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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.

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die Freundschaft sehr bald so heiß machte, daß der
Herr von Haberwald nicht einen Augenblick ohne
seinen Rambold seyn konnte, und ihn vermochte,
ganz zu ihm zu ziehen. Zuweilen besuchte Rambold
indessen noch seinen ehemaligen Zögling, und eben
an diesem Tage, war er, um einen sehr schönen
Sommertag zu genießen, mit ihm spazieren geritten.

Als sie nach Hause kamen und Rambold gegen
Abend nach dem Nittersitze des Herrn von Haberwald
zurück gekehrt war, beschäftigte sich Säugling den
Rest des Abends, mit Sebaldus Figur, die in sein
weiches Herz einen tiefen Eindruck gemacht hatte.
Er ließ den andern Morgen ein Karriol anspannen
und fuhr allein nach dem Dorfe, wo Sebaldus wie-
der am Hecke zu finden war. Auf Verlangen er-
zählte ihm der Alte seine vornehmsten Unglücks-
fälle. Säugling war zu gutmüthig, um einen sol-
chen Mann länger in einem so traurigen Zustande
schmachten zu laßen. Er ließ ihn neben sich ins
Karriol sitzen, fuhr mit ihm nach seines Vaters
Dorfe zurück, befahl ihn einem Pachter an, ver-
sorgte ihn mit reiner Wäsche und Kleidern, und mit
nöthigen Nahrungsmitteln.

Beym Mittagstische erzählte er seinem Vater
Sebaldus Begebenheiten, und zugleich, daß er den-

selben



die Freundſchaft ſehr bald ſo heiß machte, daß der
Herr von Haberwald nicht einen Augenblick ohne
ſeinen Rambold ſeyn konnte, und ihn vermochte,
ganz zu ihm zu ziehen. Zuweilen beſuchte Rambold
indeſſen noch ſeinen ehemaligen Zoͤgling, und eben
an dieſem Tage, war er, um einen ſehr ſchoͤnen
Sommertag zu genießen, mit ihm ſpazieren geritten.

Als ſie nach Hauſe kamen und Rambold gegen
Abend nach dem Nitterſitze des Herrn von Haberwald
zuruͤck gekehrt war, beſchaͤftigte ſich Saͤugling den
Reſt des Abends, mit Sebaldus Figur, die in ſein
weiches Herz einen tiefen Eindruck gemacht hatte.
Er ließ den andern Morgen ein Karriol anſpannen
und fuhr allein nach dem Dorfe, wo Sebaldus wie-
der am Hecke zu finden war. Auf Verlangen er-
zaͤhlte ihm der Alte ſeine vornehmſten Ungluͤcks-
faͤlle. Saͤugling war zu gutmuͤthig, um einen ſol-
chen Mann laͤnger in einem ſo traurigen Zuſtande
ſchmachten zu laßen. Er ließ ihn neben ſich ins
Karriol ſitzen, fuhr mit ihm nach ſeines Vaters
Dorfe zuruͤck, befahl ihn einem Pachter an, ver-
ſorgte ihn mit reiner Waͤſche und Kleidern, und mit
noͤthigen Nahrungsmitteln.

Beym Mittagstiſche erzaͤhlte er ſeinem Vater
Sebaldus Begebenheiten, und zugleich, daß er den-

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[89[88]/0099] die Freundſchaft ſehr bald ſo heiß machte, daß der Herr von Haberwald nicht einen Augenblick ohne ſeinen Rambold ſeyn konnte, und ihn vermochte, ganz zu ihm zu ziehen. Zuweilen beſuchte Rambold indeſſen noch ſeinen ehemaligen Zoͤgling, und eben an dieſem Tage, war er, um einen ſehr ſchoͤnen Sommertag zu genießen, mit ihm ſpazieren geritten. Als ſie nach Hauſe kamen und Rambold gegen Abend nach dem Nitterſitze des Herrn von Haberwald zuruͤck gekehrt war, beſchaͤftigte ſich Saͤugling den Reſt des Abends, mit Sebaldus Figur, die in ſein weiches Herz einen tiefen Eindruck gemacht hatte. Er ließ den andern Morgen ein Karriol anſpannen und fuhr allein nach dem Dorfe, wo Sebaldus wie- der am Hecke zu finden war. Auf Verlangen er- zaͤhlte ihm der Alte ſeine vornehmſten Ungluͤcks- faͤlle. Saͤugling war zu gutmuͤthig, um einen ſol- chen Mann laͤnger in einem ſo traurigen Zuſtande ſchmachten zu laßen. Er ließ ihn neben ſich ins Karriol ſitzen, fuhr mit ihm nach ſeines Vaters Dorfe zuruͤck, befahl ihn einem Pachter an, ver- ſorgte ihn mit reiner Waͤſche und Kleidern, und mit noͤthigen Nahrungsmitteln. Beym Mittagstiſche erzaͤhlte er ſeinem Vater Sebaldus Begebenheiten, und zugleich, daß er den- ſelben

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 89[88]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/99>, abgerufen am 25.04.2024.