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Der Arbeitgeber. Nr. 1061. Frankfurt a. M., 1. September 1877.

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[Spaltenumbruch] von welchen die Holländer'sche und Teichmann'sche in schwunghaf-
tem und ungestörtem Betriebe sich befinden, früher mehr denn 1000
Personen außerhalb derselben Beschäftigung gewährten, so ist die
dortige Wollwaaren=Manufactur für mehr als hundert Familien
daselbst, geradezu eine Existenzfrage geworden und es ist darum
doppelt erfreulich, daß der gegenwärtige Betrieb, auf welchen die
Zeitverhältnisse nicht ohne störenden Einfluß blieben, die Hoffnung
giebt, derselbe werde sehr bald wieder seinen früheren Umfang er-
reichen. -- Ueber die Thätigkeit der Maschinenfabrik von
Henschel u. Sohn in Kastel berichtet die dortige Handels-
kammer, daß dieselbe im verflossenen Geschäftsjahr 75--76 69
Lokomotiven gegen 107 in 75 und 5 Lokomotivkessel ablieferte; von
der Werkzeugabtheilung 3238 Ztr. ( 1875: 3500 Ztr. ) , von der
Gießerei 14,919 Ztr. Eisenguß gegen 18,847 Ztr. im Jahre
1875; 1242 Ztr. Metallguß gegen 1757 Ztr. in 75; von der
Dampfhammerschmiede zu Rothenditmold 12,190 Ztr. gegen 20,401
Ztr. in 75. Bei beständigem Mangel an ausreichender Beschäfti-
gung mußte die Arbeitszeit von 10 auf 7 Stunden reduzirt wer-
den bei theilweiser Entlassung des Personals. Die Zahl der be-
schäftigten Arbeiter betrug durchschnittlich 935; sie würde noch ge-
ringer gewesen sein, wenn nicht durch Lieferungsabschlüsse unter
Selbstkosten das Mögliche zur Erhaltung der guten Arbeiter auf-
geboten worden wäre. -- Aus Oberschlesien kommt die er-
freuliche Nachricht, daß das seit dem 19. Juli feiernde Lori-
walzwerk
in Antonienhütte, binnen Kurzem, sobald die
defekten Maschinen in Ordnung gebracht sind, wieder in Betrieb
gesetzt wird. Uebrigens hat ein großer Theil der entlassenen Walz-
werk=Arbeiter theils auf der im Bau begriffenen Eisenbahnstrecke
Groß=Strehlitz=Toß=Gleiwitz, theils bei den Eisenbahnbauten in
Lyk in Westpreußen hinreichende Beschäftigung gefunden. Ein
Theil dieser Hüttenleute zog es allerdings vor, am Orte auszu-
dauern, bis sie demnächst im Loriwalzwerk ihre frühere Thätigkeit
wieder aufnehmen können. -- Ueber die Arbeitsverhältnisse im
Kreise Heilbronn bringt der "Gewerkverein" sehr ausführliche
Mittheilungen, welchen wir Folgendes entnehmen: Die dortige
große Silberwaarenfabrik ist vollauf beschäftigt, die Arbeiter
derselben, welche bei guter Behandlung gut bezahlt werden, sind
theilweise nicht vermögenslos, einige besitzen hübsche Häuser oder
sonstiges Eigenthum. Ueberhaupt sind die Arbeitsverhältnisse am
dortigen Platze, wenn auch nicht mehr so günstig wie in den Jah-
ren 1870--73, doch wesentlich bessere als in vielen andern Orten.
Gewöhnliche Taglöhner giebt es in der Silberwaaren=Fabri-
kation
nur wenige, die meisten Arbeiter sind Handwerker, z. B.
Schleifer, Schlosser, Dreher, Metalldrucker, Silberarbeiter, Gra-
veure u. s. w. und verdienen diese 18--30 M. wöchentlich, be-
sonders geschickte noch mehr. Jn den Druckereien und litho-
graphischen Anstalten
gehen die Geschäfte sehr gut, die
Arbeiter wohnen gut und führen ein anständiges, geordnetes Leben,
sowohl Arbeitgeber wie Arbeitnehmer sind hier zufrieden. Die
Klavierfabrikation beschäftigt ebenso viele Arbeiter wie früher;
die Besitzer klagen aber doch über schlechten Geschäftsgang. Jn
einer derselben wurde der Lohn etwas herabgesetzt, die Arbeiter
gaben sich aber damit zufrieden; auch hier herrscht zwischen Kapital
und Arbeit, gewiß eine erfreuliche Erscheinung, die beste Eintracht.
