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Der Arbeitgeber. Nr. 672. Frankfurt a. M., 18. März 1870.

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Der "Arbeitgeber" erscheint
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Preis: 1 / 2 jährl. in Preußen
3 fl. 2 kr. od. 1 Thlr. 22 Gr.,
bei allen übrigen deutschen
Postämtern 2 fl. 55 kr. od.
1 2 / 3 Thlr. Anzeigen: für die
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Raum 6 kr. Der Betrag wird
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Red. des "Arbeitgeber",
Gallusgasse 9.
in Frankfurt a. M.

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Der
Arbeitgeber.
Archiv für die gesammte Volkswirthschaft,
Central-Anzeiger für Stellen- und Arbeitergesuche.

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Das Patent= u. Maschinen-
Geschäft des "Arbeitgeber"
übernimmt die Ausführung
neuer Erfindungen, vermit-
telt den Ankauf ( zum Fabrik-
preis ) und Verkauf von Ma-
schinen aller Art, es besorgt
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Nro 672.
Usingen bei
Frankfurt a. M., 18. März
1870.


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des "Arbeitgeber" bitten wir möglichst bald einzu-
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Preis pr. Halbjahr 2 fl. 20 kr., einschließlich Postaufschlag
2 fl. 55 kr. ( 1 Thlr. 20 ) , in Preußen mit Zeitungssteuer 3 fl. 2 kr.



Die Welt=Jndustrie* )
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Von Peter Barthel.
VII.

Ein entwickelter, den Anforderungen der Zeit entsprechender indu-
striel betriebener Feldbau ist die Grundlage aller gesunden Wirthschaft,
weil der Feldbau die zur Existenz nöthigen Dinge, die Nahrungs-
mittel und für viele Fabrikationen die Rohstoffe liefert. Je besser
das Volk genährt und gekleidet ist, auf desto höherer wirthschaftlicher
Stufe steht es; der Faktor, welcher mit am meisten bestimmend
auf das Wohlergehen einer Nation wirkt, sollte daher die größte
Beachtung verdienen. Man hat dies zwar zu allen Zeiten anerkannt,
allein man ist auch dabei stehen geblieben, und erst der Neuzeit war
es vorbehalten, auch hier energisch einzugreifen. Will man indeß
der Wahrheit die Ehre geben, und strenge gegen sich selbst sein, so
muß man bestätigen, daß der Anfang, zwar kühn und erfolgreich,
doch im Verhältniß zur großen Masse des Feldes, das auf der ganzen
Erde bebaut wird, noch ein kleines Terrain occupirt. Jm großen
Ganzen wird die Landwirthschaft noch nicht als industrielles Ge-
schäft
getrieben, sondern sie ist immer noch mehr oder weniger eine
empirische Handthierung, und daher auch die großen Klagen,
daß sie keine so großen Fortschritte aufzuweisen hat wie ihre produzi-
renden Kolleginnen. Die Landwirthschaft sollte getrieben werden wie
eine chemische Fabrik, in welcher der Boden den Apparat bedeutet,
der zur Darstellung der verschiedenen Produkte dient; sie sollte alle
Mittel anwenden, die ihr Wissenschaft und Erfahrung an die Hand
geben, um sich von dem Wetter so viel wie möglich unabhängig
zu machen, und nicht es gehen lassen "wie's Gott gefällt." Doch
bemerken wir, daß dies nur cum grano salis zu verstehen ist. Es ist
klar, daß das Wetter auf viele landwirthschaftliche Verrichtungen einen
bestimmenden Einfluß hat, allein es ist auch klar, daß ein umsichtiger
Landwirth das gute Wetter geschickt zu benutzen, und das schlechte
ebenso zu vermeiden weiß. Mit Anwendung der Mähmaschine, des
Heuwenders, des Heurechens hat der Landwirth z. B. die Einbringung
seiner Heu= und Getreideernten viel mehr in der Hand, so daß er
sie eher bei gutem Wetter vollziehen kann, als ohne diese Jnstrumente.
Ebenso kann er mit Hilfe des Dampfpfluges die gute Zeit besser be-
nützen zum Pflügen, Eggen, Saat unterbringen ec. wie ohne denselben.
Wie der Landwirth sich schützen lernen muß gegen schlechtes Wetter,
so muß er auch die Prozesse genau kennen, die in seinem Boden
vor sich gehen, er muß Chemiker sein, oder wenigstens Handlanger
[Spaltenumbruch] in einem chemischen Laboratorium, in welchem streng nach wissen-
schaftlichen Grundsätzen gearbeitet wird. Er muß Kaufmann sein,
in dessen Hauptbuch jedes Stück Feld sein Conto hat, auf dem es
belastet und auf dem ihm gutgeschrieben wird. Die Gesetze des
Landes müssen den kaufmännischen Betrieb der Landwirthschaft er-
leichtern, wenn dieselbe das leisten soll, was wir von ihr ver-
langen u. s. w. u. s. w. Man sieht schon aus diesen wenigen An-
führungen, welche Forderungen heutzutage an den Landwirth gestellt
werden; und das mit Recht, denn er zählt mit zu den Fundamental-
arbeitern, die an dem großen Tempel der Menschheit bauen, in dem
das Glück und der Friede wohnen.

