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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891.

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19.

Erhebt eure Herzen, meine Brüder, hoch! höher!
Und vergesst mir auch die Beine nicht! Erhebt auch
eure Beine, ihr guten Tänzer, und besser noch: ihr steht
auch auf dem Kopf!

Es giebt auch im Glück schweres Gethier, es giebt
Plumpfüssler von Anbeginn. Wunderlich mühn sie sich
ab, einem Elephanten gleich, der sich müht auf dem
Kopfe zu stehn.

Besser aber noch närrisch sein vor Glücke als
närrisch vor Unglücke, besser plump tanzen als lahm
gehn. So lernt mir doch meine Weisheit ab: auch das
schlimmste Ding hat zwei gute Kehrseiten, --

-- auch das schlimmste Ding hat gute Tanzbeine:
so lernt mir doch euch selbst, ihr höheren Menschen,
auf eure rechten Beine stellen!

So verlernt mir doch Trübsal-Blasen und alle
Pöbel-Traurigkeit! Oh wie traurig dünken mich heute
des Pöbels Hanswürste noch! Diess Heute aber ist
des Pöbels.


20.

Dem Winde thut mir gleich, wenn er aus seinen
Berghöhlen stürzt: nach seiner eignen Pfeife will er tanzen,
die Meere zittern und hüpfen unter seinen Fusstapfen.

Der den Eseln Flügel giebt, der Löwinnen melkt,
gelobt sei dieser gute unbändige Geist, der allem Heute
und allem Pöbel wie ein Sturmwind kommt, --

-- der Distel- und Tiftelköpfen feind ist und allen
welken Blättern und Unkräutern: gelobt sei dieser wilde

19.

Erhebt eure Herzen, meine Brüder, hoch! höher!
Und vergesst mir auch die Beine nicht! Erhebt auch
eure Beine, ihr guten Tänzer, und besser noch: ihr steht
auch auf dem Kopf!

Es giebt auch im Glück schweres Gethier, es giebt
Plumpfüssler von Anbeginn. Wunderlich mühn sie sich
ab, einem Elephanten gleich, der sich müht auf dem
Kopfe zu stehn.

Besser aber noch närrisch sein vor Glücke als
närrisch vor Unglücke, besser plump tanzen als lahm
gehn. So lernt mir doch meine Weisheit ab: auch das
schlimmste Ding hat zwei gute Kehrseiten, —

— auch das schlimmste Ding hat gute Tanzbeine:
so lernt mir doch euch selbst, ihr höheren Menschen,
auf eure rechten Beine stellen!

So verlernt mir doch Trübsal-Blasen und alle
Pöbel-Traurigkeit! Oh wie traurig dünken mich heute
des Pöbels Hanswürste noch! Diess Heute aber ist
des Pöbels.


20.

Dem Winde thut mir gleich, wenn er aus seinen
Berghöhlen stürzt: nach seiner eignen Pfeife will er tanzen,
die Meere zittern und hüpfen unter seinen Fusstapfen.

Der den Eseln Flügel giebt, der Löwinnen melkt,
gelobt sei dieser gute unbändige Geist, der allem Heute
und allem Pöbel wie ein Sturmwind kommt, —

— der Distel- und Tiftelköpfen feind ist und allen
welken Blättern und Unkräutern: gelobt sei dieser wilde

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[88/0095] 19. Erhebt eure Herzen, meine Brüder, hoch! höher! Und vergesst mir auch die Beine nicht! Erhebt auch eure Beine, ihr guten Tänzer, und besser noch: ihr steht auch auf dem Kopf! Es giebt auch im Glück schweres Gethier, es giebt Plumpfüssler von Anbeginn. Wunderlich mühn sie sich ab, einem Elephanten gleich, der sich müht auf dem Kopfe zu stehn. Besser aber noch närrisch sein vor Glücke als närrisch vor Unglücke, besser plump tanzen als lahm gehn. So lernt mir doch meine Weisheit ab: auch das schlimmste Ding hat zwei gute Kehrseiten, — — auch das schlimmste Ding hat gute Tanzbeine: so lernt mir doch euch selbst, ihr höheren Menschen, auf eure rechten Beine stellen! So verlernt mir doch Trübsal-Blasen und alle Pöbel-Traurigkeit! Oh wie traurig dünken mich heute des Pöbels Hanswürste noch! Diess Heute aber ist des Pöbels. 20. Dem Winde thut mir gleich, wenn er aus seinen Berghöhlen stürzt: nach seiner eignen Pfeife will er tanzen, die Meere zittern und hüpfen unter seinen Fusstapfen. Der den Eseln Flügel giebt, der Löwinnen melkt, gelobt sei dieser gute unbändige Geist, der allem Heute und allem Pöbel wie ein Sturmwind kommt, — — der Distel- und Tiftelköpfen feind ist und allen welken Blättern und Unkräutern: gelobt sei dieser wilde

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra04_1891/95>, abgerufen am 16.04.2024.