Die Arbeiter dieses Geschäftszweiges verdienen täglich 3--5 M.
und wird Alles im Akkord gearbeitet, wobei die Leute so ziemlich
alle ihr gutes Auskommen finden. -- Jn den beiden großen Pa-
pierfabriken
Heilbronns ging das Geschäft letzten Winter
etwas langsamer, jetzt ist es aber wieder besser; die Arbeiter in
diesen Fabriken sind meist vom Orte selbst und schon in jungen
Jahren in das Geschäft gekommen, bleiben sie in der Regel dabei,
was natürlich für beide Theile von Vortheil und von dem Wohl-
befinden der Arbeiter ein gutes Zeugniß giebt; gleichwohl beträgt
der Taglohn derselben bei 18stündiger Arbeitszeit nur 2 M.!
bis höchstens 12 und 18 M. in der Woche, was unserer Ansicht
nach, Körper und Geist aufreibend wirken muß, selbst wenn dem
Arbeiter während derselben auch große Erleichterungen gewährt
werden. -- Jn der bedeutendsten Maschinenfabrik ( Aktien-
gesellschaft ) sind die Geschäfte sehr zurückgegangen, denn während
dieselbe sonst 300--400 Arbeiter beschäftigt, sind es deren jetzt
kaum noch 100 und ebenso ist es mit dem Verdienst; ein Arbeiter
welcher früher 30 M. wöchentlich einnahm, erhält gegenwärtig 20
M., daurchschnittlich 30 Proz. weniger bezahlt werden. -- Stein-
[Spaltenumbruch] hauer und Maurer verdienen größtentheils etwa 40 Proz. weniger
wie sonst ( ca. 3 M. pro Tag ) , dennoch ist ihr Verdienst im All-
gemeinen noch nicht schlecht zu nennen. -- Seifen- und Lichter-
fabrikation gehen gut und die Arbeiter wissen hier von keinem Un-
terschied mit sonst; Taglohn 2 bis3 1 / 2 M. -- Eine vor etwa
20 Jahren gegründete bedeutende chemische Fabrik mußte in den
letzten Jahren eingestellt werden, weil der Betrieb sich nicht mehr
lohnte. Jm Ganzen darf angenommen werden, daß in allen
Fabriken Heilbronns der Taglohn M. 1.70 bis 2 und für Hand-
werker oder solche, welche in denselben ein bestimmtes Geschäft er-
lernten,2 1 / 2 bis 4 M. beträgt. Die Wohnungsverhältnisse
für die arbeitende Klasse sind dagegen in Heilbronn keine günstige,
es fehlt bei der rasch gewachsenen Bevölkerung an passenden Häu-
sern und beträgt der jährliche Miethzins einer Wohnung, wie solche
Arbeiter vorwiegend inne haben, 150 bis 200 M. Hier bleibt
also dem Kapital und den Arbeiterfreunden noch ein fruchtbares
Feld der Thätigkeit übrig; die Lebensmittel sind durchschnittlich
theurer als in großen Städten, z. B. Berlin.

Gegen die bisherige Handhabung der Zuchthausarbeit
wird neuerdings von den süddeutschen Gewerkvereinen mit
großer Energie agitirt und ist zu hoffen, daß die Reichsregierung
zu zweckentsprechenden Reformen die Jnitiative ergreift, was um
so mehr zu erwarten, als unter den obwaltenden gewerblichen Ver-
hältnissen, diese sehr anfechtbare Konkurrenz nur Einzelnen zu Gute
kommt, hingegen einen großen Bruchtheil der gesammten Jndustrie
ernstlich schädigt.