Entspricht nun der heutige Feldbau den Anforderungen, die unsere
sich rasch entwickelnde Zeit auf einmal so plötzlich an ihn stellt? Es
ist nicht schwer dies mit Nein zu beantworten, und auch die Gründe
warum dieses so ist, liegen nahe. Unsere Landwirthschaft steht nicht
auf der Höhe ihrer Zeit; wäre dies der Fall, so müßten wir billi-
geres Brod und billigeres Fleisch haben. Daß beide Grundbedin-
gungen des Lebens noch zu theuer sind, erkennt man deutlich, wenn
man das Leben der großen Masse betrachtet. Die Ernährung der
großen Masse ist nicht unsern Kulturzuständen entsprechend, vor allem
ist ihre Fleischnahrung kaum halb entsprechend. Wir haben ganze
Gegenden, die von Kartoffeln leben, und in den meisten Dörfern
kommt nur Sonntags Fleisch auf den Tisch; mag dies auch in
Häusern geschehen, die dies aus Herkommen thun, die meisten länd-
lichen Familien essen so wenig Fleisch, weil es zu theuer ist. Das
Fleisch muß daher billiger werden. Allein man verstehe uns recht;
es muß relativ billiger werden, nicht absolut. Das Pfund Kalb-
fleisch für 8 Kreuzer war vielleicht vor 15 Jahren theurer als heut-
zutage für 16 Kreuzer. Auf den absoluten Preis kommt hier nichts
an, nur auf den relativen. Und der relative Preis unserer Lebens-
mittel ist zu hoch; dies rührt daher, weil die Landwirthschaft mit
den übrigen Fortschritten der Menschheit nicht gleichen Schritt ge-
halten hat; die Nachfrage nach Fleisch, Brod, Wein, Bier ec. ist in
Folge der Besserung unserer Lage rasch gestiegen, während das An-
gebot im großen Ganzen nahezu dasselbe geblieben ist. Wirft man
einen Blick auf die Geschichte der Landwirthschaft, so kann ein solches
Verhältniß gar nicht Wunder nehmen.

