Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

tinischen Bunde als die Veliterner, und gleich feindse-
lig gegen Latium, welches damals unzertrennlich von
Rom war, erscheinen die Pränestiner vom Jahr 373 an,
wo ihrer zuerst wieder gedacht wird: bis auch sie in
den großen latinischen Bund traten.

Ein solcher Krieg der einer Nation die Hälfte ih-
res Gebiers auf ein Jahrhundert entriß, ihre Sieger
so hoch erhob, kann nicht ohne blutige Niederlagen der
Besiegten entschieden seyn. Er traf Latium noch weit
verderblicher als Rom: aber hätte dieses auch weder
von dem Gemeinland, noch von den Cantonen der Tri-
bus bedeutend verlohren, bey dem vermischten Eigen-
thumsbesitz der Römer und Latiner auf gegenseitigem
Gebiet, und durch die Kriegsverheerung muß Noth und
Verarmung zu Rom unsäglich vermehrt, und die tiefe
Schwäche hervorgebracht seyn welche die folgenden Zei-
ten verrathen. Nur in Livius Geschichte ist alles was
andre Völker elend macht, Kriegsunglück und Pest, den
Römern bleibend so unschädlich als die Verwundungen
der Engel Miltons.

Von dieser Zeit an dauern die Kriege gegen Vols-
ker und Aequer viele Jahre lang fort, ohne daß die
Römer, wenn gleich sie sich immer siegreich nennen, sich
einer einzigen Eroberung rühmen konnten. Vielleicht

Erwähnung welche willkührlich in die Feder eines Annali-
sten gekommen seyn mag, hat bey dem sonst ununterbroch-
nen Stillschweigen kein Gewicht. Allenthalben sieht man
wie leichtsinnig mit den wenigen alten Nachrichten verfah-
ren ist.

tiniſchen Bunde als die Veliterner, und gleich feindſe-
lig gegen Latium, welches damals unzertrennlich von
Rom war, erſcheinen die Praͤneſtiner vom Jahr 373 an,
wo ihrer zuerſt wieder gedacht wird: bis auch ſie in
den großen latiniſchen Bund traten.

Ein ſolcher Krieg der einer Nation die Haͤlfte ih-
res Gebiers auf ein Jahrhundert entriß, ihre Sieger
ſo hoch erhob, kann nicht ohne blutige Niederlagen der
Beſiegten entſchieden ſeyn. Er traf Latium noch weit
verderblicher als Rom: aber haͤtte dieſes auch weder
von dem Gemeinland, noch von den Cantonen der Tri-
bus bedeutend verlohren, bey dem vermiſchten Eigen-
thumsbeſitz der Roͤmer und Latiner auf gegenſeitigem
Gebiet, und durch die Kriegsverheerung muß Noth und
Verarmung zu Rom unſaͤglich vermehrt, und die tiefe
Schwaͤche hervorgebracht ſeyn welche die folgenden Zei-
ten verrathen. Nur in Livius Geſchichte iſt alles was
andre Voͤlker elend macht, Kriegsungluͤck und Peſt, den
Roͤmern bleibend ſo unſchaͤdlich als die Verwundungen
der Engel Miltons.

Von dieſer Zeit an dauern die Kriege gegen Vols-
ker und Aequer viele Jahre lang fort, ohne daß die
Roͤmer, wenn gleich ſie ſich immer ſiegreich nennen, ſich
einer einzigen Eroberung ruͤhmen konnten. Vielleicht