Der englische Arbeitsmarkt bleibt gedrückt. Jm westlichen
Schottland ist abermals eine größere Zahl von Hochöfen aus-
geblasen worden. Die Aussichten einer Beilegung des Maurer-
Strike in London steigen. -- Zu den Erntearbeiten fehlt es dies-
mal nicht an Kräften. -- Mehrere Baumwollspinnereien
in Blakburn haben angefangen, nur 6 Stunden während des
Tags zu arbeiten; man fürchtet, daß die Bewegung sich in weni-
gen Tagen auf den ganzen Distrikt ausdehnen wird. Die Berg-
leute
zu Willenhall erklärten, sie würden eher Gras essen,
als die Anerbietungen der Meister annehmen! Nun, die Suppe
wird gewöhnlich nicht so heiß gegessen, als gekocht und man wird
sich das Grasessen u. s. w. wohl noch überlegen, denn die Meister
sind, wie es scheint, auf einen langen Strike vorbereitet und beabsich-
tigen ihrerseits eine Arbeits sperre eintreten zu lassen. Auch hin-
sichtlich des Spinnerei=Strikes zu Dundee sind die Fabrik-
herren im Hinblick auf den jetzigen flauen Geschäftsgang entschlossen,
sich nicht nachgiebig zu zeigen. -- Jn den Vereinigten
Staaten
legt sich der große Strike der Eisenbahnbedienste-
ten
zwar bei, allein die dadurch verursachten Verluste beziffern
sich auf viele Millionen und die Nachwehen machen sich im gesamm-
ten Geschäftsleben fühlbar. -- Australien verlangt nach Dienst-
boten,
es wäre dies vielleicht ein ergiebigeres Versuchsfeld für
unsere einheimischen, dienstbaren Haus= und Hofbeflissenen, an wel-
chen augenblicklich großer Ueberfluß vorhanden.

Jn den Fabrik=Distrikten wird noch immer über Mangel an
Beschäftigung geklagt; trotzdem aber wollen die Arbeiter die Städte
nicht verlassen, um auf's Land zurück zu kehren, wo sie sehr nöthig
sind. Jn der Schwindelzeit von 1871 -- 73 sind Massen von
Arbeitkräften vom Land in die Städte gewandert, wo sie jetzt nicht
blos vorübergehend, sondern zum Theil dauernd überflüssig sind.
Wir wiederholen, daß die Gewerbethätigkeit in Folge der unver-
nünftigen Bestellungen der Kriegsverwaltung in der genannten Zeit
eine ungewöhnlich große war, die nicht andauern konnte. Wenn
daher die Arbeiter auf eine Besserung der Verhältnisse des Arbeits-
marktes warten, so ist das für einen Theil derselben wenigstens
nutzlos: ein Theil wird auch in den nächsten Jahren keine Arbeit
finden und schließlich doch genöthigt sein, auf's Land zurück zu
kehren. Je früher dies geschieht, desto besser. -- Die Presse aber
würde sich ein Verdienst um diese Leute erwerben, wenn sie vor-
stehende Warnung möglichst verbreitete.

Jn England drohen von Neuem große Ausstände. Die
Arbeitgeber wollen natürlich zu den alten Arbeitbedingungen zurück-
kehren und u. A. auch die Arbeitzeit wieder verlängern, wogegen
die Arbeiter heftigen Wiederspruch einlegen. Jn Blakburn wird
über Verminderung der Arbeit oder des Lohnes verhandelt. Jn
Oldham wird schon mit beschränkter Zeit gearbeitet. Der Ma-
schinenbau
ist flau. Die Hopfen=Aerndte, welche sonst

[Spaltenumbruch] von welchen die Holländer'sche und Teichmann'sche in schwunghaf-
tem und ungestörtem Betriebe sich befinden, früher mehr denn 1000
Personen außerhalb derselben Beschäftigung gewährten, so ist die
dortige Wollwaaren=Manufactur für mehr als hundert Familien
daselbst, geradezu eine Existenzfrage geworden und es ist darum
doppelt erfreulich, daß der gegenwärtige Betrieb, auf welchen die
Zeitverhältnisse nicht ohne störenden Einfluß blieben, die Hoffnung
giebt, derselbe werde sehr bald wieder seinen früheren Umfang er-
reichen. -- Ueber die Thätigkeit der Maschinenfabrik von