Der Bauer spielt in der Geschichte leider zu allen Zeiten die
geschundene und malträtirte Person, von dessen Schweiß diejenigen,
welche gerade die Gewalt haben, sich gute Tage machen. Das Mittel-
alter machte die Bauern zu Leibeigenen, und als dieser traurige Zu-
stand aufgehoben, wurden die Bauern von absolutistischen Regierungen
mehr wie je geplackt. Steuererpressungen aller Art gingen mit der
schlechtesten, der Entwicklung nachtheiligsten, Gesetzgebung Hand in
Hand; die Grundstücke waren gebannt, sie waren fest, unbeweglich,
in büreaukratische Gesetze eingefroren; die Landwirthschaft war in
Folge dessen ebenfalls ohne Leben und Bewegung. Dabei waren
Alle, die sich mit Feldbau beschäftigten, äußerst gering geschätzt, wenn
nicht geradezu verachtet. Hof und Stadt sahen in dem Bauern eine
Art weißer Sklaven, wie Chevalier sagt; der Unterricht lag Jahr-
hunderte lang im Argen, die Wirthschaftsweise beruhte auf der Tra-
dition, die in die Urälterväterschichte jedes Zeitalters zurückging. Wo
sollte daher ein rationeller Betrieb des Feldbaues herkommen? Diese
Verhältnisse blieben so ziemlich dieselben bis zur Schwelle der neue-
sten Zeit, und ragen theilweise auch in unsere herein. Unsere Ka-
tasterordnungen mit ihren Flurbüchern sind erst in neuester Zeit
entstanden, die Zehntenablösungen sind theilweise noch nicht zu Ende,
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* ) Siehe No. 656.
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weil der Feldbau die zur Existenz nöthigen Dinge, die Nahrungs-
mittel und für viele Fabrikationen die Rohstoffe liefert. Je besser
das Volk genährt und gekleidet ist, auf desto höherer wirthschaftlicher
Stufe steht es; der Faktor, welcher mit am meisten bestimmend
auf das Wohlergehen einer Nation wirkt, sollte daher die größte
Beachtung verdienen. Man hat dies zwar zu allen Zeiten anerkannt,
allein man ist auch dabei stehen geblieben, und erst der Neuzeit war
es vorbehalten, auch hier energisch einzugreifen. Will man indeß
der Wahrheit die Ehre geben, und strenge gegen sich selbst sein, so
muß man bestätigen, daß der Anfang, zwar kühn und erfolgreich,
doch im Verhältniß zur großen Masse des Feldes, das auf der ganzen
Erde bebaut wird, noch ein kleines Terrain occupirt. Jm großen
Ganzen wird die Landwirthschaft noch nicht als industrielles Ge-
schäft
getrieben, sondern sie ist immer noch mehr oder weniger eine
empirische Handthierung, und daher auch die großen Klagen,
daß sie keine so großen Fortschritte aufzuweisen hat wie ihre produzi-
renden Kolleginnen. Die Landwirthschaft sollte getrieben werden wie
eine chemische Fabrik, in welcher der Boden den Apparat bedeutet,
der zur Darstellung der verschiedenen Produkte dient; sie sollte alle
Mittel anwenden, die ihr Wissenschaft und Erfahrung an die Hand
geben, um sich von dem Wetter so viel wie möglich unabhängig
zu machen, und nicht es gehen lassen „wie's Gott gefällt.“ Doch
bemerken wir, daß dies nur cum grano salis zu verstehen ist. Es ist
klar, daß das Wetter auf viele landwirthschaftliche Verrichtungen einen
bestimmenden Einfluß hat, allein es ist auch klar, daß ein umsichtiger
Landwirth das gute Wetter geschickt zu benutzen, und das schlechte
ebenso zu vermeiden weiß. Mit Anwendung der Mähmaschine, des
Heuwenders, des Heurechens hat der Landwirth z. B. die Einbringung
seiner Heu= und Getreideernten viel mehr in der Hand, so daß er
sie eher bei gutem Wetter vollziehen kann, als ohne diese Jnstrumente.
Ebenso kann er mit Hilfe des Dampfpfluges die gute Zeit besser be-
nützen zum Pflügen, Eggen, Saat unterbringen ec. wie ohne denselben.
Wie der Landwirth sich schützen lernen muß gegen schlechtes Wetter,
so muß er auch die Prozesse genau kennen, die in seinem Boden
vor sich gehen, er muß Chemiker sein, oder wenigstens Handlanger
[Spaltenumbruch] in einem chemischen Laboratorium, in welchem streng nach wissen-
schaftlichen Grundsätzen gearbeitet wird. Er muß Kaufmann sein,
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belastet und auf dem ihm gutgeschrieben wird. Die Gesetze des
Landes müssen den kaufmännischen Betrieb der Landwirthschaft er-
leichtern, wenn dieselbe das leisten soll, was wir von ihr ver-
langen u. s. w. u. s. w. Man sieht schon aus diesen wenigen An-
führungen, welche Forderungen heutzutage an den Landwirth gestellt
werden; und das mit Recht, denn er zählt mit zu den Fundamental-
arbeitern, die an dem großen Tempel der Menschheit bauen, in dem
das Glück und der Friede wohnen.

