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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884.

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Von der Seligkeit wider Willen.

Mit solchen Räthseln und Bitternissen im Herzen
fuhr Zarathustra über das Meer. Als er aber vier
Tagereisen fern war von den glückseligen Inseln und
von seinen Freunden, da hatte er allen seinen Schmerz
überwunden --: siegreich und mit festen Füssen stand
er wieder auf seinem Schicksal. Und damals redete
Zarathustra also zu seinem frohlockenden Gewissen:

Allein bin ich wieder und will es sein, allein mit
reinem Himmel und freiem Meere; und wieder ist
Nachmittag um mich.

Des Nachmittags fand ich zum ersten Male einst
meine Freunde, des Nachmittags auch zum anderen
Male: -- zur Stunde, da alles Licht stiller wird.

Denn was von Glück noch unterwegs ist zwischen
Himmel und Erde, das sucht sich nun zur Herberge
noch eine lichte Seele: vor Glück ist alles Licht
jetzt stiller worden.

Oh Nachmittag meines Lebens! Einst stieg auch
mein Glück zu Thale, dass es sich eine Herberge
suche: da fand es diese offnen gastfreundlichen Seelen.

Oh Nachmittag meines Lebens! Was gab ich nicht
hin, dass ich Eins hätte: diese lebendige Pflanzung
meiner Gedanken und diess Morgenlicht meiner höchsten
Hoffnung!

Von der Seligkeit wider Willen.

Mit solchen Räthseln und Bitternissen im Herzen
fuhr Zarathustra über das Meer. Als er aber vier
Tagereisen fern war von den glückseligen Inseln und
von seinen Freunden, da hatte er allen seinen Schmerz
überwunden —: siegreich und mit festen Füssen stand
er wieder auf seinem Schicksal. Und damals redete
Zarathustra also zu seinem frohlockenden Gewissen:

Allein bin ich wieder und will es sein, allein mit
reinem Himmel und freiem Meere; und wieder ist
Nachmittag um mich.

Des Nachmittags fand ich zum ersten Male einst
meine Freunde, des Nachmittags auch zum anderen
Male: — zur Stunde, da alles Licht stiller wird.

Denn was von Glück noch unterwegs ist zwischen
Himmel und Erde, das sucht sich nun zur Herberge
noch eine lichte Seele: vor Glück ist alles Licht
jetzt stiller worden.

Oh Nachmittag meines Lebens! Einst stieg auch
mein Glück zu Thale, dass es sich eine Herberge
suche: da fand es diese offnen gastfreundlichen Seelen.

Oh Nachmittag meines Lebens! Was gab ich nicht
hin, dass ich Eins hätte: diese lebendige Pflanzung
meiner Gedanken und diess Morgenlicht meiner höchsten
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[13/0023] Von der Seligkeit wider Willen. Mit solchen Räthseln und Bitternissen im Herzen fuhr Zarathustra über das Meer. Als er aber vier Tagereisen fern war von den glückseligen Inseln und von seinen Freunden, da hatte er allen seinen Schmerz überwunden —: siegreich und mit festen Füssen stand er wieder auf seinem Schicksal. Und damals redete Zarathustra also zu seinem frohlockenden Gewissen: Allein bin ich wieder und will es sein, allein mit reinem Himmel und freiem Meere; und wieder ist Nachmittag um mich. Des Nachmittags fand ich zum ersten Male einst meine Freunde, des Nachmittags auch zum anderen Male: — zur Stunde, da alles Licht stiller wird. Denn was von Glück noch unterwegs ist zwischen Himmel und Erde, das sucht sich nun zur Herberge noch eine lichte Seele: vor Glück ist alles Licht jetzt stiller worden. Oh Nachmittag meines Lebens! Einst stieg auch mein Glück zu Thale, dass es sich eine Herberge suche: da fand es diese offnen gastfreundlichen Seelen. Oh Nachmittag meines Lebens! Was gab ich nicht hin, dass ich Eins hätte: diese lebendige Pflanzung meiner Gedanken und diess Morgenlicht meiner höchsten Hoffnung!

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra03_1884/23>, abgerufen am 19.04.2024.