Henschel u. Sohn in Kastel berichtet die dortige Handels-
kammer, daß dieselbe im verflossenen Geschäftsjahr 75--76 69
Lokomotiven gegen 107 in 75 und 5 Lokomotivkessel ablieferte; von
der Werkzeugabtheilung 3238 Ztr. ( 1875: 3500 Ztr. ) , von der
Gießerei 14,919 Ztr. Eisenguß gegen 18,847 Ztr. im Jahre
1875; 1242 Ztr. Metallguß gegen 1757 Ztr. in 75; von der
Dampfhammerschmiede zu Rothenditmold 12,190 Ztr. gegen 20,401
Ztr. in 75. Bei beständigem Mangel an ausreichender Beschäfti-
gung mußte die Arbeitszeit von 10 auf 7 Stunden reduzirt wer-
den bei theilweiser Entlassung des Personals. Die Zahl der be-
schäftigten Arbeiter betrug durchschnittlich 935; sie würde noch ge-
ringer gewesen sein, wenn nicht durch Lieferungsabschlüsse unter
Selbstkosten das Mögliche zur Erhaltung der guten Arbeiter auf-
geboten worden wäre. -- Aus Oberschlesien kommt die er-
freuliche Nachricht, daß das seit dem 19. Juli feiernde Lori-
walzwerk
in Antonienhütte, binnen Kurzem, sobald die
defekten Maschinen in Ordnung gebracht sind, wieder in Betrieb
gesetzt wird. Uebrigens hat ein großer Theil der entlassenen Walz-
werk=Arbeiter theils auf der im Bau begriffenen Eisenbahnstrecke
Groß=Strehlitz=Toß=Gleiwitz, theils bei den Eisenbahnbauten in
Lyk in Westpreußen hinreichende Beschäftigung gefunden. Ein
Theil dieser Hüttenleute zog es allerdings vor, am Orte auszu-
dauern, bis sie demnächst im Loriwalzwerk ihre frühere Thätigkeit
wieder aufnehmen können. -- Ueber die Arbeitsverhältnisse im
Kreise Heilbronn bringt der „Gewerkverein“ sehr ausführliche
Mittheilungen, welchen wir Folgendes entnehmen: Die dortige
große Silberwaarenfabrik ist vollauf beschäftigt, die Arbeiter
derselben, welche bei guter Behandlung gut bezahlt werden, sind
theilweise nicht vermögenslos, einige besitzen hübsche Häuser oder
sonstiges Eigenthum. Ueberhaupt sind die Arbeitsverhältnisse am
dortigen Platze, wenn auch nicht mehr so günstig wie in den Jah-
ren 1870--73, doch wesentlich bessere als in vielen andern Orten.
Gewöhnliche Taglöhner giebt es in der Silberwaaren=Fabri-
kation
nur wenige, die meisten Arbeiter sind Handwerker, z. B.
Schleifer, Schlosser, Dreher, Metalldrucker, Silberarbeiter, Gra-
veure u. s. w. und verdienen diese 18--30 M. wöchentlich, be-
sonders geschickte noch mehr. Jn den Druckereien und litho-
graphischen Anstalten
gehen die Geschäfte sehr gut, die
Arbeiter wohnen gut und führen ein anständiges, geordnetes Leben,
sowohl Arbeitgeber wie Arbeitnehmer sind hier zufrieden. Die
Klavierfabrikation beschäftigt ebenso viele Arbeiter wie früher;
die Besitzer klagen aber doch über schlechten Geschäftsgang. Jn
einer derselben wurde der Lohn etwas herabgesetzt, die Arbeiter
gaben sich aber damit zufrieden; auch hier herrscht zwischen Kapital
und Arbeit, gewiß eine erfreuliche Erscheinung, die beste Eintracht.
Die Arbeiter dieses Geschäftszweiges verdienen täglich 3--5 M.
und wird Alles im Akkord gearbeitet, wobei die Leute so ziemlich
alle ihr gutes Auskommen finden. -- Jn den beiden großen Pa-
pierfabriken
Heilbronns ging das Geschäft letzten Winter
etwas langsamer, jetzt ist es aber wieder besser; die Arbeiter in
diesen Fabriken sind meist vom Orte selbst und schon in jungen
Jahren in das Geschäft gekommen, bleiben sie in der Regel dabei,
was natürlich für beide Theile von Vortheil und von dem Wohl-
befinden der Arbeiter ein gutes Zeugniß giebt; gleichwohl beträgt
der Taglohn derselben bei 18stündiger Arbeitszeit nur 2 M.!