Entspricht nun der heutige Feldbau den Anforderungen, die unsere
sich rasch entwickelnde Zeit auf einmal so plötzlich an ihn stellt? Es
ist nicht schwer dies mit Nein zu beantworten, und auch die Gründe
warum dieses so ist, liegen nahe. Unsere Landwirthschaft steht nicht
auf der Höhe ihrer Zeit; wäre dies der Fall, so müßten wir billi-
geres Brod und billigeres Fleisch haben. Daß beide Grundbedin-
gungen des Lebens noch zu theuer sind, erkennt man deutlich, wenn
man das Leben der großen Masse betrachtet. Die Ernährung der
großen Masse ist nicht unsern Kulturzuständen entsprechend, vor allem
ist ihre Fleischnahrung kaum halb entsprechend. Wir haben ganze
Gegenden, die von Kartoffeln leben, und in den meisten Dörfern
kommt nur Sonntags Fleisch auf den Tisch; mag dies auch in
Häusern geschehen, die dies aus Herkommen thun, die meisten länd-
lichen Familien essen so wenig Fleisch, weil es zu theuer ist. Das
Fleisch muß daher billiger werden. Allein man verstehe uns recht;
es muß relativ billiger werden, nicht absolut. Das Pfund Kalb-
fleisch für 8 Kreuzer war vielleicht vor 15 Jahren theurer als heut-
zutage für 16 Kreuzer. Auf den absoluten Preis kommt hier nichts
an, nur auf den relativen. Und der relative Preis unserer Lebens-
mittel ist zu hoch; dies rührt daher, weil die Landwirthschaft mit
den übrigen Fortschritten der Menschheit nicht gleichen Schritt ge-
halten hat; die Nachfrage nach Fleisch, Brod, Wein, Bier ec. ist in
Folge der Besserung unserer Lage rasch gestiegen, während das An-
gebot im großen Ganzen nahezu dasselbe geblieben ist. Wirft man
einen Blick auf die Geschichte der Landwirthschaft, so kann ein solches
Verhältniß gar nicht Wunder nehmen.

