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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883.

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Und wenn eure Seele gross wird, so wird sie
übermüthig, und in eurer Erhabenheit ist Bosheit.
Ich kenne euch.

In der Bosheit begegnet sich der Übermüthige
mit dem Schwächlinge. Aber sie missverstehen ein¬
ander. Ich kenne euch.

Ihr dürft nur Feinde haben, die zu hassen sind,
aber nicht Feinde zum Verachten. Ihr müsst stolz auf
euern Feind sein: dann sind die Erfolge eures Feindes
auch eure Erfolge.

Auflehnung -- das ist die Vornehmheit am Scla¬
ven. Eure Vornehmheit sei Gehorsam! Euer Befehlen
selber sei ein Gehorchen!

Einem guten Kriegsmanne klingt "du sollst" an¬
genehmer, als "ich will". Und Alles, was euch lieb
ist, sollt ihr euch erst noch befehlen lassen.

Eure Liebe zum Leben sei Liebe zu eurer höch¬
sten Hoffnung: und eure höchste Hoffnung sei der
höchste Gedanke des Lebens!

Euren höchsten Gedanken aber sollt ihr euch von
mir befehlen lassen -- und er lautet: der Mensch ist
Etwas, das überwunden werden soll.

So lebt euer Leben des Gehorsams und des Krie¬
ges! Was liegt am Lang-Leben! Welcher Krieger
will geschont sein!

Ich schone euch nicht, ich liebe euch von Grund
aus, meine Brüder im Kriege!

Also sprach Zarathustra.


Und wenn eure Seele gross wird, so wird sie
übermüthig, und in eurer Erhabenheit ist Bosheit.
Ich kenne euch.

In der Bosheit begegnet sich der Übermüthige
mit dem Schwächlinge. Aber sie missverstehen ein¬
ander. Ich kenne euch.

Ihr dürft nur Feinde haben, die zu hassen sind,
aber nicht Feinde zum Verachten. Ihr müsst stolz auf
euern Feind sein: dann sind die Erfolge eures Feindes
auch eure Erfolge.

Auflehnung — das ist die Vornehmheit am Scla¬
ven. Eure Vornehmheit sei Gehorsam! Euer Befehlen
selber sei ein Gehorchen!

Einem guten Kriegsmanne klingt „du sollst“ an¬
genehmer, als „ich will“. Und Alles, was euch lieb
ist, sollt ihr euch erst noch befehlen lassen.

Eure Liebe zum Leben sei Liebe zu eurer höch¬
sten Hoffnung: und eure höchste Hoffnung sei der
höchste Gedanke des Lebens!

Euren höchsten Gedanken aber sollt ihr euch von
mir befehlen lassen — und er lautet: der Mensch ist
Etwas, das überwunden werden soll.

So lebt euer Leben des Gehorsams und des Krie¬
ges! Was liegt am Lang-Leben! Welcher Krieger
will geschont sein!

Ich schone euch nicht, ich liebe euch von Grund
aus, meine Brüder im Kriege!

Also sprach Zarathustra.


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[64/0070] Und wenn eure Seele gross wird, so wird sie übermüthig, und in eurer Erhabenheit ist Bosheit. Ich kenne euch. In der Bosheit begegnet sich der Übermüthige mit dem Schwächlinge. Aber sie missverstehen ein¬ ander. Ich kenne euch. Ihr dürft nur Feinde haben, die zu hassen sind, aber nicht Feinde zum Verachten. Ihr müsst stolz auf euern Feind sein: dann sind die Erfolge eures Feindes auch eure Erfolge. Auflehnung — das ist die Vornehmheit am Scla¬ ven. Eure Vornehmheit sei Gehorsam! Euer Befehlen selber sei ein Gehorchen! Einem guten Kriegsmanne klingt „du sollst“ an¬ genehmer, als „ich will“. Und Alles, was euch lieb ist, sollt ihr euch erst noch befehlen lassen. Eure Liebe zum Leben sei Liebe zu eurer höch¬ sten Hoffnung: und eure höchste Hoffnung sei der höchste Gedanke des Lebens! Euren höchsten Gedanken aber sollt ihr euch von mir befehlen lassen — und er lautet: der Mensch ist Etwas, das überwunden werden soll. So lebt euer Leben des Gehorsams und des Krie¬ ges! Was liegt am Lang-Leben! Welcher Krieger will geschont sein! Ich schone euch nicht, ich liebe euch von Grund aus, meine Brüder im Kriege! Also sprach Zarathustra.

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra01_1883/70>, abgerufen am 20.04.2024.