bis höchstens 12 und 18 M. in der Woche, was unserer Ansicht
nach, Körper und Geist aufreibend wirken muß, selbst wenn dem
Arbeiter während derselben auch große Erleichterungen gewährt
werden. -- Jn der bedeutendsten Maschinenfabrik ( Aktien-
gesellschaft ) sind die Geschäfte sehr zurückgegangen, denn während
dieselbe sonst 300--400 Arbeiter beschäftigt, sind es deren jetzt
kaum noch 100 und ebenso ist es mit dem Verdienst; ein Arbeiter
welcher früher 30 M. wöchentlich einnahm, erhält gegenwärtig 20
M., daurchschnittlich 30 Proz. weniger bezahlt werden. -- Stein-
[Spaltenumbruch] hauer und Maurer verdienen größtentheils etwa 40 Proz. weniger
wie sonst ( ca. 3 M. pro Tag ) , dennoch ist ihr Verdienst im All-
gemeinen noch nicht schlecht zu nennen. -- Seifen- und Lichter-
fabrikation gehen gut und die Arbeiter wissen hier von keinem Un-
terschied mit sonst; Taglohn 2 bis3 1 / 2 M. -- Eine vor etwa
20 Jahren gegründete bedeutende chemische Fabrik mußte in den
letzten Jahren eingestellt werden, weil der Betrieb sich nicht mehr
lohnte. Jm Ganzen darf angenommen werden, daß in allen
Fabriken Heilbronns der Taglohn M. 1.70 bis 2 und für Hand-
werker oder solche, welche in denselben ein bestimmtes Geschäft er-
lernten,2 1 / 2 bis 4 M. beträgt. Die Wohnungsverhältnisse
für die arbeitende Klasse sind dagegen in Heilbronn keine günstige,
es fehlt bei der rasch gewachsenen Bevölkerung an passenden Häu-
sern und beträgt der jährliche Miethzins einer Wohnung, wie solche
Arbeiter vorwiegend inne haben, 150 bis 200 M. Hier bleibt
also dem Kapital und den Arbeiterfreunden noch ein fruchtbares
Feld der Thätigkeit übrig; die Lebensmittel sind durchschnittlich
theurer als in großen Städten, z. B. Berlin.

Gegen die bisherige Handhabung der Zuchthausarbeit
wird neuerdings von den süddeutschen Gewerkvereinen mit
großer Energie agitirt und ist zu hoffen, daß die Reichsregierung
zu zweckentsprechenden Reformen die Jnitiative ergreift, was um
so mehr zu erwarten, als unter den obwaltenden gewerblichen Ver-
hältnissen, diese sehr anfechtbare Konkurrenz nur Einzelnen zu Gute
kommt, hingegen einen großen Bruchtheil der gesammten Jndustrie
ernstlich schädigt.

Der englische Arbeitsmarkt bleibt gedrückt. Jm westlichen
Schottland ist abermals eine größere Zahl von Hochöfen aus-
geblasen worden. Die Aussichten einer Beilegung des Maurer-
Strike in London steigen. -- Zu den Erntearbeiten fehlt es dies-
mal nicht an Kräften. -- Mehrere Baumwollspinnereien
in Blakburn haben angefangen, nur 6 Stunden während des
Tags zu arbeiten; man fürchtet, daß die Bewegung sich in weni-
gen Tagen auf den ganzen Distrikt ausdehnen wird. Die Berg-
leute
zu Willenhall erklärten, sie würden eher Gras essen,
als die Anerbietungen der Meister annehmen! Nun, die Suppe
wird gewöhnlich nicht so heiß gegessen, als gekocht und man wird
sich das Grasessen u. s. w. wohl noch überlegen, denn die Meister
sind, wie es scheint, auf einen langen Strike vorbereitet und beabsich-
tigen ihrerseits eine Arbeits sperre eintreten zu lassen. Auch hin-
sichtlich des Spinnerei=Strikes zu Dundee sind die Fabrik-
herren im Hinblick auf den jetzigen flauen Geschäftsgang entschlossen,
sich nicht nachgiebig zu zeigen. -- Jn den Vereinigten
Staaten
legt sich der große Strike der Eisenbahnbedienste-
ten
zwar bei, allein die dadurch verursachten Verluste beziffern
sich auf viele Millionen und die Nachwehen machen sich im gesamm-
ten Geschäftsleben fühlbar. -- Australien verlangt nach Dienst-
boten,
es wäre dies vielleicht ein ergiebigeres Versuchsfeld für
unsere einheimischen, dienstbaren Haus= und Hofbeflissenen, an wel-
chen augenblicklich großer Ueberfluß vorhanden.

