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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883.

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Das schaffende Selbst schuf sich Achten und Ver¬
achten, es schuf sich Lust und Weh. Der schaffende
Leib schuf sich den Geist als eine Hand seines Willens.

Noch in eurer Thorheit und Verachtung, ihr Ver¬
ächter des Leibes, dient ihr eurem Selbst. Ich sage
euch: euer Selbst selber will sterben und kehrt sich
vom Leben ab.

Nicht mehr vermag es das, was es am liebsten
will: -- über sich hinaus zu schaffen. Das will es am
liebsten, das ist seine ganze Inbrunst.

Aber zu spät ward es ihm jetzt dafür: -- so will
euer Selbst untergehn, ihr Verächter des Leibes.

Untergehn will euer Selbst, und darum wurdet
ihr zu Verächtern des Leibes! Denn nicht mehr ver¬
mögt ihr über euch hinaus zu schaffen.

Und darum zürnt ihr nun dem Leben und der
Erde. Ein ungewusster Neid ist im scheelen Blick
eurer Verachtung.

Ich gehe nicht euren Weg, ihr Verächter des
Leibes! Ihr seid mir keine Brücken zum Über¬
menschen! --

Also sprach Zarathustra.


Das schaffende Selbst schuf sich Achten und Ver¬
achten, es schuf sich Lust und Weh. Der schaffende
Leib schuf sich den Geist als eine Hand seines Willens.

Noch in eurer Thorheit und Verachtung, ihr Ver¬
ächter des Leibes, dient ihr eurem Selbst. Ich sage
euch: euer Selbst selber will sterben und kehrt sich
vom Leben ab.

Nicht mehr vermag es das, was es am liebsten
will: — über sich hinaus zu schaffen. Das will es am
liebsten, das ist seine ganze Inbrunst.

Aber zu spät ward es ihm jetzt dafür: — so will
euer Selbst untergehn, ihr Verächter des Leibes.

Untergehn will euer Selbst, und darum wurdet
ihr zu Verächtern des Leibes! Denn nicht mehr ver¬
mögt ihr über euch hinaus zu schaffen.

Und darum zürnt ihr nun dem Leben und der
Erde. Ein ungewusster Neid ist im scheelen Blick
eurer Verachtung.

Ich gehe nicht euren Weg, ihr Verächter des
Leibes! Ihr seid mir keine Brücken zum Über¬
menschen! —

Also sprach Zarathustra.


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[44/0050] Das schaffende Selbst schuf sich Achten und Ver¬ achten, es schuf sich Lust und Weh. Der schaffende Leib schuf sich den Geist als eine Hand seines Willens. Noch in eurer Thorheit und Verachtung, ihr Ver¬ ächter des Leibes, dient ihr eurem Selbst. Ich sage euch: euer Selbst selber will sterben und kehrt sich vom Leben ab. Nicht mehr vermag es das, was es am liebsten will: — über sich hinaus zu schaffen. Das will es am liebsten, das ist seine ganze Inbrunst. Aber zu spät ward es ihm jetzt dafür: — so will euer Selbst untergehn, ihr Verächter des Leibes. Untergehn will euer Selbst, und darum wurdet ihr zu Verächtern des Leibes! Denn nicht mehr ver¬ mögt ihr über euch hinaus zu schaffen. Und darum zürnt ihr nun dem Leben und der Erde. Ein ungewusster Neid ist im scheelen Blick eurer Verachtung. Ich gehe nicht euren Weg, ihr Verächter des Leibes! Ihr seid mir keine Brücken zum Über¬ menschen! — Also sprach Zarathustra.

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra01_1883/50>, abgerufen am 19.04.2024.