
Su&#x0364;dmeere, der Sonderbarkeit wegen, Aufmerk&#x017F;am-<lb/>
keit erregen, auch bey denen, die &#x017F;on&#x017F;t nicht Lu&#x017F;t ha-<lb/>
ben die&#x017F;e fremden Vo&#x0364;lker zu be&#x017F;uchen, die &#x017F;ich weder<lb/>
von den <hi rendition="#fr">Otahiti&#x017F;chen Jungforn,</hi> voll Su&#x0364;ßigkeit,<lb/>
wollen liebko&#x017F;en, noch von den <hi rendition="#fr">Neu&#x017F;eela&#x0364;ndi&#x017F;chen<lb/>
Herren,</hi> voll Sta&#x0364;rke, wollen fre&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Unter die&#x017F;em langen Ge&#x017F;pra&#x0364;che hatte &#x017F;ie <hi rendition="#fr">Ram-<lb/>
bold</hi> unvermerkt in das an den Garten &#x017F;toßende<lb/>
Wa&#x0364;ldchen gefu&#x0364;hrt, &#x017F;ie waren in dem&#x017F;elben &#x017F;chon eine<lb/>
ziemliche Strecke weiter gegangen, als plo&#x0364;tzlich einige<lb/>
&#x017F;tarke Kerle hinter einem Baume hervor&#x017F;prangen,<lb/>
und <hi rendition="#fr">Marianen</hi> ergriffen. <hi rendition="#fr">Rambold</hi> war unbewaff-<lb/>
net. Er &#x017F;uchte zwar von einem Baume einen Knu&#x0364;t-<lb/>
tel abzureißen, er hielt &#x017F;ich aber &#x017F;o lange dabey auf,<lb/>
daß <hi rendition="#fr">Mariane</hi> gema&#x0364;chlich zu einem nahe&#x017F;tehenden<lb/>
&#x017F;echs&#x017F;pa&#x0364;nnigen Wagen ge&#x017F;chleppt werden konnte, der<lb/>
&#x017F;ogleich eilig&#x017F;t fortfuhr. <hi rendition="#fr">Rambold</hi> lief zwar hinter-<lb/>
her, und <hi rendition="#fr">Mariane,</hi> die ihn erblickte, &#x017F;uchte aus<lb/>
dem Wagen zu &#x017F;pringen, aber &#x017F;ie ward fe&#x017F;tgehalten,<lb/>
und der Wagen kam ihm bald aus dem Ge&#x017F;ichte. Er<lb/>
verweilte noch einige Zeit im Walde, um dem Wa-<lb/>
gen Zeit zu la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ich zu entfernen; hernach eilte er<lb/>
zuru&#x0364;ck, und verku&#x0364;ndigte, außer Athem, und mit er-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chrocknem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0194] tur, keinen Theil zu nehmen wußte; ſo wie etwan wun- derbare Geſchichten von neu entdeckten Voͤlkern im Suͤdmeere, der Sonderbarkeit wegen, Aufmerkſam- keit erregen, auch bey denen, die ſonſt nicht Luſt ha- ben dieſe fremden Voͤlker zu beſuchen, die ſich weder von den Otahitiſchen Jungforn, voll Suͤßigkeit, wollen liebkoſen, noch von den Neuſeelaͤndiſchen Herren, voll Staͤrke, wollen freſſen laſſen. Unter dieſem langen Geſpraͤche hatte ſie Ram- bold unvermerkt in das an den Garten ſtoßende Waͤldchen gefuͤhrt, ſie waren in demſelben ſchon eine ziemliche Strecke weiter gegangen, als ploͤtzlich einige ſtarke Kerle hinter einem Baume hervorſprangen, und Marianen ergriffen. Rambold war unbewaff- net. Er ſuchte zwar von einem Baume einen Knuͤt- tel abzureißen, er hielt ſich aber ſo lange dabey auf, daß Mariane gemaͤchlich zu einem naheſtehenden ſechsſpaͤnnigen Wagen geſchleppt werden konnte, der ſogleich eiligſt fortfuhr. Rambold lief zwar hinter- her, und Mariane, die ihn erblickte, ſuchte aus dem Wagen zu ſpringen, aber ſie ward feſtgehalten, und der Wagen kam ihm bald aus dem Geſichte. Er verweilte noch einige Zeit im Walde, um dem Wa- gen Zeit zu laſſen, ſich zu entfernen; hernach eilte er zuruͤck, und verkuͤndigte, außer Athem, und mit er- ſchrocknem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/194
Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/194>, abgerufen am 19.04.2024.