Jn den Fabrik=Distrikten wird noch immer über Mangel an
Beschäftigung geklagt; trotzdem aber wollen die Arbeiter die Städte
nicht verlassen, um auf's Land zurück zu kehren, wo sie sehr nöthig
sind. Jn der Schwindelzeit von 1871 -- 73 sind Massen von
Arbeitkräften vom Land in die Städte gewandert, wo sie jetzt nicht
blos vorübergehend, sondern zum Theil dauernd überflüssig sind.
Wir wiederholen, daß die Gewerbethätigkeit in Folge der unver-
nünftigen Bestellungen der Kriegsverwaltung in der genannten Zeit
eine ungewöhnlich große war, die nicht andauern konnte. Wenn
daher die Arbeiter auf eine Besserung der Verhältnisse des Arbeits-
marktes warten, so ist das für einen Theil derselben wenigstens
nutzlos: ein Theil wird auch in den nächsten Jahren keine Arbeit
finden und schließlich doch genöthigt sein, auf's Land zurück zu
kehren. Je früher dies geschieht, desto besser. -- Die Presse aber
würde sich ein Verdienst um diese Leute erwerben, wenn sie vor-
stehende Warnung möglichst verbreitete.

Jn England drohen von Neuem große Ausstände. Die
Arbeitgeber wollen natürlich zu den alten Arbeitbedingungen zurück-
kehren und u. A. auch die Arbeitzeit wieder verlängern, wogegen
die Arbeiter heftigen Wiederspruch einlegen. Jn Blakburn wird
über Verminderung der Arbeit oder des Lohnes verhandelt. Jn
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schinenbau
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[0002] von welchen die Holländer'sche und Teichmann'sche in schwunghaf- tem und ungestörtem Betriebe sich befinden, früher mehr denn 1000 Personen außerhalb derselben Beschäftigung gewährten, so ist die dortige Wollwaaren=Manufactur für mehr als hundert Familien daselbst, geradezu eine Existenzfrage geworden und es ist darum doppelt erfreulich, daß der gegenwärtige Betrieb, auf welchen die Zeitverhältnisse nicht ohne störenden Einfluß blieben, die Hoffnung giebt, derselbe werde sehr bald wieder seinen früheren Umfang er- reichen. -- Ueber die Thätigkeit der Maschinenfabrik von Henschel u. Sohn in Kastel berichtet die dortige Handels- kammer, daß dieselbe im verflossenen Geschäftsjahr 75--76 69 Lokomotiven gegen 107 in 75 und 5 Lokomotivkessel ablieferte; von der Werkzeugabtheilung 3238 Ztr. ( 1875: 3500 Ztr. ) , von der Gießerei 14,919 Ztr. Eisenguß gegen 18,847 Ztr. im Jahre 1875; 1242 Ztr. Metallguß gegen 1757 Ztr. in 75; von der Dampfhammerschmiede zu Rothenditmold 12,190 Ztr. gegen 20,401 Ztr. in 75. Bei beständigem Mangel an ausreichender Beschäfti- gung mußte die Arbeitszeit von 10 auf 7 Stunden reduzirt wer- den bei theilweiser Entlassung des Personals. Die Zahl der be- schäftigten Arbeiter betrug durchschnittlich 935; sie würde noch ge- ringer gewesen sein, wenn nicht durch Lieferungsabschlüsse unter Selbstkosten das Mögliche zur Erhaltung der guten Arbeiter auf- geboten worden wäre. -- Aus Oberschlesien kommt die er- freuliche Nachricht, daß das seit dem 19. Juli feiernde Lori- walzwerk in Antonienhütte, binnen Kurzem, sobald die defekten Maschinen in Ordnung gebracht sind, wieder in Betrieb gesetzt wird. Uebrigens hat ein großer Theil der entlassenen Walz- werk=Arbeiter theils auf der im Bau begriffenen Eisenbahnstrecke Groß=Strehlitz=Toß=Gleiwitz, theils bei den Eisenbahnbauten in Lyk in Westpreußen hinreichende Beschäftigung gefunden. Ein Theil dieser Hüttenleute zog es allerdings vor, am Orte auszu- dauern, bis sie demnächst im Loriwalzwerk ihre frühere Thätigkeit wieder aufnehmen können. -- Ueber die Arbeitsverhältnisse im Kreise Heilbronn bringt der „Gewerkverein“ sehr ausführliche Mittheilungen, welchen