Der Bauer spielt in der Geschichte leider zu allen Zeiten die
geschundene und malträtirte Person, von dessen Schweiß diejenigen,
welche gerade die Gewalt haben, sich gute Tage machen. Das Mittel-
alter machte die Bauern zu Leibeigenen, und als dieser traurige Zu-
stand aufgehoben, wurden die Bauern von absolutistischen Regierungen
mehr wie je geplackt. Steuererpressungen aller Art gingen mit der
schlechtesten, der Entwicklung nachtheiligsten, Gesetzgebung Hand in
Hand; die Grundstücke waren gebannt, sie waren fest, unbeweglich,
in büreaukratische Gesetze eingefroren; die Landwirthschaft war in
Folge dessen ebenfalls ohne Leben und Bewegung. Dabei waren
Alle, die sich mit Feldbau beschäftigten, äußerst gering geschätzt, wenn
nicht geradezu verachtet. Hof und Stadt sahen in dem Bauern eine
Art weißer Sklaven, wie Chevalier sagt; der Unterricht lag Jahr-
hunderte lang im Argen, die Wirthschaftsweise beruhte auf der Tra-
dition, die in die Urälterväterschichte jedes Zeitalters zurückging. Wo
sollte daher ein rationeller Betrieb des Feldbaues herkommen? Diese
Verhältnisse blieben so ziemlich dieselben bis zur Schwelle der neue-
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tasterordnungen mit ihren Flurbüchern sind erst in neuester Zeit
entstanden, die Zehntenablösungen sind theilweise noch nicht zu Ende,
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* ) Siehe No. 656.
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[0001] Der „Arbeitgeber“ erscheint wöchentlich, die „Patentliste“ monatlich. Preis: 1 / 2 jährl. in Preußen 3 fl. 2 kr. od. 1 Thlr. 22 Gr., bei allen übrigen deutschen Postämtern 2 fl. 55 kr. od. 1 2 / 3 Thlr. Anzeigen: für die dreispaltige Petitzeile od. deren Raum 6 kr. Der Betrag wird durch Postnachnahme erhoben. Kleine Beträge können durch Briefmarken ausgeglichen werden. Red. des „Arbeitgeber“, Gallusgasse 9. in Frankfurt a. M. Der Arbeitgeber. Archiv für die gesammte Volkswirthschaft, Central-Anzeiger für Stellen- und Arbeitergesuche. Bestellungen werden von allen Postämtern u. Buchhandlun- gen, von letzteren auch Jnse- rate jederzeit angenommen. Briefe werden franco erbeten. Das Patent= u. Maschinen- Geschäft des „Arbeitgeber“ übernimmt die Ausführung neuer Erfindungen, vermit- telt den Ankauf ( zum Fabrik- preis ) und Verkauf von Ma- schinen aller Art, es besorgt Patente für alle Länder und übernimmt deren Ver- werthung. Nro 672. Usingen bei Frankfurt a. M., 18. März 1870. Einladung zum Abonnement. Neue Abonnements auf dasII. Vierteljahr 1870 des „Arbeitgeber“ bitten wir möglichst bald einzu- reichen. -- Da wir nichts mehr pr. Buchhandel versen- den, so bitten wir alle Bestellungen bei der Post zu machen oder direkt an uns zu richten. Preis pr. Halbjahr 2 fl. 20 kr., einschließlich Postaufschlag 2 fl. 55 kr. ( 1 Thlr. 20 ) , in Preußen mit Zeitungssteuer 3 fl. 2 kr. Die Welt=Jndustrie * ) in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Von Peter Barthel. VII. Ein entwickelter, den Anforderungen der Zeit entsprechender indu- striel betriebener Feldbau ist die Grundlage aller gesunden Wirthschaft, weil der Feldbau die zur Existenz nöthigen Dinge, die Nahrungs- mittel und für viele Fabrikationen die Rohstoffe liefert. Je besser das Volk genährt und gekleidet ist, auf desto höherer wirthschaftlicher Stufe steht es; der Faktor, welcher mit am meisten bestimmend auf das Wohlergehen einer Nation wirkt, sollte daher die größte Beachtung verdienen. Man hat dies zwar zu allen Zeiten anerkannt, allein man ist auch dabei stehen geblieben, und erst der Neuzeit war es vorbehalten, auch hier energisch einzugreifen. Will man indeß der Wahrheit die Ehre geben, und strenge gegen sich selbst sein, so muß man bestätigen, daß der Anfang, zwar kühn und erfolgreich, doch im Verhältniß zur großen Masse des Feldes, das auf der ganzen Erde bebaut wird, noch ein kleines Terrain occupirt. Jm großen Ganzen wird die Landwirthschaft noch nicht als industrielles Ge- schäft getrieben, sondern sie ist immer noch mehr oder weniger eine empirische Handthierung, und daher auch die großen Klagen, daß sie keine so großen Fortschritte aufzuweisen hat wie ihre produzi- renden Kolleginnen. Die Landwirthschaft sollte getrieben werden wie eine chemische Fabrik, in welcher der Boden den Apparat bedeutet, der zur Darstellung der verschiedenen Produkte dient; sie sollte alle Mittel anwenden, die ihr Wissenschaft und Erfahrung an die Hand geben, um sich von dem Wetter so viel wie möglich unabhängig zu machen, und nicht es gehen lassen „wie's Gott gefällt.