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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

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"gefallen mir. Jch will ihn Jhnen abkan-
"fen.'

Sebaldus antwortete: er habe diesen Ring bis-
her zum Andenken seiner Wilhelmine getragen, wenn
er aber würdig sey, in dieses Kabinett aufgenommen
zu werden, so wolle er ihm solchen schenken. Der
Kammerjunker ließ sich die Schenkung nochmals mit
einem Handschlage bestätigen; und nun konnte er
seine versteckte Freude nicht mehr bergen. Er drückte
dem Sebaldus die Hand, zeigte ihm hin und wie-
der ein Pünktchen auf dem Steine, versicherte, mit
selbstzufriedner Miene, er sey ein Kenner antikern Ar-
beit; der Stein, sey ungezweifelt, ächt antik, und
für ihn unschätzbar, weil er eine Ferm von Ankern ab-
bilde, die weder Bayfius noch Amnelius, in ihren
Werken de re nautica veterum angeführt hätten. Nun-
mehr nahm er den Sebaldus, welcher verstummte,
und sich nicht getraute, dem gelehrten Kenner zu wider-
sprechen, im Ernste in seine Protektion, gab ihm so-
gleich ein Zimmer in seinem Schlosse ein, und ver-
schaffte ihm, in wenig Tagen, die Stelle eines Hof-
meisters bey dem Sohne eines Pfarrers in einem be-
nachbarten Städtchen.

Sebaldus schrieb an seinen Freund Hieronymus,
um ihm die Unfälle seiner Reise, seine Ankunft bey

dem



”gefallen mir. Jch will ihn Jhnen abkan-
”fen.‛

Sebaldus antwortete: er habe dieſen Ring bis-
her zum Andenken ſeiner Wilhelmine getragen, wenn
er aber wuͤrdig ſey, in dieſes Kabinett aufgenommen
zu werden, ſo wolle er ihm ſolchen ſchenken. Der
Kammerjunker ließ ſich die Schenkung nochmals mit
einem Handſchlage beſtaͤtigen; und nun konnte er
ſeine verſteckte Freude nicht mehr bergen. Er druͤckte
dem Sebaldus die Hand, zeigte ihm hin und wie-
der ein Puͤnktchen auf dem Steine, verſicherte, mit
ſelbſtzufriedner Miene, er ſey ein Kenner antikern Ar-
beit; der Stein, ſey ungezweifelt, aͤcht antik, und
fuͤr ihn unſchaͤtzbar, weil er eine Ferm von Ankern ab-
bilde, die weder Bayfius noch Amnelius, in ihren
Werken de re nautica veterum angefuͤhrt haͤtten. Nun-
mehr nahm er den Sebaldus, welcher verſtummte,
und ſich nicht getraute, dem gelehrten Kenner zu wider-
ſprechen, im Ernſte in ſeine Protektion, gab ihm ſo-
gleich ein Zimmer in ſeinem Schloſſe ein, und ver-
ſchaffte ihm, in wenig Tagen, die Stelle eines Hof-
meiſters bey dem Sohne eines Pfarrers in einem be-
nachbarten Staͤdtchen.

Sebaldus ſchrieb an ſeinen Freund Hieronymus,
um ihm die Unfaͤlle ſeiner Reiſe, ſeine Ankunft bey

dem
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[217/0229] ”gefallen mir. Jch will ihn Jhnen abkan- ”fen.‛ Sebaldus antwortete: er habe dieſen Ring bis- her zum Andenken ſeiner Wilhelmine getragen, wenn er aber wuͤrdig ſey, in dieſes Kabinett aufgenommen zu werden, ſo wolle er ihm ſolchen ſchenken. Der Kammerjunker ließ ſich die Schenkung nochmals mit einem Handſchlage beſtaͤtigen; und nun konnte er ſeine verſteckte Freude nicht mehr bergen. Er druͤckte dem Sebaldus die Hand, zeigte ihm hin und wie- der ein Puͤnktchen auf dem Steine, verſicherte, mit ſelbſtzufriedner Miene, er ſey ein Kenner antikern Ar- beit; der Stein, ſey ungezweifelt, aͤcht antik, und fuͤr ihn unſchaͤtzbar, weil er eine Ferm von Ankern ab- bilde, die weder Bayfius noch Amnelius, in ihren Werken de re nautica veterum angefuͤhrt haͤtten. Nun- mehr nahm er den Sebaldus, welcher verſtummte, und ſich nicht getraute, dem gelehrten Kenner zu wider- ſprechen, im Ernſte in ſeine Protektion, gab ihm ſo- gleich ein Zimmer in ſeinem Schloſſe ein, und ver- ſchaffte ihm, in wenig Tagen, die Stelle eines Hof- meiſters bey dem Sohne eines Pfarrers in einem be- nachbarten Staͤdtchen. Sebaldus ſchrieb an ſeinen Freund Hieronymus, um ihm die Unfaͤlle ſeiner Reiſe, ſeine Ankunft bey dem

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/229>, abgerufen am 28.03.2024.