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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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Davon geben die Fragmente der Annalen des Ennius
einen Beweis, wenn wir annehmen dürfen daß die ange-
führten Zahlen ihrer Bücher richtig geschrieben sind: denn
die Geschichte der Könige nahm die drey ersten Bücher
ein, und im fünften Buch erzählte er den Krieg des Pyr-
rhus; so daß eine historische Zeit von fast gleicher Länge
nur den dritten Theil des Raums erfüllt hat, den er dem
dichterischen Zeitalter weihte.

Das latinische Bündniß.

Ich verlasse die Zeitfolge um von dem latinischen
Bündniß des Consuls Sp. Cassius zu reden, obgleich es
erst nach der Aussöhnung der Stände abgeschlossen ward,
deren Fehde im Todesjahr des letzten Königs ausbrach.

Erst drey Jahre nach der Schlacht am Regillus, im
Jahr 261, traten beyde Nationen in den Bund, dessen
Gesetze für sie im Wesentlichen während anderthalb Jahr-
hunderten galten, wenn auch äußere Umstände oft in der
Ausführung die Gleichheit gestört haben müssen, und sicht-
bar gestört haben, welche nach dem Buchstaben des Ver-
trags gegenseitig bestehen sollte. Der Krieg aber war
schon früher, wenigstens in den Gemüthern und durch
Handlungen der Aussöhnung, beendigt. Schon im Jahr
nach der Schlacht wurden den Latinern ihre Gefangenen
zurückgegeben, oder ausgewechselt. Die Römer erzählen
jenes, und nennen es eine Gnade womit der Senat die
Latiner belohnt habe, weil sie die Aufwiegelungen der
Volsker zur Fortsetzung des Kriegs abgewiesen, und zur
Warnung angezeigt hätten. Wahrscheinlicher aber ist das

letzte,

Davon geben die Fragmente der Annalen des Ennius
einen Beweis, wenn wir annehmen duͤrfen daß die ange-
fuͤhrten Zahlen ihrer Buͤcher richtig geſchrieben ſind: denn
die Geſchichte der Koͤnige nahm die drey erſten Buͤcher
ein, und im fuͤnften Buch erzaͤhlte er den Krieg des Pyr-
rhus; ſo daß eine hiſtoriſche Zeit von faſt gleicher Laͤnge
nur den dritten Theil des Raums erfuͤllt hat, den er dem
dichteriſchen Zeitalter weihte.

Das latiniſche Buͤndniß.

Ich verlaſſe die Zeitfolge um von dem latiniſchen
Buͤndniß des Conſuls Sp. Caſſius zu reden, obgleich es
erſt nach der Ausſoͤhnung der Staͤnde abgeſchloſſen ward,
deren Fehde im Todesjahr des letzten Koͤnigs ausbrach.

Erſt drey Jahre nach der Schlacht am Regillus, im
Jahr 261, traten beyde Nationen in den Bund, deſſen
Geſetze fuͤr ſie im Weſentlichen waͤhrend anderthalb Jahr-
hunderten galten, wenn auch aͤußere Umſtaͤnde oft in der
Ausfuͤhrung die Gleichheit geſtoͤrt haben muͤſſen, und ſicht-
bar geſtoͤrt haben, welche nach dem Buchſtaben des Ver-
trags gegenſeitig beſtehen ſollte. Der Krieg aber war
ſchon fruͤher, wenigſtens in den Gemuͤthern und durch
Handlungen der Ausſoͤhnung, beendigt. Schon im Jahr
nach der Schlacht wurden den Latinern ihre Gefangenen
zuruͤckgegeben, oder ausgewechſelt. Die Roͤmer erzaͤhlen
jenes, und nennen es eine Gnade womit der Senat die
Latiner belohnt habe, weil ſie die Aufwiegelungen der
Volsker zur Fortſetzung des Kriegs abgewieſen, und zur
Warnung angezeigt haͤtten. Wahrſcheinlicher aber iſt das

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[368/0390] Davon geben die Fragmente der Annalen des Ennius einen Beweis, wenn wir annehmen duͤrfen daß die ange- fuͤhrten Zahlen ihrer Buͤcher richtig geſchrieben ſind: denn die Geſchichte der Koͤnige nahm die drey erſten Buͤcher ein, und im fuͤnften Buch erzaͤhlte er den Krieg des Pyr- rhus; ſo daß eine hiſtoriſche Zeit von faſt gleicher Laͤnge nur den dritten Theil des Raums erfuͤllt hat, den er dem dichteriſchen Zeitalter weihte. Das latiniſche Buͤndniß. Ich verlaſſe die Zeitfolge um von dem latiniſchen Buͤndniß des Conſuls Sp. Caſſius zu reden, obgleich es erſt nach der Ausſoͤhnung der Staͤnde abgeſchloſſen ward, deren Fehde im Todesjahr des letzten Koͤnigs ausbrach. Erſt drey Jahre nach der Schlacht am Regillus, im Jahr 261, traten beyde Nationen in den Bund, deſſen Geſetze fuͤr ſie im Weſentlichen waͤhrend anderthalb Jahr- hunderten galten, wenn auch aͤußere Umſtaͤnde oft in der Ausfuͤhrung die Gleichheit geſtoͤrt haben muͤſſen, und ſicht- bar geſtoͤrt haben, welche nach dem Buchſtaben des Ver- trags gegenſeitig beſtehen ſollte. Der Krieg aber war ſchon fruͤher, wenigſtens in den Gemuͤthern und durch Handlungen der Ausſoͤhnung, beendigt. Schon im Jahr nach der Schlacht wurden den Latinern ihre Gefangenen zuruͤckgegeben, oder ausgewechſelt. Die Roͤmer erzaͤhlen jenes, und nennen es eine Gnade womit der Senat die Latiner belohnt habe, weil ſie die Aufwiegelungen der Volsker zur Fortſetzung des Kriegs abgewieſen, und zur Warnung angezeigt haͤtten. Wahrſcheinlicher aber iſt das letzte,

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/390>, abgerufen am 29.03.2024.