“ Doch bemerken wir, daß dies nur cum grano salis zu verstehen ist. Es ist klar, daß das Wetter auf viele landwirthschaftliche Verrichtungen einen bestimmenden Einfluß hat, allein es ist auch klar, daß ein umsichtiger Landwirth das gute Wetter geschickt zu benutzen, und das schlechte ebenso zu vermeiden weiß. Mit Anwendung der Mähmaschine, des Heuwenders, des Heurechens hat der Landwirth z. B. die Einbringung seiner Heu= und Getreideernten viel mehr in der Hand, so daß er sie eher bei gutem Wetter vollziehen kann, als ohne diese Jnstrumente. Ebenso kann er mit Hilfe des Dampfpfluges die gute Zeit besser be- nützen zum Pflügen, Eggen, Saat unterbringen ec. wie ohne denselben. Wie der Landwirth sich schützen lernen muß gegen schlechtes Wetter, so muß er auch die Prozesse genau kennen, die in seinem Boden vor sich gehen, er muß Chemiker sein, oder wenigstens Handlanger in einem chemischen Laboratorium, in welchem streng nach wissen- schaftlichen Grundsätzen gearbeitet wird. Er muß Kaufmann sein, in dessen Hauptbuch jedes Stück Feld sein Conto hat, auf dem es belastet und auf dem ihm gutgeschrieben wird. Die Gesetze des Landes müssen den kaufmännischen Betrieb der Landwirthschaft er- leichtern, wenn dieselbe das leisten soll, was wir von ihr ver- langen u. s. w. u. s. w. Man sieht schon aus diesen wenigen An- führungen, welche Forderungen heutzutage an den Landwirth gestellt werden; und das mit Recht, denn er zählt mit zu den Fundamental- arbeitern, die an dem großen Tempel der Menschheit bauen, in dem das Glück und der Friede wohnen. Entspricht nun der heutige Feldbau den Anforderungen, die unsere sich rasch entwickelnde Zeit auf einmal so plötzlich an ihn stellt? Es ist nicht schwer dies mit Nein zu beantworten, und auch die Gründe warum dieses so ist, liegen nahe. Unsere Landwirthschaft steht nicht auf der Höhe ihrer Zeit; wäre dies der Fall, so müßten wir billi- geres Brod und billigeres Fleisch haben. Daß beide Grundbedin- gungen des Lebens noch zu theuer sind, erkennt man deutlich, wenn man das Leben der großen Masse betrachtet. Die Ernährung der großen Masse ist nicht unsern Kulturzuständen entsprechend, vor allem ist ihre Fleischnahrung kaum halb entsprechend. Wir haben ganze Gegenden, die von Kartoffeln leben, und in den meisten Dörfern kommt nur Sonntags Fleisch auf den Tisch; mag dies auch in Häusern geschehen, die dies aus Herkommen thun, die meisten länd- lichen Familien essen so wenig Fleisch, weil es zu theuer ist. Das Fleisch muß daher billiger werden. Allein man verstehe uns recht; es muß relativ billiger werden, nicht absolut. Das Pfund Kalb- fleisch für 8 Kreuzer war vielleicht vor 15 Jahren theurer als heut- zutage für 16 Kreuzer. Auf den absoluten Preis kommt hier nichts an, nur auf den relativen. Und der relative Preis unserer Lebens- mittel ist zu hoch; dies rührt daher, weil die Landwirthschaft mit den übrigen Fortschritten der Menschheit nicht gleichen Schritt ge- halten hat; die Nachfrage nach Fleisch, Brod, Wein, Bier ec. ist in Folge der Besserung unserer Lage rasch gestiegen, während das An- gebot im großen Ganzen nahezu dasselbe geblieben ist. Wirft man einen Blick auf die Geschichte der Landwirthschaft, so kann ein solches Verhältniß gar nicht Wunder nehmen. Der Bauer spielt in der Geschichte leider zu allen Zeiten die geschundene und malträtirte Person, von dessen Schweiß diejenigen, welche gerade die Gewalt haben, sich gute Tage machen. Das Mittel- alter machte die Bauern zu Leibeigenen, und als dieser traurige Zu- stand aufgehoben, wurden die Bauern von absolutistischen Regierungen mehr wie je geplackt. Steuererpressungen aller Art gingen mit der schlechtesten, der Entwicklung nachtheiligsten, Gesetzgebung Hand in Hand; die Grundstücke waren gebannt, sie waren fest, unbeweglich, in büreaukratische Gesetze eingefroren; die Landwirthschaft war in Folge dessen ebenfalls ohne Leben und Bewegung. Dabei waren Alle, die sich mit Feldbau beschäftigten, äußerst gering geschätzt, wenn nicht geradezu verachtet. Hof und Stadt sahen in dem Bauern eine Art weißer Sklaven, wie Chevalier sagt; der Unterricht lag Jahr- hunderte lang im Argen, die Wirthschaftsweise beruhte auf der Tra- dition, die in die Urälterväterschichte jedes Zeitalters zurückging. Wo sollte daher ein rationeller Betrieb des Feldbaues herkommen? Diese Verhältnisse blieben so ziemlich dieselben bis zur Schwelle der neue- sten Zeit, und ragen theilweise auch in unsere herein. Unsere Ka- tasterordnungen mit ihren Flurbüchern sind erst in neuester Zeit entstanden, die Zehntenablösungen sind theilweise noch nicht zu Ende, * ) Siehe No. 656.

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Zitationshilfe: Der Arbeitgeber. Nr. 672. Frankfurt a. M., 18. März 1870, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_arbeitgeber0672_1870/1>, abgerufen am 29.03.2024.