Erwaͤhnung welche willkuͤhrlich in die Feder eines Annali-
ſten gekommen ſeyn mag, hat bey dem ſonſt ununterbroch-
nen Stillſchweigen kein Gewicht. Allenthalben ſieht man
wie leichtſinnig mit den wenigen alten Nachrichten verfah-
ren iſt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0468" n="446"/>
tini&#x017F;chen Bunde als die Veliterner, und gleich feind&#x017F;e-<lb/>
lig gegen Latium, welches damals unzertrennlich von<lb/>
Rom war, er&#x017F;cheinen die Pra&#x0364;ne&#x017F;tiner vom Jahr 373 an,<lb/>
wo ihrer zuer&#x017F;t wieder gedacht wird: bis auch &#x017F;ie in<lb/>
den großen latini&#x017F;chen Bund traten.</p><lb/>
          <p>Ein &#x017F;olcher Krieg der einer Nation die Ha&#x0364;lfte ih-<lb/>
res Gebiers auf ein Jahrhundert entriß, ihre Sieger<lb/>
&#x017F;o hoch erhob, kann nicht ohne blutige Niederlagen der<lb/>
Be&#x017F;iegten ent&#x017F;chieden &#x017F;eyn. Er traf Latium noch weit<lb/>
verderblicher als Rom: aber ha&#x0364;tte die&#x017F;es auch weder<lb/>
von dem Gemeinland, noch von den Cantonen der Tri-<lb/>
bus bedeutend verlohren, bey dem vermi&#x017F;chten Eigen-<lb/>
thumsbe&#x017F;itz der Ro&#x0364;mer und Latiner auf gegen&#x017F;eitigem<lb/>
Gebiet, und durch die Kriegsverheerung muß Noth und<lb/>
Verarmung zu Rom un&#x017F;a&#x0364;glich vermehrt, und die tiefe<lb/>
Schwa&#x0364;che hervorgebracht &#x017F;eyn welche die folgenden Zei-<lb/>
ten verrathen. Nur in Livius Ge&#x017F;chichte i&#x017F;t alles was<lb/>
andre Vo&#x0364;lker elend macht, Kriegsunglu&#x0364;ck und Pe&#x017F;t, den<lb/>
Ro&#x0364;mern bleibend &#x017F;o un&#x017F;cha&#x0364;dlich als die Verwundungen<lb/>
der Engel Miltons.</p><lb/>
          <p>Von die&#x017F;er Zeit an dauern die Kriege gegen Vols-<lb/>
ker und Aequer viele Jahre lang fort, ohne daß die<lb/>
Ro&#x0364;mer, wenn gleich &#x017F;ie &#x017F;ich immer &#x017F;iegreich nennen, &#x017F;ich<lb/>
einer einzigen Eroberung ru&#x0364;hmen konnten. Vielleicht<lb/><note xml:id="note-0468" prev="#note-0467" place="foot" n="12)">Erwa&#x0364;hnung welche willku&#x0364;hrlich in die Feder eines Annali-<lb/>
&#x017F;ten gekommen &#x017F;eyn mag, hat bey dem &#x017F;on&#x017F;t ununterbroch-<lb/>
nen Still&#x017F;chweigen kein Gewicht. Allenthalben &#x017F;ieht man<lb/>
wie leicht&#x017F;innig mit den wenigen alten Nachrichten verfah-<lb/>
ren i&#x017F;t.</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[446/0468] tiniſchen Bunde als die Veliterner, und gleich feindſe- lig gegen Latium, welches damals unzertrennlich von Rom war, erſcheinen die Praͤneſtiner vom Jahr 373 an, wo ihrer zuerſt wieder gedacht wird: bis auch ſie in den großen latiniſchen Bund traten. Ein ſolcher Krieg der einer Nation die Haͤlfte ih- res Gebiers auf ein Jahrhundert entriß, ihre Sieger ſo hoch erhob, kann nicht ohne blutige Niederlagen der Beſiegten entſchieden ſeyn. Er traf Latium noch weit verderblicher als Rom: aber haͤtte dieſes auch weder von dem Gemeinland, noch von den Cantonen der Tri- bus bedeutend verlohren, bey dem vermiſchten Eigen- thumsbeſitz der Roͤmer und Latiner auf gegenſeitigem Gebiet, und durch die Kriegsverheerung muß Noth und Verarmung zu Rom unſaͤglich vermehrt, und die tiefe Schwaͤche hervorgebracht ſeyn welche die folgenden Zei- ten verrathen. Nur in Livius Geſchichte iſt alles was andre Voͤlker elend macht, Kriegsungluͤck und Peſt, den Roͤmern bleibend ſo unſchaͤdlich als die Verwundungen der Engel Miltons. Von dieſer Zeit an dauern die Kriege gegen Vols- ker und Aequer viele Jahre lang fort, ohne daß die Roͤmer, wenn gleich ſie ſich immer ſiegreich nennen, ſich einer einzigen Eroberung ruͤhmen konnten. Vielleicht 12) 12) Erwaͤhnung welche willkuͤhrlich in die Feder eines Annali- ſten gekommen ſeyn mag, hat bey dem ſonſt ununterbroch- nen Stillſchweigen kein Gewicht. Allenthalben ſieht man wie leichtſinnig mit den wenigen alten Nachrichten verfah- ren iſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/468
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/468>, abgerufen am 25.04.2024.