wir Folgendes entnehmen: Die dortige große Silberwaarenfabrik ist vollauf beschäftigt, die Arbeiter derselben, welche bei guter Behandlung gut bezahlt werden, sind theilweise nicht vermögenslos, einige besitzen hübsche Häuser oder sonstiges Eigenthum. Ueberhaupt sind die Arbeitsverhältnisse am dortigen Platze, wenn auch nicht mehr so günstig wie in den Jah- ren 1870--73, doch wesentlich bessere als in vielen andern Orten. Gewöhnliche Taglöhner giebt es in der Silberwaaren=Fabri- kation nur wenige, die meisten Arbeiter sind Handwerker, z. B. Schleifer, Schlosser, Dreher, Metalldrucker, Silberarbeiter, Gra- veure u. s. w. und verdienen diese 18--30 M. wöchentlich, be- sonders geschickte noch mehr. Jn den Druckereien und litho- graphischen Anstalten gehen die Geschäfte sehr gut, die Arbeiter wohnen gut und führen ein anständiges, geordnetes Leben, sowohl Arbeitgeber wie Arbeitnehmer sind hier zufrieden. Die Klavierfabrikation beschäftigt ebenso viele Arbeiter wie früher; die Besitzer klagen aber doch über schlechten Geschäftsgang. Jn einer derselben wurde der Lohn etwas herabgesetzt, die Arbeiter gaben sich aber damit zufrieden; auch hier herrscht zwischen Kapital und Arbeit, gewiß eine erfreuliche Erscheinung, die beste Eintracht. Die Arbeiter dieses Geschäftszweiges verdienen täglich 3--5 M. und wird Alles im Akkord gearbeitet, wobei die Leute so ziemlich alle ihr gutes Auskommen finden. -- Jn den beiden großen Pa- pierfabriken Heilbronns ging das Geschäft letzten Winter etwas langsamer, jetzt ist es aber wieder besser; die Arbeiter in diesen Fabriken sind meist vom Orte selbst und schon in jungen Jahren in das Geschäft gekommen, bleiben sie in der Regel dabei, was natürlich für beide Theile von Vortheil und von dem Wohl- befinden der Arbeiter ein gutes Zeugniß giebt; gleichwohl beträgt der Taglohn derselben bei 18stündiger Arbeitszeit nur 2 M.! bis höchstens 12 und 18 M. in der Woche, was unserer Ansicht nach, Körper und Geist aufreibend wirken muß, selbst wenn dem Arbeiter während derselben auch große Erleichterungen gewährt werden. -- Jn der bedeutendsten Maschinenfabrik ( Aktien- gesellschaft ) sind die Geschäfte sehr zurückgegangen, denn während dieselbe sonst 300--400 Arbeiter beschäftigt, sind es deren jetzt kaum noch 100 und ebenso ist es mit dem Verdienst; ein Arbeiter welcher früher 30 M. wöchentlich einnahm, erhält gegenwärtig 20 M., daurchschnittlich 30 Proz. weniger bezahlt werden. -- Stein- hauer und Maurer verdienen größtentheils etwa 40 Proz. weniger wie sonst ( ca. 3 M. pro Tag ) , dennoch ist ihr Verdienst im All- gemeinen noch nicht schlecht zu nennen. -- Seifen- und Lichter- fabrikation gehen gut und die Arbeiter wissen hier von keinem Un- terschied mit sonst; Taglohn 2 bis3 1 / 2 M. -- Eine vor etwa 20 Jahren gegründete bedeutende chemische Fabrik mußte in den letzten Jahren eingestellt werden, weil der Betrieb sich nicht mehr lohnte. Jm Ganzen darf angenommen werden, daß in allen Fabriken Heilbronns der Taglohn M. 1.70 bis 2 und für Hand- werker oder solche, welche in denselben ein bestimmtes Geschäft er- lernten,2 1 / 2 bis 4 M. beträgt. Die Wohnungsverhältnisse für die arbeitende Klasse sind dagegen in Heilbronn keine günstige, es fehlt bei der rasch gewachsenen Bevölkerung an passenden Häu- sern und beträgt der jährliche Miethzins einer Wohnung, wie solche Arbeiter vorwiegend inne haben, 150 bis 200 M. Hier bleibt also dem Kapital und den Arbeiterfreunden noch ein fruchtbares Feld der Thätigkeit übrig; die Lebensmittel sind durchschnittlich theurer als in großen Städten, z. B. Berlin. Gegen die bisherige Handhabung der Zuchthausarbeit wird neuerdings von den süddeutschen Gewerkvereinen mit großer Energie agitirt und ist zu hoffen, daß die Reichsregierung zu zweckentsprechenden Reformen die Jnitiative ergreift, was um so mehr zu erwarten, als unter den obwaltenden gewerblichen Ver- hältnissen, diese sehr anfechtbare Konkurrenz nur Einzelnen zu Gute kommt, hingegen einen großen Bruchtheil der gesammten Jndustrie ernstlich schädigt. Der englische Arbeitsmarkt bleibt gedrückt. Jm westlichen Schottland ist abermals eine größere Zahl von Hochöfen aus- geblasen worden. Die Aussichten einer Beilegung des Maurer- Strike in London steigen. -- Zu den Erntearbeiten fehlt es dies- mal nicht an Kräften. -- Mehrere Baumwollspinnereien in Blakburn haben angefangen, nur 6 Stunden während des Tags zu arbeiten; man fürchtet, daß die Bewegung sich in weni- gen Tagen auf den ganzen Distrikt ausdehnen wird. Die Berg- leute zu Willenhall erklärten, sie würden eher Gras essen, als die Anerbietungen der Meister annehmen! Nun, die Suppe wird gewöhnlich nicht so heiß gegessen, als gekocht und man wird sich das Grasessen u. s. w. wohl noch überlegen, denn die Meister sind, wie es scheint, auf einen langen Strike vorbereitet und beabsich- tigen ihrerseits eine Arbeits sperre eintreten zu lassen. Auch hin- sichtlich des Spinnerei=Strikes zu Dundee sind die Fabrik- herren im Hinblick auf den jetzigen flauen Geschäftsgang entschlossen, sich nicht nachgiebig zu zeigen. -- Jn den Vereinigten Staaten legt sich der große Strike der Eisenbahnbedienste- ten zwar bei, allein die dadurch verursachten Verluste beziffern sich auf viele Millionen und die Nachwehen machen sich im gesamm- ten Geschäftsleben fühlbar. -- Australien verlangt nach Dienst- boten, es wäre dies vielleicht ein ergiebigeres Versuchsfeld für unsere einheimischen, dienstbaren Haus= und Hofbeflissenen, an wel- chen augenblicklich großer Ueberfluß vorhanden. Jn den Fabrik=Distrikten wird noch immer über Mangel an Beschäftigung geklagt; trotzdem aber wollen die Arbeiter die Städte nicht verlassen, um auf's Land zurück zu kehren, wo sie sehr nöthig sind. Jn der Schwindelzeit von 1871 -- 73 sind Massen von Arbeitkräften vom Land in die Städte gewandert, wo sie jetzt nicht blos vorübergehend, sondern zum Theil dauernd überflüssig sind. Wir wiederholen, daß die Gewerbethätigkeit in Folge der unver- nünftigen Bestellungen der Kriegsverwaltung in der genannten Zeit eine ungewöhnlich große war, die nicht andauern konnte. Wenn daher die Arbeiter auf eine Besserung der Verhältnisse des Arbeits- marktes warten, so ist das für einen Theil derselben wenigstens nutzlos: ein Theil wird auch in den nächsten Jahren keine Arbeit finden und schließlich doch genöthigt sein, auf's Land zurück zu kehren. Je früher dies geschieht, desto besser. -- Die Presse aber würde sich ein Verdienst um diese Leute erwerben, wenn sie vor- stehende Warnung möglichst verbreitete. Jn England drohen von Neuem große Ausstände. Die Arbeitgeber wollen natürlich zu den alten Arbeitbedingungen zurück- kehren und u. A. auch die Arbeitzeit wieder verlängern, wogegen die Arbeiter heftigen Wiederspruch einlegen. Jn Blakburn wird über Verminderung der Arbeit oder des Lohnes verhandelt. Jn Oldham wird schon mit beschränkter Zeit gearbeitet. Der Ma- schinenbau ist flau. Die Hopfen=Aerndte, welche sonst

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Zitationshilfe: Der Arbeitgeber. Nr. 1061. Frankfurt a. M., 1. September 1877, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_arbeitgeber1061_1877/2>, abgerufen am 28.03.2024.